Peter Gabriel – Santiago de Chile 2009 – Konzertbericht

Eindrücke der Peter Gabriel Lateinamerika-Tour 2009

Peter Gabriel kommt nicht oft nach Südamerika. Aber wenn er kommt, kommt er mit Klasse. Seinen Kult-Status hat er in Chile, wahrscheinlich ungewollt, hauptsächlich mit den Amnesty-Tour-Bandmitglieder von 1988 aufgebaut (Sting, Tracy Chapman, Yussou N’Dour, Bruce Sprinsteen, Inti-Illimani). Trotz der Ablehnung, nach Chile einreisen zu dürfen, haben sie alle zusammen ein legendäres Konzert in Mendoza (Argentinien) abgeliefert. Mendoza ist eine Grenzstadt, die sehr nah an Chile liegt. Das Konzert von Peter Gabriel 1988 hatte viele Höhepunkte, aber einer von ihnen war unglaublich sensibel für diesen historischen Moment: Er spielte Biko zusammmen mit Inti-Illimani. Diese chilenische Band war im Pinochet-Exil gewesen und wurde von der Musikwelt sehr respektiert.

1991 wurde ein Amnesty-Konzert zum ersten mal in Chile organisiert, mit dem Motto UN ABRAZO A LA ESPERANZA oder „Embracing Hope“. Peter war allein, ohne seine Band. Trotzdem spielte er vor 60.000 Zuschauer im Estadio Nacional – jenem Stadion, in das Jahre zuvor die politischen Gefangenen gebracht worden waren – zusammen mit Inti-Illimani ein Lied (auf spanisch) von Víctor Jara, einem der grössten Songschreiber Lateinamerikas. Jara wurde in einem Nachbarstadion kurz nach dem Putsch 1973 getötet. Sehr spät am Abend wurde Peter Gabriel von Sting auf die Bühne geholt. Sie spielten Don’t Give Up mit Sinead O’Connor und Stings Band. Die Version war allerdings sehr schlecht, hauptsächlich wegen der Fehler von Stings Keyboarder.

1993 war Gabriel im Rahmen der Secret World Tour wieder in Chile, zum ersten mal aber mit seiner Band. Da gibt es auch eine Anekdote zu erzählen. Er streitete sich mit Sinead O’Connor am Flughafen von Santiago und sie entschied sich lieber für eine Rückreise. Am Abend sang Peter Gabriel Blood of Eden mit Shankar. Das Publikum war völlig aus dem Häuschen. Sitzplätze wurden ohnehin nicht respektiert. Es herrschte Chaos. Vor allem Digging In The Dirt, mit der bekannten Kopfkamera-Performance, brachte das Publikum zum toben. Am Ende des Konzerts kamen Inti-Illimani auf die Bühne und spielten mit Peter Gabriel Wallflower.

2009: Und plötzlich wurde bekannt, dass Peter Gabriel wieder kommt. Nur ein Monat vor dem Konzert wurde es offiziell angekündigt und die Karten im Vorverkauf angeboten. Dies geschah mit Rekordpreisen für umgerechnet 60 bis 250 Euro. Ein Skandal für chilenische Verhältnisse. Natürlich wurden die Karten nicht sehr schnell verkauft. So wurden vier Tage vor dem Konzert die Karten zum halben Preis verkauft, was die ersten Käufer entsprechend wütend machte. So war die allgemeine Stimmung vor dem Konzert nicht die beste – eine Polemik um die Ethik der Preise und der Verkaufsmethode.

Aber das Intro Zaar wird vom Publikum erkannt und alles war vergessen. Peter Gabriel läuft auf die Bühne. Er kommt von links, mit einem Haufen Papieren in der Hand und seine Bandmitglieder folgen ihm. Er verbeugt sich mehrmals vor dem, bevor es endlich losging. Zwischenzeitlich hat schon das rhythmische Intro zu The Rhythm Of The Heat begonnen. Die Leute toben vor Begeisterung. Peter Gabriel ist fast nicht zu hören, so laut schreien die 13.000 Menschen der Arena Santiago. Die Setlist des Abends:

Intro: Zaar

The Rhythm Of The Heat
On The Air
Intruder
Steam
Blood Of Eden
Games Without Frontiers
No Self Control
Mother of Violence
Darkness
The Tower That Ate People
San Jacinto
Big Time
Secret World
Solsbury Hill
Sledgehammer
Signal To Noise

Wallflower (mit Inti-Illimani)
In Your Eyes (mit Inti-Illimani)
Red Rain
Father, Son
Biko

Peter mag es, für jedes Lied ein Intro zu verlesen. Dafür sind die Zettel, die er am Anfang mitbrachte: Er liest alles auf Spanisch vor. Mehrere Beispiele:

Steam: „Manchmal bringen zwei Körper die sich aneinander reiben das Wasser zum Kochen“, sagt er.

Darkness: „Als Kind besuchten wir ein Haus im Wald wo wir dachten, dort lebt eine Hexe. Wir versuchten durch die Fenster zu schauen. Dieses Lied ist über die diese Angst.“

San Jacinto: „In den USA, viele Jahre her, habe ich einen Mann kennengelernt …“ – usw. Wir kennen die Geschichte.

Für jedes Lied hat Peter eine Beschreibung.

Die Songs waren sehr gut gespielt, außer Big Time. Man konnte sehen, dass er nicht damit zufrieden war. Es hörte sich schlecht an. Das Publikum merkte es. Das Gegenteil passierte bei Darkness, The Tower That Ate People, San Jacinto, Secret World, Signal to Noise, Wallflower, Red Rain und Biko. Peter Gabriel sieht zwar älter aus, aber er hatte genug Energie für das über 2 ½ Stunden langes Konzert. Visuell war San Jacinto ein Höhepunkt. Peter Gabriel spielte mit einem Spiegel und sein Lichtstrahl traf verschiedene Personen ins Gesicht.

Die erste Zugabe brachte zum dritten mal Inti-Illimani und Peter Gabriel zusammen. „The fabulous Inti-illimani“, rief PG, um sie auf die Bühne zu rufen. Sie spielten wieder Wallflower. Dieses mal langsam, mit dem Gefühl eines lang erwarteten Wiedertreffens. Der Saxophonist der Inti-Illimani spielte dann noch bei In Your Eyes mit. Standesgemäß wurde das Konzert mit Biko beendet.

Es war sehr wahrscheinlich sein letzter Besuch in Chile. Ich habe die Melodie von Biko noch immer im Kopf…

Autor: Olegario Hernandez Allel (Chile)