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Peter Gabriel – ¡Released! The Human Rights Concerts – 6DVD Rezension
Nach einer Doppel-DVD mit ausgewählten Teilen hat Amnesty International nun eine DVD-Box mit den vier Events von 1986 bis 1998 in voller Länge herausgebracht. Bei jedem Konzert ist Peter Gabriel beteiligt. Wir haben uns die 6 DVDs angesehen.
In den Jahren 1986-1998 hat es vier große Musikevents gegeben, die zum Ziel hatten, Amnesty International zu unterstützen, weiter bekannt zu machen und für die politischen Rechte der Menschen zu werben. Nachdem im Mai 2013 bereits Auszüge dieser Konzerte als Doppel-DVD herausgebracht wurden, ist nun eine Box erschienen, auf deren 6 DVDs alle vier Konzerte in der vollen Länge enthalten sind, wie sie in Fernsehübertragungen zu sehen waren.
Grund, diese Box auf unserer Webseite vorzustellen, ist natürlich Peter Gabriel, der wiederholt auf ihr in Erscheinung tritt. Aber es gibt auch viel anderes lohnenswerte zu erleben. Die DVDs sind eine Reise in die Vergangenheit, in die Zeit, in der unsere Musikhelden noch jung und energetisch waren und in der politische Aussagen zu machen, sich sozial zu engagieren, eine zentrale Selbstverständlichkeit war. Und es ist auch eine Reise in die Zeit, in der so manche modische Sünde grassierte…
Die Menschenrechts-Konzerte
Die Tradition, dass sich Musiker für Amnesty International engagieren, hatte ihre Anfänge bei den sogenannten Secret Policemens Balls. 1986 sammelte Bono dann Stars für eine eher kurze Tour durch die USA, um den Amerikanern das Wirken von AI näher zu bringen. Der Erfolg war enorm. 1988 übernahm dann Gabriel die Aufgabe des Versammlers und brachte fünf Solokünstler für eine weltweite Tour zusammen. Auf ihr musste Chile ausgelassen werden, das immer noch unter der Pinnochet-Diktatur litt. Erst 1990 war es möglich, auch dort ein zweitägiges Festival zur Feier der Befreiung des Landes stattfinden zu lassen. 1998 gab es schließlich einen weiteren großen Event zum 50jährigen Jubiläum der Unterzeichnung der Deklaration der Menschenrechte in Paris. Stets waren bei diesen Anlässen Rock- und Popmusiker dabei, die teilweise eindrucksvolle (und oft einmalige) Performances präsentierten. Diese sind jetzt hier erstmalig versammelt dokumentiert.
Äußeres
Die Box erscheint im sogenannten „Foldout Digipak“ im Pappschuber. Die 6 DVDs sind auf ihrem Träger nicht an einem Mittelclip, sondern durch kleine Greifer am Rand befestigt. Wie es um die Langlebigkeit dieses Greifer-Systems steht, wird sich noch erweisen müssen. Neben einem Beiblatt mit den Tracklisten gibt es noch ein Booklet, das hier wirklich ein Büchlein mit 40 Seiten ist. In ihm erklärt ein sehr ausführlicher Artikel (auf Englisch), weshalb sich Musiker für Amnesty auf diese Weise einbringen und auch, wie es zu den vier Konzerten kam.
Bild
Als Ausgangsmaterial für die DVDs wurden die Archivbänder der jeweiligen Fernsehausstrahlung verwendet. Diese sind den Qualitätsstandards der jeweiligen Zeit entsprechend und man darf nicht zu viel erwarten, zumal die Übertragungen meist ohne große Showproben unter Livebedingungen entstanden. Es gibt also weder heutige Bildauflösungen (insbesondere nicht bei den frühen Konzerten) noch ausgefeilte Kameraeinstellungen. Man muss das eher als Dokumentation von einmaligen Ereignissen sehen. Das Bildformat ist NTSC und 4:3.
Ton
Auch beim Ton konnte nur auf die Spuren des Fernsehmaterials zurückgegriffen werden. Es steht neben einer Stereo-Spur auch eine in 5.1 zur Verfügung, größere Surroundeffekte sind aber nicht zu hören. Dafür ist der Ton den Umständen entsprechend gelungen aufgearbeitet, präsent und klar.
Menüs
Nach dem Einlegen der DVD erscheint jeweils das Logo von EagleRecords (was einem bei 6 DVDs ziemlich auf den Senkel gehen kann), dann ist man schon im schlichten, aber ausreichenden Hauptmenü. Dieses ist immer mit Bildern von Konzertpublikum unterlegt, begleitet von Applaus und gelegentlich Musikstückchen. Viel auszuwählen gibt es nicht: ‚Play‘, ‚Songselection‘ und ‚Audio Options‘, und schon geht es los.
Werfen wir nun einen Blick auf die vier Konzerte und deren Präsentation. Um die Dimensionen dieses Artikels nicht vollkommen zu sprengen, wird im Folgenden auf die Shows und einige der auftretenden Künstler nur kurz eingegangen. Ausführlicher ist jeweils die Beteiligung von Peter Gabriel besprochen. Ein komplettes Tracklisting der 6 DVDs steht am Ende des Artikels.
A Conspiracy Of Hope (1986)
Das Konzert zog sich beinahe über den ganzen Tag hin und wurde für die Box auf zwei DVDs aufgeteilt. Es stand am Ende einer kurzen, sechs Termine umfassenden Tour durch die USA, und wurde am 15. Juni 1986 aus dem New Yorker Giant Stadium live von MTV übertragen. Vor ca. 75.000 Zuschauern traten eine Vielzahl von Künstlern auf, auch Schauspieler und andere Promis, die die Ankündigungen übernahmen. Das Ganze war ein ähnlich großes Ereignis wie LiveAid, das ein Jahr vorher stattfand.
DVD 1
A Conspiracy Of Hope Part 1
Auf der ersten DVD präsentieren sich kurze Auftritte verschiedener Künstler aus dem ersten Konzertteil, der sich über den ganzen Nachmittag erstreckte. Viele sind nur mit einem Song oder zweien dabei – ein längeres Set kommt nur von Jackson Brown.
Bemerkenswertes: Die schlichte Darbietung von Peter, Paul and Mary, die mit ihren folkigen Liedern, dargeboten in 60er-Jahre-Bewegungslosigkeit, schon damals rührend anachronistisch wirkten; die Einlage von Yoko Ono, bei der man sich wirklich fragt, wieso der jemand eingegeben hat, sie müsse Popmusik machen; Miles Davis mit seinem in diesem Umfeld ungewöhnlich anspruchsvollem Jazz; Joan Baez, die zwar keinen eigenen Song singt, das aber herzerfrischend und intensiv.
Modische Schmankerl auf dieser DVD: Die kilometerhohen Schulterpolster von Miles Davis, der schrillbunte Piratenlook von Little Steven, das neckisch in den Nacken gesetzte Mützchen von Howard Jones.
DVD 2
A Conspiracy Of Hope Part 2
Auf dieser DVD sind längere Sets von sechs Künstlern, die meist mit jeweils sechs Songs die Headliner auf der Tour darstellten.
Da wäre Lou Reed, der seine punkartige Musik mit einem jazzigen Saxophon aufgepopt hat; Bryan Adams, der gradlinig und gutgelaunt rockt; Joni Mitchell, von der es nur zwei Songs gibt, die mit ihrem coolen Jazzpop aber ein schönes, beruhigendes Moment einbringt; U2, die einen blutjungen Bono zum Frontmann haben und in beinahe aufgekratzter Weise drei eigene Stücke (noch aus dem Repertoire vor Jushua Tree) und drei gecoverte bringen; und schließlich The Police (mit kleiner personeller Erweiterung), derem letzten Konzert für die nächsten 21 Jahre man hier beiwohnt. Was sie darbieten ist routinierte Erfolgsarbeit und eine Setlist, auf der aus all ihren Alben ein Song vertreten ist.
An zweiter Stelle (nach Lou Reed) hat hier Peter Gabriel seinen ersten Auftritt. Gezeigt wird sein komplettes Set, wenn auch zwischen den Songs Schnitte wahrnehmbar sind (vermutlich wurden die Ansagen gekürzt). Die Conspiracy Of Hope Tour fand knapp vor der Tour zu So statt. Dementsprechend ist hier noch nicht deren vollständige Bandbesetzung vertreten: mit dabei sind Rhodes und Katché sowie Larry Klein am Bass (schon auf So dabei) und Ian Stanley von Tears For Fears an den Keyboards. Sie haben in nur vier Probentagen eine kraftvolle, aber naturbedingt nicht vollkommen ausgefeilte Umsetzung der Songs einstudiert. Gabriels Vorstellung ist dynamisch und geradezu sportiv. Man spürt seinen großen Willen, seine Stücke mit ganzer Persönlichkeit zu performen. Das hebt sich deutlich von den Darbietungen der anderen ab. Man merkt, wie besonders er war.
Red Rain wird druckvoll gespielt. Es ist angesichts dessen nicht zu verstehen, weshalb sich so sehr das Gerücht hält, auf der So-Tour sei der Song musikalisch gescheitert. Shock The Monkey war vor So Gabriels größter Hit. Peter flitzt dazu wild über die Bühne – allerdings sind seine Bewegungen eher emotionalisiert, denn koordiniert. Auf Point Of View später sahen seine Aktionen strukturierter aus. Und die Idee, auf der Bühne Seidenhemden zu tragen, wurde nach diesem Auftritt sicher verworfen: die Schweißspuren sind einfach zu überdeutlich.
Family Snapshot, dieser theatralische Song mit seinen unterschiedlich dynamischen Abschnitten, wird hier sehr emotional vorgetragen. Das hebte sich spürbar von den üblichen Rock/Pop-Nummern ab, die den restlichen Tag über zu hören waren. Sledgehammer wird peppig mit Gast-Saxophonisten dargebracht. Auch hier flippt Gabriel konfus aber energiereich über die Bühne. – Disqualifizierend jedoch die Stimme einer Kommentatorin, die kurz zu hören ist und aufklärt, dass man ‚Gabriel on stage in the Giant Stadium‘ sehe! So etwas darf es auf einer Kauf- und Musik-DVD nicht geben! (Ist aber wahrscheinlich wieder dem Problem des zugrundeliegenden Fernsehmaterials geschuldet…)
San Jacinto gibt Gabriel gestisch ausgeprägt und ohne Lightshow. Zur Schlusspassage wird es allerdings sowohl vom Sound als auch vom Übergang her etwas grob. Witzig: man kann am Bühnenrand kurz Armando Gallo beim Fotografieren sehen. Biko schließlich wird inklusive ‚the rest ist up to you‘ dargeboten. Ein ungewöhnlich beherrschender Schluss auf einer solchen Veranstaltung.
Modische Schmankerl auf dieser DVD: Das Schulterposterhemd und die Karottenhose von Gabriel, die wildlederne Fransenjacke von Bono und Stings Outfit im Nachthemd-Schlafanzug-Design.
DVD 3
Human Rights Now! (1988)
Nach dem Erfolg der Conspiracy Of Hope Tour wurde eine weitere Amnesty-Aktivität beschlossen: Die Human Rights Now! Tour sollte diesmal weltweit für die Existenz der Deklaration der Menschenrechte und die Aktivitäten von AIwerben. Diesmal war es Gabriel, der die fünf Headliner versammelte, die in sechs Wochen fünf Kontinente bereisten und für die dies offenbar ein eindrucksvolles und prägendes Erlebnis war.
Auf der DVD ist die Fassung des Fernsehzusammenschnitts festgehalten, der so auch in Deutschland übertragen wurde. Er ist über drei Stunden lang und seine Ausstrahlung war damals durchaus ein Ereignis.
Das Konzert vom 15. Oktober 1988 in Buenos Aires ist zwischen den Acts immer unterbrochen von Dokumentationsteilen, Ausschnitten der Pressekonferenzen, Statements der Künstler, Impressionen der Reise, den Animationen von Aardman Production und ganz allgemein von politischen Inhalten zur Deklaration der Menschenrechte. Leider gibt es dazu keine hilfreichen Untertitel für die nicht Englisch sprechenden.
Die Musikperfomances sind in der Auftrittsreihenfolge der Headliner zu erleben (die klar einer Dramaturgie der Bedeutsamkeit folgt). Interessant ist aber, dass sich die Künstler immer wieder durchmischen, fast jeder mit jedem gemeinsam einen Song singt und sich auch die Bandbesetzungen überkreuzen.
Von Youssou N’Dour sind zwei tolle Songs in einer vitalen Darbietung vorhanden. Es ist gut und wichtig, dass er dabei ist. Tracy Chapman ist mit vier Stücken vertreten, die sie Solo an der Gitarre vorträgt. Ihr Auftritt ist stimmungsvoll und eindrücklich, aber natürlich nicht so temporeich.
Dann der Beitrag von Peter Gabriel. Die Amnesty-Tour fand kurz nach den So-Konzerten statt und er ist mit der fast vollständigen, eingespielten Band unterwegs (nur Tony Levin fehlt und wird von Stings ehemaligem Bassisten Daryl Jones ersetzt – dafür ist Shankar an der Geige noch mit dabei). Ungünstig wirkt sich jetzt allerdings aus, dass auf der DVD-Box die jeweiligen Fernsehübertragungen der Veranstaltungen genutzt werden, denn das bewirkt, dass von Gabriel viele Songs mehrfach vorhanden sind (weil sie ständig für fernsehwirksam angesehen wurden). So erleben wir hier ein zweites Mal Sledgehammer und Biko. Anderes aus dem damaligen Kurzset wäre sicher interessanter gewesen – beispielsweise Games Without Frontiers. Sledgehammer ist hier indes mit einem wundervollen Saxophonsolo von Gastmusiker Branford Marsalis aus Stings Band versehen, das sich lohnt. Und inzwischen bewegt sich Gabriel zum Song auch vollkommen durchchoreografiert. In Your Eyes (das wir später auf der Box auch nochmal erleben werden) gibt es mit Percussion-Verstärkung durch Youssous Leute, der selbst auch dabei ist. Das ganze ist routiniert schwungvoll. Biko beginnt anders als gewohnt: keine kraftvollen Drums sondern eine wehmütige Vokalimprovisation steht am Anfang. Unerwartet und sehr schön. Im Ganzen wirkt Gabriel mit seinem stark geschminkten Gesicht hochmotiviert aber auch beschwert. Eventuell wirkt hier noch der Stress seiner Ehescheidung (ist er auch dicker geworden?). Zudem ist seine Frisur alles andere als günstig.
Sting spielt seine drei Stücke powervoll, gekonnt und selbstbewusst. Zu They Dance Alone kommt Gabriel mit den im Song besungenen alleine tanzenden Frauen auf die Bühne, deren Männer vom Pinnochet-Regime verschleppt wurden. Im schmissigen Instrumentalschluss tanzen er und Sting jeweils eine kurze Runde mit jeder. Eine emotionale, wenn auch recht plakative Geste.
Schließlich tritt Bruce Springsteen mit der E-Street-Band auf, die eine krachende Rockvorstellung bieten. Am Schluss geben er und die übrigen Headliner zunächst eine mitreißende, nicht enden wollende Partyversion von Twist And Shout und als gefühlvollen Höhepunkt schließlich Chimes Of Freedom bevor alles mit Get Up, Stand Up ausklingt.
Hier sind so viele kraftvolle Musikerpersönlichkeiten in Verbundenheit zu erleben – wer dabei war, hat wohl den Konzertabend seines Lebens mitgemacht.
Modische Schmankerl auf dieser DVD: Die Röhrenhose von PG und sein Haarschnitt kurz vorm Vokuhila; Stings alberner Mantel (den er zum Entzücken aller Frauen aber bald ablegt).
DVD 4
Teil vier der Box ist in zwei Hälften geteilt: das Konzert An Embrace Of Hope aus Chile und ein Dokumentationsteil, der mit Context Of The Human Rights Concerts Part One betitelt ist.
An Embrace Of Hope (1990)
Zur Feier der Befreiung Chiles von der siebzehnjährigen Diktatur Pinochets fand 1990 der zweitägige Event Un Abrazo a la Esperanza statt. Auch in diesem Zusammenschnitt sind wieder Gespräche und Interviewteile zwischen die Songs geschaltet. Die Filme machen klar: Es steht immer der Inhalt im Mittelpunkt. Leider auch hier keine Untertitelung.
Einge der Musikacts dieser eher unbekannten Veranstaltung sind nicht ganz so geläufig: Inti-Illimani haben lokale Bedeutung in Chile und spielen zwei volkstümliche Stücke mit Knabenchor. Das Jazzensemble um Wynton Marsalis ist mit einer genialen Nummer im guten, alten New-Orleans-Style zu erleben und sorgt für enorme Stimmung in der Arena. Unerwartet die Beteiligung der inzwischen längst verblühten Boyband New Kids On The Block, die mit üblicher Choreografie für Mädchengekreische sorgen – aber natürlich auch ein solchen Publikum an die Ideen und Ziele von Amnesty International heranführen. Ein erster Höhepunkt dürfte dann wohl die gewohnt zwischen Elfe und Punk oszillierende Sinnead O’Connor sein, die eine wirklich emotionsgeladene Darbietung ihres großen Hits Nothing Compares 2 U bietet. Ruban Blades überzeugt mit Latinmusik und Jackson Brown mit seinem Folk- und Country-Rock.
Der Auftritt von Peter Gabriel, der kurz zuvor Passion herausgebracht hatte, findet im Rahmen des Sets von Sting statt. Einige Musiker von Inti-Illimani sind auch dabei. Gemeinsam geben sie (schon wieder) Biko mit einem tollen Vokalintro und knalligen Drums von Vinnie Colaiuta. Insgesamt ist der Vortrag zwar intensiv aber auch kuddelig und unterprobt. Auffällig auch, dass diesmal die Hymnusgeste nicht bis zum Songende durchgezogen wird sondern das Ganze ausklingt (schließlich bleiben Sting und Band ja auf der Bühne).
Sting bringt mit seiner dreiköpfigen Combo die Songs Little Wing und Gueca Solo – und zwar jeweils auf Spanisch. Bei Letzterem wird auch die Tanznummer von 1988 mit den Frauen wiederholt. Hier jedoch hat die symbolische Aktion deutlich weniger Energie und das ehemals aufrüttelnde Element hat nach Ende der Diktatur eine Spur von Unabwendbarkeit bekommen. Musikalisch ist die Ausführung zudem eher ungelenk und der wohl als Höhepunkt des Konzerts gedachte Abschluss wirkt etwas unrund.
Modische Schmankerl auf dieser DVD: Gabriel als Gesamterscheinung mit Streifenjackett, Karottenhose und Langhaarfrisur.
Context Of The Human Rights Concerts #1
Die zweite Hälfte dieser DVD beinhaltet drei dokumentarische Teile, die jeweil die Konzerte von 1986, 1988 und 1990 näher beleuchten. Hier wurden auch endlich zumindest englische Untertitel eingerichtet. Weshalb man sich anderssprachige gespart hat, ist nicht ganz verständlich, werden doch gerade hier vor allem Amnesty-Inhalte vermittelt.
Teil 1 zur Conspiracy Of Hope Tour (58 Minuten)
Beinhaltet 6 Kapitel: #1 Bruchstücke der Livemoderation der Konzertübertragung auf MTV mit Hollywoodschauspielern und anderen VIPs; #2 ein unerträglich kurzatmiger Zusammenschnitt von Aussagen unterschiedlichster Stars; #3 Peters Videoimpressionen die er als Quasi-Tour-Dokumentierer überall backstage festhielt; #4 eine Jam-Session mit Bono und anderen die während der Tour eines Nachts in einem Club stattfand; #5 die Hintergrundgeschichte zu dieser Jam-Session; #6 einen Gesprächsauftritt von u.a. Sting und Gabriel im amerikanischen Frühstücksfernsehen.
Teil 2 zur Human Rights Now! Tour (54 Minuten)
Beinhaltet 5 Kapitel: #1 eine Kurzdoku über die Tour, die demonstriert, was das damals für ein Medienaufsehen auf sich gezogen hat; #2 Darbietung von Chimes Of Freedom in Los Angeles mit Bono und Joan Baez; #3 Darbietung von Get Up, Stand Up in Montreal; #4 eine mit unterschiedlichsten Animationen bebilderte Verlesung aller 30 Artikel der Deklaration der Menschenrechte; #5 kurze TV-Spots in denen diverse Promis über Tour und die Menschenrechte sprechen.
Teil 3 zum Embrace Of Hope Event (13 Minuten)
Beinhaltet 3 Kapitel: #1 Statements der beteiligten Künstler und Auszüge aus Ansprachen von Kofi Anan und dem Dalei Lama; #2 dokumentarisches Filmmaterial; #3 kurze TV-Spots in denen sich wieder diverse Promis äußern.
DVD 5
The Struggle Continues (1998)
Nachdem es längere Zeit keine größeren Konzertereignisse zugunsten von Amnesty gegeben hatte, fand 1998 auf Initiative von unter anderem Peter Gabriel in Paris erneut ein solcher Event statt: The Struggle Continues. Anlass war der 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Deklaration der Menschenrechte (die ebenfalls in Paris stattfand).
Direkt zu Beginn treten die vier anwesenden Headliner der Human Rights Now! Tour auf (Sting fehlt) und singen Get Up, Stand Up, was als Eröffnung ganz sympatisch wirkt.
Direkt danach ist Gabriel mit zwei Songs zu erleben. Seine Band besteht aus Rhodes/Katché/Naimro sowie Habib Fayé am Bass und Jimi Mbaye an der zweiten Gitarre, die beide von der Band von Youssou N’Dour stammen. Zu hören ist zunächst eine frühe Fassung von Signal To Noise, die ziemlich elektrisierend ist. Allerdings wirkt Gabriel unsicher und seine Stimme dünn. Danach gibt es mal wieder In Your Eyes, was dank der Beteiligung von Youssou und seiner Percussionisten wenigstens energiereich und verspielt ausfällt. Gabriel selbst wirkt jedoch reichlich verbraucht. Seit dem Auftritt von 1990 hat er deutlich Gewicht zugelegt und Haare verloren, was ihm beides ein etwas madiges Aussehen verleiht. Vor allem aber wirkt seine Stimme schwach. Öfters ist sie zu leise, bricht ihm weg, er kommt nicht an die Höhen ran. Macht einen eher beunruhigenden Eindruck. Kein Wunder, dass sich viele Fans vier Jahre später fragten, ob er in der Lage sein würde, eine ganze Growing Up Tour durchzustehen.
Im Folgenden gibt es dann eine ganze Reihe unterschiedlichster Künstler mit meistens zwei oder drei Songs. Mit dabei sind unter anderem Alanis Morisette (frisch und gewinnend), Tracy Chapman mit Band (angenehm unaufgeregt), das Duo Page/Plant (alte Rock-Haudegenschaft), Bruce Springsteen (Solo an der Gitarre mit u.a. einer ungewöhnlichen Version von Born In The USA) und Radiohead (leidenschaftlich und fast schon ungestüm – das auch etwas herausgekehrt, aber dem auffallend jungen Publikum scheints zu gefallen).
Schließlich erscheint Youssou N’Dour mit Band und singt gemeinsam mit Peter Gabriel eine quasi Unpluggedversion von Shaking The Tree. Auch wenn sich beide durch den offenbar nur wenig geübten Song etwas mühen müssen, kann er sich zum Schluss hin noch einmal gut steigern. Die Tanzeinlagen der beiden sind jedenfalls herrlich.
Als Abschluss und Höhepunkt gesellen sich noch Tracy Chapman und Joceleyn Beroard hinzu und alle geben 7 Seconds, was etwas unkordiniert ausfällt: Gabriel kann den Text nicht richtig, Chapman ist zeitweise kaum zu hören, Beroard noch am überzeugendsten. Als Finale wirkt das jedoch mal wieder merkwürdig.
DVD 6
Context Of The Human Rights Concerts #2
Die letzte DVD der Box wirkt am merkwürdigsten. Sie beinhaltet einen dokumentarischen Teil und eine Zusammenstellung verschiedener Musikclips. Im Ganzen gliedert sich das in 5 Abschnitte.
#1 (37 Minuten) Dies ist eine weitere Fernsehdoku (mit englischen Untertiteln), die offenbar 2013 im Zusammenhang mit der vorliegenden Box entstand. Im wesentlichen wird noch einmal zusammengefasst, was die verschiedenen Konzerte ausmacht und wie es überhaupt zu ihnen kam. Dazu erzählen allerhand Musiker (unter anderem auch Gabriel) in aktuellen Interviews, wie wichtig und verändernd die Erfahrungen für sie waren – und wie sehr man auf Tourneen doch Gleicher unter Gleichen war und alles teilte. Vieles davon hat man inzwischen auf der Box schon (mehrfach) gehört. Merkwürdig ist zudem das leicht gestauchte Bild im 16:9 Format, das als 4:3 dargestellt wird…
#2 (18 Minuten) Ist im wesentlichen ein Gespräch mit Springsteen von 2013, in dem er seine Sicht nochmal genauer verdeutlicht.
#3 (20 Minuten) Ist im wesentlichen ein Gespräch mit Sting von 2013, in dem er seine Sicht nochmal genauer verdeutlicht.
#4 Sind zwei historische Musikerauftritte, die „inspirierend für die AI Konzerte waren“: Townshend/Wiliam mit Won’t Get Fooled Again (1979) und Sting & „The Secret Police“ mit I Shall Be Released (1981). Hier ist übrigens Phil Collins im Hintergrund an Tambourin und Chorgesang zu sehen.
#5 Sind 13 Clips verschiedenster Musiker – unter anderem Bono, David Byrne, Coldplay, Green Day, Seal und viele andere. Meistens sind diese Filmchen Livemitschnitte oder Musikvideos aus der Zeit von 2010 bis 2012. Die Sammlung wirkt etwas wirr, soll aber wohl vor allem das Interesse unterschiedlichster Publikumskreise für die Amnesty-Projekte fördern.
Fazit
Die Box ist sehr, sehr umfangreich. Sie am Stück durchzusehen ist eine Aufgabe. Doch ihr Wert in Sachen politische Statements – aber auch in Sachen Sentimentalität ist enorm. Die Vielzahl versammelter Musiker, die Wucht der Entschlossenheit hinter den Botschaften und die fast überall vorhandene Spielfreude lässt über so manchen Patzer und kuddeligen Auftritt hinwegsehen. Und es ist eine Wiederbegegnung mit Zeiten des sozialen und selbstlosen Engagements, das in dieser Form heute nicht mehr zu erleben ist. Bild und Ton sind nicht immer auf der Höhe unserer Zeit, aber den Umständen entsprechend gelungen. Im Ganzen ist die Box definitiv zu empfehlen.
Autor: Thomas Schrage 11 | 2013
Links
Offizielle Seite zu den Amnesty-Menschenrechts-Konzerten.
Besprechung vom Mai 2013 zur 2DVD Get up Stand Up – Highlights from the Concerts
Offizieller Youtube-Kanal mit vielen Videos der DVDs
Grafik mit komplettem Tracklisting
Komplettes Tracklisting
Disc One
A Conspiracy Of Hope – Part One (1986) – 145 min
1) Prologue
2) Bob Geldof & Steven Van Zandt – Redemption Song
3) Third World – Now That We’ve Found Love
4) Third World – You’re Playing Us Too Close
5) The Hooters – Day By Day
6) The Hooters – And We Danced
7) Peter, Paul & Mary – If I Had A Hammer
8) Peter, Paul & Mary – Blowin‘ In The Wind
9) Little Steven & The Disciples Of Soul – Los Desaparecidos
10) Little Steven & The Disciples Of Soul – Native American
11) Bob Geldof – In The Pouring Rain
12) Joan Armatrading – Steppin‘ Out
13) Joan Armatrading – Love And Affection
14) Jackson Browne – For Everyman
15) Jackson Browne – Soldier Of Plenty
16) Jackson Browne – Lives In The Balance
17) Jackson Browne – Till I Go Down
18) Jackson Browne – For America
19) Jackson Browne – I Am A Patriot
20) Rubén Blades – Cuentas del Alma
21) Rubén Blades – Muévete
22) Yoko Ono – Walking On Thin Ice
23) Miles Davis – One Phone Call / Street Scenes
24) Miles Davis – Tutu
25) Miles Davis – Burn
26) Howard Jones – No One Is To Blame
27) The Neville Brothers – Everybody Better Wake Up
28) The Neville Brothers – Midnight Key
29) Joan Baez – The Times They Are A-Changin‘
30) Joan Baez – Shout
31) Joan Baez – No Woman No Cry
32) Joan Baez & Aaron Neville – Amazing Grace
Disc Two
A Conspiracy Of Hope – Part Two (1986) – 163 min
1) Lou Reed – Rock And Roll
2) Lou Reed – I Love You Suzanne
3) Lou Reed – No Money Down
4) Lou Reed – Turn To Me
5) Lou Reed – Walk On The Wild Side
6) Lou Reed – Video Violence
7) Peter Gabriel – Red Rain
8) Peter Gabriel – Shock The Monkey
9) Peter Gabriel – Family Snapshot
10) Peter Gabriel – Sledgehammer
11) Peter Gabriel – San Jacinto
12) Peter Gabriel – Biko
13) Bryan Adams – Run To You
14) Bryan Adams – It’s Only Love
15) Bryan Adams – Straight From The Heart
16) Bryan Adams – Tonight
17) Bryan Adams – Summer Of ’69
18) Bryan Adams – Somebody
19) Joni Mitchell – Number One
20) Joni Mitchell – Hejira
21) U2 – MLK / Pride (In The Name Of Love)
22) U2 – Bad
23) U2 – Sunday Bloody Sunday
24) U2 – Maggie’s Farm
25) U2 – Help!
26) U2 – Sun City
27) The Police – Message In A Bottle
28) The Police – King Of Pain
29) The Police – Driven To Tears
30) The Police – Every Breath You Take
31) The Police – Roxanne
32) The Police – Invisible Sun
33) The Conspirators – I Shall Be Released
Disc Three
Human Rights Now! (1988) – 182 min
1) Prologue
2) Youssou N’Dour – N’Dobine
3) Youssou N’Dour – Deugeu (The Truth)
4) Tracy Chapman – Across The Lines
5) Tracy Chapman – Why?
6) Tracy Chapman – Freedom Now
7) Tracy Chapman – Talkin‘ ‚Bout A Revolution
8) Peter Gabriel – Sledgehammer
9) Peter Gabriel & Youssou N’Dour – In Your Eyes
10) Peter Gabriel – Biko
11) Sting – Don’t Stand So Close To Me
12) Sting & Peter Gabriel – They Dance Alone
13) Sting & Bruce Springsteen – Every Breath You Take
14) Bruce Springsteen & The E Street Band – Born In The USA
15) Bruce Springsteen & The E Street Band – I’m On Fire
16) Bruce Springsteen & Sting with The E Street Band – The River
17) Bruce Springsteen & The E Street Band – Raise Your Hand
18) Bruce Springsteen & The E Street Band – Twist And Shout / La Bamba
19) Bruce Springsteen, Sting, Peter Gabriel, Youssou N’Dour, Tracy Chapman with the E Street Band – Chimes Of Freedom
20) Bruce Springsteen, Sting, Peter Gabriel, Youssou N’Dour, Tracy Chapman with The E Street Band – Get Up, Stand Up
Disc Four
An Embrace Of Hope (1990) – 73 min
1) Prologue
2) Inti-Illimani – Bailando, Bailando
3) Inti-Illimani – El Equipaje Del Destierro
4) Wynton Marsalis – Jungle Blues
5) New Kids On The Block – Call It What You Want
6) Sinéad O’Connor – Nothing Compares 2 U
7) Rubén Blades – Pedro Navaja
8) Jackson Browne – Lives In The Balance
9) Peter Gabriel – Biko
10) Sting – Little Wing
11) Sting – They Dance Alone
Context On The Human Rights Concerts – Part One – 126 min
A Conspiracy Of Hope (1986):
1) Meet The Conspirators!
2) Special Messages – 1986
3) Witness To A Conspiracy
4) Peach Jam
5) Grainy Night In Georgia
6) The Morning After…
Human Rights Now! (1988):
1) Five Musicians – Five Continents
2) Chimes Of Freedom (Los Angeles Concert)
3) Get Up, Stand Up (Montreal Concert)
4) The Universal Declaration Of Human Rights
5) Special Messages – 1988
The Struggle Continues… (1998):
1) Meet Les Conspirateurs!
2) At The Threshold…
3) Special Messages – 1998
Disc Five
The Struggle Continues… (1998) – 147 min
1) Prologue
2) Bruce Springsteen, Peter Gabriel, Youssou N’Dour, Tracy Chapman – Get Up, Stand Up
3) Peter Gabriel & Youssou N’Dour – Signal To Noise
4) Peter Gabriel & Youssou N’Dour – In Your Eyes
5) Alanis Morissette – Baba
6) Alanis Morissette – Hand In My Pocket
7) Alanis Morissette – Thank U
8) Asian Dub Foundation – Black White
9) Asian Dub Foundation – Buzzing
10) Asian Dub Foundation – Free Satpal Ram
11) Shania Twain – You’re Still The One
12) Shania Twain – Black Eyes, Blue Tears
13) Kassav‘ – Kassav‘ Medley
14) Kassav‘ – Se Dam‘ Bonjou
15) Tracy Chapman – New Beginning
16) Tracy Chapman – Fast Car
17) Tracy Chapman – Baby Can I Hold You?
18) Jimmy Page & Robert Plant – When The World Was Young
19) Jimmy Page & Robert Plant – Babe I’m Gonna Leave You
20) Jimmy Page & Robert Plant – Gallows Pole
21) Jimmy Page & Robert Plant – Rock And Roll
22) Bruce Springsteen – No Surrender
23) Bruce Springsteen – Born In The USA
24) Bruce Springsteen – Working On The Highway
25) Radiohead – Karma Police
26) Radiohead – Bones
27) Radiohead – Paranoid Android
28) Youssou N’Dour & Peter Gabriel – Shaking The Tree
29) Youssou N’Dour, Peter Gabriel, Tracy Chapman, Jocelyn Beroard – 7 Seconds
Disc Six
Context On The Human Rights Concerts – Part Two – 152 min
The Human Rights Concerts:
1) Light A Candle! The Story Behind The Human Rights Concerts
2) No Retreat: Bruce Springsteen’s Support For Human Rights
3) Driven To Tours: Why Sting Has Toured The World For Amnesty
Other Music Performances For Amnesty Inspiration For The Human Rights Concerts:
1) Pete Townshend & John Williams – Won’t Get Fooled Again (1979)
2) Sting & The Secret Police – I Shall Be Released (1981)
Legacy Of The Human Rights Concerts (post-1998):
1) Bono & Damien Rice – Walk On (2012)
2) Green Day – Working Class Hero (2007)
3) Coldplay – Viva La Vida (2012)
4) Seal & Jeff Beck – Like A Rolling Stone (2012)
5) David Byrne – One Fine Day (2010)
6) United Nations All-Stars – The Price Of Silence (2008)
7) Evan Rachel Wood – I’d Have You Anytime (2012)
8) Joe Perry – Man Of Peace (2012)
9) Mumford & Sons – Little Lion Man (2012)
10) Bono & Damien Rice – One (2012)
11) Ozzy Osbourne – How? (2010)
12) Children Of The World – Imagine (2003)
13) Pete Seeger – Forever Young (2012)