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Peter Gabriel – New Blood – Album Rezension

Durch seine New Blood-Tour und das Album Scratch My Back wurde Peter Gabriel motiviert, ein Soloalbum mit Orchesterversionen seiner eigenen Songs einzuspielen. Das neue Album soll New Blood heißen und wird 2011 erscheinen.

„In 18 Monaten“, so sagte Peter Gabriel einst, „werde ich ein weiteres Album veröffentlichen, denn ich habe so viel Material“. Gemeint war damals I/O nach der Veröffentlichung von UP, die nunmehr 9 Jahre zurückliegt, I/O ist zwar noch immer nicht erschienen, aber die Sache mit den 18 Monaten hat er dieses Mal tatsächlich geschafft. Rund anderthalb Jahre nach Scratch My Back erscheint New Blood, ein weiteres neues Album. Der signifikante Unterschied: Neues Songmaterial ist auf beiden Alben nicht zu finden. Vielmehr ist zunächst die Frage zu klären, warum es ein Album wie New Blood überhaupt gibt.

Aus der unfassbaren Vielzahl von Projektideen manifestierte sich 2009 das Scratch My Back-Projekt. Gabriel wollte andere Künstler covern und diese sollten in einer Art Tauschgeschäft wiederum ihn covern. Einfach hat er es sich nicht gemacht, denn er kam auf die Idee, alles unter dem Motto „no drums, nu guitars, only orchestra“ aufzunehmen. Also erarbeitete sich Gabriel eine Liste mit potenziellen Songs, die er einspielen könnte.

Diese Liste wurde auch durch einen besonderen Faktor geprägt: Gabriel holte sich von allen Künstlern, deren Songs er covert, ein Versprechen für eine entsprechende Gegenleistung. Nach dem Album Scratch My Back sollte es eine Gegenversion geben, die den Arbeitstitel I’ll Scratch Yours hat. Das ganze entstammt einem englischen Sprichwort (Scratch My Back, I’ll scratch yours – eine Hand wäscht die andere). im Jahr 2010 sollten zu jedem Vollmond iTunes Single-Tandems veröffentlicht werden, die jeweils einen Scratch My Back-Song und einen Gabriel-Song in der Version des jeweils gecoverten Künstlers enthalten.

Schließlich erschien Scratch My Back im Februar 2010 und wurde vor allem in Deutschland ein unerwarteter großer Erfolg. Die Fanwelt geriet in Verzückung, als Gabriel ankündigte, das ganze auch auf die große Konzertbühne zu bringen. Zunächst wurden nur 5 Shows angesetzt, um das Album mit vollem Orchester live zu präsentieren. New Blood Live nannte Gabriel dieses Vorhaben. Und Gabriel stand vor dem Dilemma: Scratch My Back enthielt 12 Songs, rund eine Stunde Material. Somit musste er mindestens eine weitere Stunde mit eigenem Material präsentieren. Und so teilte sich die Show in zwei Teile.

Das neue Album stand im Fokus des ersten Teils, es wurde komplett und ohne Unterbrechungen dargeboten. In der zweiten Hälfte wurde es zwar etwas luftiger, aber Gabriel wich keinen Millimeter von seinem Orchester-Konzept ab. Durch den Erfolg der ersten fünf Shows in Europa, denen sich fünf weitere Shows in Nordamerika anschlossen, ergab sich eine Tour durch Europa im frühen Herbst 2010. Während dieser Tour wurde vor allem am zweiten Teil der Show gefeilt und immer neue Songs in den Set aufgenommen. Gabriel ließ aber den Gassenhauer Sledgehammer zu Hause und experimentierte lieber mit Songs wie The Drop oder Wallflower.

Die Shows wurden ein immenser Erfolg und so entschloss sich Gabriel, auch ein Orchester-Album mit eigenen Songs aufzunehmen. Parallel zu den Album-Sessions, an denen wie schon bei den Liveshows Dirigent Ben Foster und Chef-Arrangeur John Metcalfe beteiligt waren, tourte Gabriel erneut und probierte weiterhin neue Songs aus. Biko fand den Weg in den Set, später auch Father, Son und Secret World – letztere blieben nordamerikanischen Fans vorbehalten. Das Konzertkonzept jedoch, in der ersten Hälfte nur Scratch My Back zu spielen und in der zweiten Hälfte eigene Songs, verwarf Peter Gabriel im Jahr 2011 zugunsten eines eindeutigen Schwerpunktes auf seine eigenen Songs.

coverDas nun vorliegende neue Studioalbum New Blood enthält 14 Tracks, von denen es 13 im Rahmen der Tourneen oder Tourabschnitte zu hören gab. Auf Grund der Fülle der Variationen während seiner Konzerte vermisst man etliche Songs. Signal To Noise etwa, das in jeder Show ein absolutes Highlight war, fehlt auf New Blood. Hier könnte man argumentieren, dass es eine Orchesterversion schon auf UP gab. Washing Of The Waterfehlt ebenfalls, dies ist jedoch im Rahmen eines Gratis-Downloads bzw online-Streams verfügbar. Father, Son und The Drop haben ebenfalls nicht den Weg auf das Album gefunden. Biko und Secret World, die erst 2011 dargeboten wurden, fehlen auch. Blood Of Eden ist zumindest auf der Bonus-CD der Special Edition verfügbar.
Nahezu parallel zu New Blood erscheint New Blood Live in London – der Konzertfilm zu den Shows in London vom März 2011 – als DVD, Blu-ray und 3D Blu-ray. Widmen wir uns aber zunächst New Blood.

Schwarz ist die beherrschende Farbe. Das war schon bei Scratch My Back so und auch New Blood hat ein schwarz dominiertes Cover. Zur der Abbildung gibt es bereits zahlreiche Diskussionen und es ist jedem selbst überlassen, was genau darauf zu erkennen ist. Marc Bessant, der für das Cover verantwortlich ist, löst es auf: Es ist eine Stammzelle auf der Spitze einer Nadel. Das Motiv reiht sich ein in das visuelle Konzept aus Blutplättchen und Blutzellen.

Zu den 14 Songs des Standard-Albums sollte es einen Rat geben: Hört es laut!

The Rhythm Of The Heat

Eines der Highlights im Konzert war The Rhythm Of The Heat. Für viele war es unvorstellbar, wie das mit einem Orchester funktionieren soll. Es ist hochinteressant, den Details der Album-Version zu lauschen, bei der natürlich alles glasklar klingt und die Nuancen deutlich erkennbar sind. In den eher suboptimalen Mehrzweckhallen hat der Sound im Konzert an der Stelle sicher keinen Vorteil gebracht. Das grandiose Finale des Songs ist mit der Live-Version identisch, aber ungleich intensiver. Gleich ein absoluter Kracher zu Beginn.

Downside-Up

Verglichen mit der Version des OVO-Albums oder auch früherer Live-Shows weicht Gabriel mit Downside Up in der New Blood-Version doch relativ deutlich von dem ab, was man erwartet hätte. Zwar klingt der Beginn wie immer, jedoch ist die Version sehr kurz und um das dynamische, rhythmische Ende „beraubt“, welches während der Live-Shows noch für ordentlich Stimmung sorgte – auch mit Orchester. Auf New Blood endet der Song nach den Strophen mit einem sich wiederholenden „pull me in … pull me in!“. Warum man sich dafür entschied, den Song an dieser Stelle enden zu lassen, ist etwas unklar. Mit ca. 3 Minuten und 50 Sekunden ist Downside Up dann auch der kürzeste Song auf New Blood.

San Jacinto

Der Opener des zweiten Teils der Live-Shows war San Jacinto. Auch dieser Song stammt von Peters beliebtem vierten Album und er sorgte in jeder Show für großen Applaus. Die Studioversion steht dem Live-Erlebnis in Sachen Intensität in nichts nach. Wie schon bei The Rhythm Of The Heat macht es Spaß, genauer hinzuhören, wie die Instrumentierung umgesetzt wurde. Nur am Ende während der Atem-Sequenz fehlt beim reinen Hören etwas der visuelle Effekt der Live-Show.

Intruder

Ein Song, der live nur bedingt funktionierte, war Intruder. Im Rahmen der Herbst-Tour 2010wurde Intruder noch mitten im New Blood-Set gespielt, in London war es sogar der Opener. Ein wenig passte das zum Konzert – der Song ist insgesamt eher unruhig und der Beginn eines jeden Konzerts ist ebenfalls unruhig. Umso mehr kann die Studioversion überzeugen. Man nimmt sich die Zeit, alles anzuhören und die zerfahrenen Klänge des Eindringlings, gepaart mit einem exzellenten gesanglichen Vortrag, in voller Pracht genießen zu können. Intruderfunktioniert mit seinen Brüchen, lauten und leisen Passagen besser als in der Live-Version.

Wallflower

Es war einer der meistgewünschten Songs, jedoch wurde er zu Beginn der Tour eher selten gespielt. Wallflower ist ein Juwel im Backkatalog von Peter Gabriel. Der Song bietet sich geradezu an für eine Orchesterfassung. Gabriel hat öfter bemerkt, dass der Song schwer zu singen ist, wohl auch ein Grund dafür, dass er sich zunächst scheute, das Stück regelmäßig zu bringen.
Die „Studioversion“ lehnt sich fast 1:1 an das Konzept der Live-Showversion an. Am Ende darf wieder Melanie den Song aussingen, ehe beide Stimmen mit dem „I will do what I can do“ den Song endgültig schlafen legen. Ein hochemotionaler Moment auf einem ohnehin tiefgehenden Album.

1In Your Eyes

Es gibt Songs, die entwickeln über die Jahre einen gewissen Nerv-Faktor, primär deswegen, weil sie einfach totgespielt wurden. In Your Eyes ist so ein Kandidat – der Song ist seit der This Way Up Tour zum So-Album nicht mehr wegzudenken, zumindest nicht für Peter Gabriel. Da macht es zumindest Sinn, den Song einmal komplett auf den Kopf zu stellen und dafür bot das New Blood Konzept eine gute Gelegenheit. Die Orchesterarbeit wechselt zwischen dominanten, unruhigen Passagen und den behäbig-sanften Strophen. Es tut gut, hier einmal nicht die etwas langweilig gewordenen Spielereien der Live-Shows erwarten zu müssen. So hebt man vor den Refrains nicht die Arme in die Höhe, sondern lauscht gebannt dem Arrangement und Peter Gabriels Gesang, der auf diesem Song im Vergleich zu anderen Songs auf New Blood doch relativ zurückhaltend singt.
Interessant: Im Intro zur zweiten Strophe spielt das Orchester eher im Hintergrund und wird erst im Refrain selbst wieder dominanter. In Your Eyes endet mit der „I want to stand and stare again“-Passage – das gab es in Album-Version auf So auch nicht. Mit rund 7 Minuten und 10 Sekunden ist In Your Eyes übrigens der längste Song auf dem Album.

Mercy Street

Das faszinierende an Mercy Street war schon im Konzert der Beginn, den man fast schon als perkussiv bezeichnen kann. Der vorgegebene Rhythmus klingt viel edler als der etwas verwaschene Beginn der Studio-Version. Schließlich singt Gabriel die ersten Zeilen mit einer leichten Verzögerung, er zieht die Worte gewissermaßen etwas in die Länge. In der zweiten Strophe hat man dann sogar das Gefühl, eine Slide-Gitarre zu hören. Es ist schon beeindruckend, welche Klangdichte und Klangvielfalt ein Orchester produzieren kann.

Red Rain

Majestätisch … Red Rain könnte der Olymp dieses Albums sein. Es funktionierte in der Live-Version schon besser als vieles andere und Gabriels Gesang war bei diesem Song einmalig gut und kraftvoll. Die Studioversion ist facettenreich, kraftvoll, dynamisch, sie steigert sich und packt den Hörer und nimmt ihm mit – ohne Gegenwehr. Red Rain ist schon ohne Orchester ein grandioser Song, aber das hier ist einfach einmalig gut. Man muss es laut hören! Wofür braucht man eigentlich noch eine Rockband?

Darkness

Eine große Überraschung ist Darkness, das bei der Growing Up Tour gleich nach Here Comes The Flood einen riesigen Aha-Effekt produzierte. Für viele Konzertbesucher ging während der Orchestershows das Konzept bei diesem Song nicht auf – zu sehr waren mit diesem Song rockig-aggressive Arrangements verbunden. Wer mehrere Shows der New Blood Tour sah, dem wird nicht entgangen sein, dass auch Gabriel sich öfter mal schwerer tat mit dem Song. Mit der Zeit, die ihm für die Albumaufnahmen zur Verfügung standen, hatte das Team aber ganz andere Möglichkeiten als in der hektischen Live-Show.

Wieder erkennt man Details, die einem im Konzert verborgen blieben, und der Wechsel der Stimmungen ist schärfer, zuweilen auch weicher, wo es entsprechend passt. Und Gabriel Stimme ist in der Album-Version während der ursprünglich aggressiven Passagen etwas gekünstelt von oben hereingedrückt und thront auf den Strophen, die ohnehin sehr laut durch das Orchester „begleitet“ werden. Hier stellt sich die Frage, wie stark Gabriels Stimme technisch wirklich verfremdet wurde und wie hoch der Eigenanteil an seiner Gesangstechnik ist. Ebenfalls interessant: Der Beginn des Songs wird von Gabriel nicht leise, sondern vergleichsweise mit offenem Visier gesungen.

Don’t Give Up

2Das basslastige Stück klingt in der Orchesterversion weniger wuchtig, dennoch ist der Bass ein dominierendes Element. Beide Stimmen werden getragen von dezenten Streicherarrangements. Mit Mitte der zweiten Strophe kommen Klavierklänge dazu und während Ane Bruns Zwischenstrophe dann erstmals auch rhythmische Instrumente.
Für viele ist die Urversion des Songs mit Kate Bush das Maß aller Dinge. Mit seiner neuen Gesangspartnerin Ane Brun gelang Gabriel ein Glücksgriff. Die beiden erreichen trotz des unbestritten guten Gesangs aber in dieser Studioversion nicht ganz die Intensität der New Blood Live-Shows.

Digging In The Dirt

Seinen Klassiker des US-Albums hatte Gabriel auf seinen Band-Tourneen immer aggressiver werden lassen – nach wie vor beeindruckend festgehalten auf der Growing Up Live-DVD. Das ganze nun mit einem Orchester zu versuchen, war ein insgesamt gewagter Schritt. Tatsächlich ändert sich das komplette Flair des Songs. Die düsteren, aggressiven Elemente wurden in hektische, laute Arrangements überführt und mit fortschreitender Dauer des Songs zuweilen hat man das Gefühl, dass Gabriel gegen genau diese Arrangements ansingt, um bloß keine harmonische Atmosphäre entstehen zu lassen.

Der Beginn des Songs ist aber sehr entspannt und eher zurückhaltend. Auch der Refrain ist entgegen der Erwartungen sehr ruhig gehalten und dezent arrangiert. Die lauten und hektischen Momente mit vielen Bläsern und einer Art Kampf zwischen Streicher, Bläsern und Gesang beginnen direkt nach dem ersten Refrain. Digging In The Dirtfunktioniert auf dem Album deutlich besser als im Konzert, auch wenn es mit den besten Songs auf New Blood nicht mithalten kann.

The Nest That Sailed The Sky

Der zunächst etwas überraschende Abschluss des Zugabenblocks des Live-Sets vom Album OVO macht am Ende doch viel mehr Sinn, als es zunächst den Anschein hatte. Das Stück holte die Zuschauer wieder herunter und entlässt mit sanften Klängen die Besucher aus dem Konzert. Die Album-Version hat einen ähnlichen Effekt (auch wenn nach diesem Stück noch nicht Schluss ist), aber man ertappt sich dabei, am Ende des Songs die Noten zu suchen, die Gabriel im Konzert ganz zum Schluss auf dem Klavier spielte.

A Quiet Moment

Ein großes Rätsel auf New Blood ist das Stück A Quiet Moment. Peter Gabriels Seite war zu entnehmen, dass es sich um ein Ambient-Stück handelt, welches Dickie Chappell auf dem Solsbury Hill(!) aufgenommen hat. So hört man auch nicht viel mehr als Vogelgezwitscher und einen leichten Wind.

Solsbury Hill

Der Song wurde als Bonus-Track betitelt und so wirkt er auf dem Album auch. Die Stimmung des Songs wurde kaum verändert, er ist sehr gradlinig und geradezu poppig, auch in der Orchester-Fassung. Auf dem Album ist das Klavier sehr deutlich zu hören und Gabriels Gesang klingt ein wenig so, als fahre er mit 30km/h über eine Autobahn. Die New Blood-Version klingt auch weniger pompös, geradezu zurückhaltend im Vergleich zur Live-Version.
Ein bisschen Pathos ist dann aber doch erlaubt, wenn Gabriel im Finale des Songs „coming back home“ singt. Mit Solsbury Hill fing bekanntlich alles an. Und er entschied sich, New Blood damit enden zu lassen.

Die Special Edition 2CD enthält alle Songs des Albums in Instrumentalfassungen sowie den Bonustrack Blood Of Eden, der uns zum Zeitpunkt dieser Rezension noch nicht vorlag. Fans, die das Album direkt bei Peter Gabriel bestellen, erhalten einen weiteren Bonustrack: Father, Son. Neben der CD und 2CD ist das Album auch digital erhältlich und wird im November auch als heavy-weight Vinyl mit einer Bonus. Single veröffentlicht. Auf der Single sind A Quiet Momentund Solsbury Hillverewigt.
Außerdem gibt es das Album auch als Teil des New Blood Live In London Deluxe Boxsets (weitere Informationen dazu findet ihr auf der Infoseite zu den New Blood LiveVeröffentlichungen).

3Alte Songs – neues Blut. Mit New Blood hat Peter Gabriel sein Orchesterprojekt ausgereizt und auch an seine Grenzen gebracht. Es ist keine leichte Kost und sicher ist es auch kein Album, das zum Beispiel in den frühen 80ern möglich gewesen wäre. New Blood ist ein Alterswerk, eine Art Bilanz und in gewisser Weise auch ein Aufbruch durch Ausbruch. Es war ihm wohl wichtig, dieses Projekt entsprechend voranzutreiben, dass er dafür tonnenweise neue Musik unfertig in der Schublade verschwinden ließ. New Blood ist die Antwort auf Scratch My Back und eine Art Entschleuniger für den umtriebigen Musiker in Peter. Und doch ist es genau diese Platte, die ihn aktiver hat werden lassen als viele es für möglich hielten.
Die musikalische Brillanz und Klarheit auf New Bloodbleibt in Gabriels Schaffen unerreicht. Es ist grandios, wie sehr ein Album, das im Prinzip eine Art Aufguss alter Klassiker und Geheimfavoriten ist, derart mitreißen kann. Wer Ben Foster während der Shows erlebt hat, kann erahnen, wie wichtig er für das Gelingen von New Blood war. Jeder Ton sitzt, jede Änderung im Arrangement wohl überlegt, Variationen stilvoll eingesetzt, ruhige Phasen passend eingesetzt und es auch mal richtig krachen lassen, wo es hingehört. New Bloodist eine Achterbahnfahrt in Sachen Dynamik und auch ohne Schlagzeug und Gitarren eine rhythmische Angelegenheit. Es fällt schwer, klare Favoriten zu bennnen, das wird jeder anders einschätzen. Red Rain ist ganz weit vorne, Rhythm Of The Heat sowieso und selbst Darkness und Digging In The Dirt, die im Konzert nur bedingt funktionierten, können überzeugen. Was fehlt? Biko und Secret World- für diese Songs kam New Blood wohl zu spät.

Wie jeder das Album für sich selbst einordnet, hängt vor allem auch an der (legitimen) Frage New-Blood-Version vs Rock-Version. Hier dürfte es ein sehr heterogenes, subjektives Meinungsbild geben. Red Rain dürfte bei diesem Vergleich gewinnen, Digging In The Dirt, Darkness und Solsbury Hill eher verlieren. Eher unentschieden ist der Eindruck Songs wie Wallflower, Don’t Give Up oder The Nest That Sailed The Sky, die in beiden Versionen gut funktionieren. Eindeutige weitere New-Blood-Gewinner sind The Rhythm Of The Heat, San Jacintound auch Mercy Street. Intruderallerdings ist extrem schwer gegen seine Studioversion vergleichbar.

Stellt Gabriel mit dem Album die Fans zufrieden? Es ist wohl das Album, das sich viele statt Scratch My Back gewünscht hatten. Und natürlich ist es für viele der Soundtrack des 2. Teils der New Blood-Shows, als Scratch My Back noch komplett gespielt wurde. „I’m coming back home“ singt Gabriel auf dem letzten Song Solsbury Hill. Kehrte er nun nach Hause mit New Blood oder ist er in diesem Prozess? Der Kreis schließt sich jedenfalls, er ist wieder am Anfang. Mit Solsbury Hill fing alles an, mit Solsbury Hill beendet Gabriel sein neues Album. Zufall? Eher nicht.

Autor: Christian Gerhardts
Fotos: York Tillyer

New Blood: Formate und zusätzliche Tracks

Die zahlreichen Versionen mit Bonus-Tracks dürfte nicht im Sinne der Fans sein. Besteller auf Peter Gabriels Website erhalten Father, Sonals gratis-Zugabe, die Special Edition 2CD enthält Blood Of Eden als Bonus-Track (neben den reinen Instrumentalfassungen der ersten 12 Tracks des Albums). Wer bei iTunes bestellt, wird zudem mit Signal To Noise“belohnt“. Derzeit unklar ist, ob man Signal To Noise auch einzeln kaufen kann. Die Vinyl-Ausgabe enthält keine Extra-Tracks, allerdings müssen sich Sammler bis in den November gedulden. Die LP enthält aber nur zwölf Songs, da A Quiet Moment und Solsbury Hill als Bonus. -Single beiliegen.

New Blood: Aufnahmesessions und Tourproben – weitere Songs

Insgesamt hat Gabriel für New Blood nur eine Auswahl von möglichen Songs veröffentlicht. Hoffnungen, dass er mit der Special Edition alle aufgenommen Songs am Ende auch veröffentlicht (ähnlich wie Phil Collins im letzten Jahr mit Going Back), bestätigten sich leider nicht. Folgende Songs wurden live gespielt oder aufgenommen, aber nicht veröffentlicht:

Lead A Normal Life
Washing Of The Water
The Drop
Father, Son
Biko
Secret World

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