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Peter Gabriel – Long Walk Home – Rezension
Kurz bevor UP endlich erschien, veröffentlichte Peter Gabriel den Soundtrack zum Film Rabbit Proof Fence. Darauf verwertete er Material, das während der UP Sessions entstanden war.
Das Album hat weltweit sehr unterschiedliche Veröffentlichungstermine. In Australien war es bereits im März zu haben, in Europa und den USA wurde die Veröffentlichung für Mai angepeilt, nun aber bis Mitte Juni verschoben, somit erscheint dieser Soundtrack in den meisten Teilen der Welt nach der Remaster-Serie. Für Sammler dürfte interessant sein, dass die amerikanische Version ein Filmmotiv auf dem Cover hat, während in Europa ein künstlerisches, Gabriel-typisches Artwork zu sehen ist.
Im Internet konnte man über Long Walk Home schon vieles hören und auch lesen, Gabriel selber bezeichnet den Soundtrack als Fortsetzung seines Passion-Albums.
Dementsprechend musikalisch vielschichtig durchsetzt ist das Album dann auch. Einen echten Song gibt es nicht, genauso verzichtet er auf normalen Gesang. Dafür haben einige Songs eine Art eingängige Chorpassage. Gabriel wird seinem Anspruch als großer Experimentator gerecht. Er schafft es – losgelöst von kommerziellen Zwängen, die es bei UP sicher gibt – sich entspannt durch seine eigene Welt zu treiben. Doch es fehlt das ganz große Highlight, manchmal ertappt man sich dabei, das Album als zu abgedreht zu empfinden. Es fordert dem Otto-Normal-Fan ein Höchstmass an Interesse und Aufmerksamkeit ab. Auffällig sind vor allem Gemeinsamkeiten mit so manchem Instrumentalstück von
Ovo, gepaart mit ein paar rhythmischen Zügen aus Passion-Zeiten. So fühlt man sich beim Opener Jigalong durchaus an Ovo erinnert, etwa an The Tide of the Turning. Gabriel setzt hier und da einen bestimmten Sound zu oft ein. Das Überraschungsmoment geht dabei verloren. Die rhythmischen Elemente werden eher getragen dargeboten. Auffallend, dass die Drumparts fast durchweg aus zwei verschiedenen Sounds bestehen. Bei manchen Songs, wie zum Beispiel The Tracker, wäre es hilfreich, den Film zur Musik zu sehen. So ist das Stück etwas allein gelassen und verfehlt vermutlich seine Wirkung. Gleiches gilt für Go Away Mr Evans.
Zu den Highlights zählt zweifelsfrei Running to the Rain, das im zweiten Teil zu einer Art Instrumentalhymne wird. Besonders auffallend sind hier die Drums. Ebenso das mit Background-Gesängen unterlegte Gracie’s Recapture. Ein Gänsehautgefühl kommt bei dem unaussprechlichem
Ngankarrparni auf – vor allem deshalb, weil der geneigte Gabrielfan bereits weiß, dass die finalen Gospelgesänge von den Blind Boys of Alabama stammen – und dass sich dieser Part des Tracks in einem Song namens Sky Blue auf UP wieder finden dürfte. Demenstprechend erhält das Stück den Zusatztitel Sky Blue Reprise. Das Thema wird beim Finale Cloudless wieder aufgegriffen und bildet einen emotionalen Abschluss. Der Lange Weg nach Hause ist zu Ende.
Im Gesamteindruck ist Long Walk Home nicht in der Lage, auch nur annähernd die Klasse von Passion zu erreichen. Eine Wegzehrung bis zum neuen Studioalbum ist aber der Soundtrack – dank der Highlights und somit ähnlich wie bereits Ovo– auf jeden Fall eine willkommene Abwechslung.
Autor: Christian Gerhardts