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Song 09: „Love Can Heal“ 31. August 2023

Im August gibt es zweimal einen Vollmond, folglich erscheinen auch zwei Stücke für i/o. Das zweite ist Love Can Heal, das schon seit der Tour mit Sting 2016 bekannt ist.

Bright-Side Mix
Dark-Side Mix
In-Side Mix
Post Band Version
Halfway House Mix


Mit Love Can Heal kommt der zweite Song für i/o, der schon von früheren Konzerten her bekannt war. Diesmal von der Tour mit Sting 2016, bei der Gabriel das Stück einige Male sang und es der kurz zuvor bei einem Attentat ermordeten Politikerin Jo Cox widmete.

Im Uncut Artikel hatte Gabriel dann gemeint, dass sich Love Can Heal auf dem Album anders anfühlen werde, als bei diesen Konzerten. Das hat die Darbietung auf wiederum der i/o Tour nicht bekräftigt, denn sowohl der Text als auch das musikalische Arrangement zeigten keine nennenswerten Unterschiede. – Doch dazu weiter unten nochmal.

Gabriel gesteht selbst, dass der Titel des Stücks wie „ein alter Hippie-Slogan“ klinge. Aber er finde den Gedanken essenziell. Menschen, „die ein Interagieren spüren, Wärme, Freigiebigkeit, Teil von etwas Lebendigem zu sein und nicht isoliert, sind viel eher in der Lage, zurechtzukommen, und selbst mehr zu geben“. Das seien zudem zentrale Themen von i/o.

Auch musikalisch wirkt Love Can Heal zunächst unkompliziert – doch ebenfalls ist hier mehr eingewoben und verschichtet, als es scheint. Gabriel suchte nach einem repetivem Moment um daraus etwas träumerisches zu schaffen, in dem die musikalischen Elemente „nicht unbedingt herausstechen sollen, sondern einfach den Teil eines Ganzen bilden“.

Lyrics

Die erste Strophe ist im Prinzip ein einziger, durchgehender Satz, der erst mit dem Refrain abgeschlossen wird. Es ist die Ansprache an ein Gegenüber: „Whatever mess you find yourself within… (In welcher Schwierigkeit du auch immer dich wiederfindest…)“ – es folgen weitere Aufzählungen gescheiterter, schutzloser Zustände, die in der Versicherung münden: Liebe kann heilen. Viermal wird das wiederholt, beinahe wie ein Mantra, und bildet alleine den Refrain.

In der zweiten Strophe heißt es, dass etwas aus Körper und Haut tritt, wenn die Kälte die Stricke festnietet. Und dass man damit alleine ist. Es folgt kein „Love Can Heal“ diesmal, stattdessen die Bridge mit einer Vision: „Out in the sunlight, in all the colours, set against a bed of green. (Draußen im Sonnenlicht, in all den Farben, gesetzt vor einen Untergrund in Grün.)“ Und erst dieser Gedanke schließt dann wieder mit der unermüdlichen Wiederholung „Love Can Heal“.

Mehr Text hat dieses Stück nicht.

Das alles ist klar wie schlicht in der Aussage. Entwaffnend einfach. Hier wird einerseits Anteil genommen an einem verlorenen Zustand – und dann ermutigt. Kritiker können den zentralen Gedanken banal nennen – doch im Einfachen kann Wahrhaftigkeit liegen.

Natürlich mögen sich Erinnerungen an Don’t Give Up einstellen – aber Love Can Heal ist schon anders. Es setzt seinen Fokus nicht aufs Neubeleben, sondern auf eine mitfühlende Umarmung. Sein Kontext ist auch nicht so konkret, eher allgemein und universell gehalten.

Alle Lyrics des Albums stehen auf Peter Gabriels Webseite hier.

Kunst

Diesmal steuert der Brite Antony Micallef ein Bild zur i/o Sammlung bei. Es heißt A Small Painting Of What I Think Love Is (2010, Öl auf Karton, 29 x 21cm) und zeigt zwei sich innig umschlungen haltende Menschengestalten in Schwarzweiß. Sie sind nur grob angedeutet, aber doch klar in der Erscheinung und stark im Ausdruck.

Micallef gilt als moderner Expressionist und ist bekannt für seine „visuell aufgeladenen Figurenbilder“. Zuletzt vor allem für Portraits in sehr wilder, roher Malweise mit dicker Farbauftragung. Die Rohheit steht im Kontrast zu anderen Elementen seiner Arbeit, die grafisch, fast comichaft banal anmuten.

Thematisch beschäftigt er sich mit Konsum und Verführung, aber auch dem menschlichen Dasein und Emotionen. Seine Webseite gibt einen Eindruck seines Schaffens. Online schrieb er auch schon, dass er mit Gabriel zusammen an einem Clip zum Song Love Can Heal gearbeitet hat, an dem auch die Aardman Studios beteiligt waren. Das Ergebnis jetzt erinnert an das Video zu Zaar, das ebenfalls mit in Bewegung geratender Malerei spielt.

Auf unserere Seite zu den Musikclips gehen wir näher auf das Video ein, das übrigens zweimal herausgebracht wurde – jeweils mit einem der beiden Hauptmixe unterlegt.

Mehr zu den Kunstwerken und Künstlern dahinter haben wir hier versammelt.


Bright-Side Mix – 31. August 2023

Words and Music by Peter Gabriel
Engineering by Oli Jacobs, Katie May
Assistant engineering by Faye Dolle, Dom Shaw
Pre-production enginneering by Richard Chappell
Produced by Peter Gabriel
Mixed by Mark ‚Spike‘ Stent
Mastered by Matt Colton at Metropolis
Recorded at Real World Studios, Bath, The Beehive, London, Rexall Place, Edmonton Canada (Rock, Paper, Scissors Tour)

Percussion: Ged Lynch, Peter Gabriel (Hairy Drum)
Bass: Tony Levin
Guitar: David Rhodes
Guitar FX: Katie May
Piano: Peter Gabriel
Synths: Peter Gabriel, Angie Pollock
Cello: Linnea Olsson
BVs: Peter Gabriel, Ríoghnach Connolly, Melanie Gabriel, Jennie Abrahamson, Linnea Olsson
LVs: Peter Gabriel

Länge 5:59

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Entgegen der bisherigen Praxis, erscheint dieser getragene Song nicht zunächst im Dark-Side Mix – sondern in der lichten Fassung.

Musik

Es beginnt mit vorsichtiger Einblendung des schwingenden Synthieteppichs, der dann das ganze Stück über durchläuft. Neben den tröpfelnden Hauptklängen sind auch begleitende Sounds eingewebt – helle Glockenschläge und anderes. Die Hauptstruktur von Love Can Heal ist jedoch am Keyboard gewebt. Sphärisch verhallt schwebt sie im Raum.

Pur läuft das als Intro. Nach 36 Sekunden setzt für den Beginn des Hauptteils dann ein Cello ein, das getragen auf- und absteigt, dazu ein dumpfer Drumpuls und ein leise mitschreitender Bass.

Abgelöst wird das Cello zur ersten Strophe. Gabriel beginnt zu singen – eher hoch und zurückhaltend. Erneut gibt das seiner Stimme etwas Fragiles. Und noch einmal ist sie in der Abmischung deutlich in den Vordergrund gesetzt.

Zum Refrain ändert sich sie Struktur kaum – im Wesentlichen kommt ein mehrstimmiger Chorsatz von Frauen hinzu. Sie singen unisono mit gelegentlichen, Verzierungen einzelner.

Eine wirklich spürbare Änderung gibt es erst mit der Bridge. Die Harmonien werden heller, das Cello setzt wieder ein, folgt diesmal der Linie des Hauptgesangs.

Danach geht das Stück zurück zur Kehrzeile „love can heal“. Hier ändert sich wieder etwas: Dem Frauenchor setzt Gabriel eine tiefe Solostimme entgegen. Das gibt spürbar mehr Volumen. Auch das Cello spielt weiter, weiblicher Gesang setzt zierende Schleifen – unmerklich verdichtet sich das Gefüge.

Gabriels langgezogene Schrei, der von den Konzerten her bekannt ist, liegt hier ganz weit im Hintergrund – im Grunde ist er nur ein weiteres, füllendes Element im Arrangement. Doch mit ihm ist der Höhepunkt durchschritten – es folgt allmähliches Abschwellen, Ausklingen. Alles reduziert sich, bis fast nur noch liegende, schlichte Synthie-Akkorde übrigbleiben.

Der ebenfalls von den Konzerten her bekannt Schlussschlag ist hier keiner – eher ein feiner Akkord auf der Gitarre. Und der Song läuft danach sogar noch weiter – dass sogar ein zweiter Akkordakzent von der Gitarre folgen kann. Dann erst kommt es zu einer langsamen Ausblende (in der sehr leise sogar ein dritter Akkordakzent zu hören ist).

Im Ganzen ist diese Einspielung geradezu erstaunlich undynamisch. Gleichbleibend und verhalten fließt sie mit wenig Durchsetzung. Möglicherweise ist das der von Gabriel gemeinte Unterschied zu den Konzertversionen?

Noch angemerkt sei: Love Can Heal ist bislang der erste Song auf i/o, der ausgeblendet wird.

Besetzung

Die Mitwirkung von Jennie Abrahamson, Linnea Olsson und Angie Pollock lässt schon darauf schließen: Die Grundlage von Love Can Heal bildet eine Aufnahme der Rock Paper Scissors Tour 2016. Solo-Cello, Teile der Keyboards und der Backing Vocals stammen daher.

Das Solo-Cello, das ja eine durchaus tragende Rolle hat, wird gespielt von Linnea Olsson, die mit Gabriel seit der Back To Front Tour verbunden ist, bei der sie eigentlich nur als Krankheitsvertretung eingesprungen war. Ihre beseelte Spielweise zeigt sich auch in mehreren, eigenen Alben.

Außerdem ist auch Gitarre ausgewiesen (sogar zweimal: regulär von David Rhodes und von Katie May als „Guitar FX“). Zu hören ist davon in diesem Mix nicht viel. In der Auslaufphase erklingen feine Zupfer (die im Stereobild wandern). Sonst ist da nicht wirklich was.

Erneut ist Ged Lynch an den Percussions dabei – wenn sich deren Wirken allerdings ebenfalls eher bescheiden ausnimmt. Gabriel, auch für Percussions eingetragen, bekommt noch die Präzisierung „Hairy Drum“ – was auch immer damit schon wieder gemeint ist.

Ríoghnach Connolly, die beim Chorgesang mitwirkt – was in den Erläuterungen sogar zu „lead vocals“ erweitert wird – hatte Gabriel übrigens schon bei Panopticom erwähnt und damals zugefügt, sie würde bei einem kommenden Song noch präsenter in Erscheinung treten. Ob das hier gemeint ist?


Dark-Side Mix – 15. September 2023

Words and Music by Peter Gabriel
Engineering by Oli Jacobs, Katie May
Assistant engineering by Faye Dolle, Dom Shaw
Pre-production enginneering by Richard Chappell
Produced by Peter Gabriel
Mixed by Tchad Blake
Mastered by Matt Colton at Metropolis
Recorded at Real World Studios, Bath, The Beehive, London, Rexall Place, Edmonton Canada (Rock, Paper, Scissors Tour)

Percussion: Ged Lynch, Peter Gabriel (Hairy Drum)
Bass: Tony Levin
Guitar: David Rhodes
Guitar FX: Katie May
Piano: Peter Gabriel
Synths: Peter Gabriel, Angie Pollock
Cello: Linnea Olsson
BVs: Peter Gabriel, Ríoghnach Connolly, Melanie Gabriel, Jennie Abrahamson, Linnea Olsson
LVs: Peter Gabriel

Länge 6:01

Wieder hat Tchad Balke es geschafft, einem i/o-Song eine veränderte Erscheinung abzuringen. Es wirkt zudem manchmal auch so, als ob ihm immer wieder die Aufgabe zukommt, die etwas experimentierfreudigeren Mixe zu gestalten. Auch wenn das gelegentlich mal den Fluss ein wenig aus der Ruhe bringt.

Es ist vielleicht nicht immer gerecht, den zweiten Mix in Vergleich zum ersten zu setzen, und die Unterschiede herauszustellen. Da aber nun mal immer schon ein erster Mix bekannt ist, hat der zweite zwangsläufig die Bürde, mit einem Gegenüberstellen auskommen zu müssen.

Musik

Gleich zu Beginn fällt auf, dass die Einblende langsamer verläuft und sich beinahe über die ganzen 35 Sekunden Intro erstreckt. Voll entwickelt ist die Lautstärke erst kurz vor Einsatz des Hauptteils.

Der repetive Klangteppich enthält dabei weniger zierende Elemente – insbesondere in den hohen Tonlagen wurde alles Beiwerk reduziert oder ganz weggelassen. Das Bewegen nur durch mittlere Bereiche wirkt weniger filigran. Auch wurden andere Bestandteile des Grundgefüges betont, wodurch es nun nicht so gleichfließend, eher tänzelnd erscheint. Trommel und Bass darin sind recht unprägnant aufbereitet und ergeben gemeinsam mehr ein einheitliches Wummern.

Auffällig auch: Das im Bright-Side Mix so merkliche Cello ist weggelassen und der Gesang von Gabriel, aber auch der Chor, ist nicht so deutlich in den Vordergrund geholt.

Das Gefüge verbleibt recht gleichbleibend durch Strophen und Refrain so. Erst zur Bridge ändert sich spürbar etwas. Zum einen kommt nun doch das Cello zum Einsatz, außerdem weben sich in den Klangteppich höhere Pianotöne ein.

Wenn dann zum Refrain zurückgekehrt wird und dessen abschließende Durchläufe beginnen, reduziert sich das Klanggewebe unerwartet, bis der Chorgesang fast alleine steht. Deutlicher rückt das Cello in den Fokus – und wirkt durch sein relatives Alleinstehen beinahe seufzend. Kurz wird sich gesammelt, dann kehrt die Grundbegleitung zurück – vor allem Bass und Trommel – und wirklich sehr zurückhaltend wird das Geflecht verdichtet. Die zierenden Schleifen der einzelnen Chorstimme sind dabei deutlich in den Hintergrund verschoben – genau wie Gabriels Schrei, der wieder nur Beiwerk ist.

Während des Ausklangs bleibt der Song ziemlich gleichförmig – ohne stärkere Dynamiken oder Bewegungen – mindestens mal für die letzten 60 Sekunden. Über größere Länge hin wird ausgeblendet – die markanten Schlussakzente sind nicht gesetzt.


In-Side Mix – 15. September 2023

Words and Music by Peter Gabriel
Engineering by Oli Jacobs, Katie May
Assistant engineering by Faye Dolle, Dom Shaw
Pre-production enginneering by Richard Chappell
Produced by Peter Gabriel
3D Audio Sound Treatments and Dolby Atmos Mix by Hans-Martin Buff
in the Red Room at Real World Studios and Aural Majority Pad, Boofland
Additional Mix Work at Blue Box, London
Additional Recording Assistance by Louis Rogove
Mastered by Matt Colton at Metropolis
Recorded at Real World Studios, Bath, The Beehive, London, Rexall Place, Edmonton Canada (Rock, Paper, Scissors Tour)

Percussion: Ged Lynch, Peter Gabriel (Hairy Drum), Hans-Martin Buff
Bass: Tony Levin
Guitar: David Rhodes
Guitar FX: Katie May
Piano: Peter Gabriel
Synths: Peter Gabriel, Angie Pollock
Cello: Linnea Olsson
BVs: Peter Gabriel, Ríoghnach Connolly, Melanie Gabriel, Jennie Abrahamson, Linnea Olsson, Faye Dolle
LVs: Peter Gabriel

Länge 6:01

Musik

Bereits im Einführungsvideo zu Love Can Heal hat Peter Gabriel erwähnt, dass seine Absichten von Hans-Martin Buff getroffen wurden, denn man habe beim In-Side Mix „das Gefühl, an vielen Stellen angefasst zu werden“.

Was er damit meint, wird nach wenigen Sekunden direkt im Intro des Songs deutlich. Der aus verschiedenen Elementen bestehende Klangteppich schwirrt im Kreis, hüllt beim Hören förmlich ein, was die Möglichkeiten eines Dolby Atmos-Mixes voll auskostet. Die Atmosphäre des Songs kommt dadurch bestens zur Geltung.

Die einzelnen Elemente klingen etwas anders als in den anderen beiden Mixen. Entweder sind hier Keyboard- und Gitarrensounds zu hören, die in den bisherigen Versionen mehr in den Hintergrund gemischt wurden, oder nur im In-Side Mix verwendet werden.

Bass und Percussion kommen an der gewohnten Stelle im Song hinzu und wirken sehr warm. Es fällt auf, dass vor allem der Bass ähnlich wie in einigen anderen In-Side Mixen sehr klar und differenziert zu hören ist. Das Cello hingegen wirkt etwas dezenter als beispielsweise im Bright-Side Mix. Wie gewohnt scheint die Stimme von Peter Gabriel an einer Stelle im Klangbild stehen zu bleiben, wenn man den Mix mit Apple Air Pods hört und den Kopf bewegt.

Der erste Refrain wird auch im In-Side Mix vor allem von den weiblichen Stimmen getragen. Auf den Einsatz des Cellos wird in der Überleitung zum zweiten Refrain vollständig verzichtet. Erst im Refrain selbst ist es wieder dezent zu hören.

Auffällig ist, dass die drei einzelnen Wörter des Refrains an dieser Stelle wie ein Nachhall in geflüsterter Form von Peter wiederholt werden. Das bei den Konzerten laut gesungene „give into love“ ist deutlich zu hören, aber wirkt durch die verwendeten Hall-Effekte gleichzeitig nicht wie ein vordergründiger Schrei.

Im Outro werden „give into love“ und „love can heal“ miteinander kombiniert. Dabei klingt es so, als wenn „give into love“ von Peter geflüstert wird, ein Hall entsteht und das „heal“ schließlich zurück hallt. Zum Ende bleibt dann nur noch das „heal“ übrig, während der Song langsam ausklingt. Gleichzeitig sind auch zum Ende hin wieder einzelne Keyboard-Klänge und Gitarren-Flageoletts zu hören, die in den anderen Mixen nicht präsent sind.

Da Love Can Heal ein Song ist, der vom Sound Design lebt, eröffnen sich für einen Dolby Atmos-Mix natürlich vielfältige Möglichkeiten. Gleichzeitig entsteht hier zu keinem Zeitpunkt der Eindruck, dass irgendetwas übertrieben wurde. Buff bleibt der Linie der anderen In-Side Mixe treu, verliert sich nicht in technischen Spielereien, sondern liefert einen zur Stimmung passenden, sphärischen und geschmackvollen Mix.


Post Band Version – 28. September 2023

Words and Music by Peter Gabriel
Engineering by Oli Jacobs, Katie May
Assistant engineering by Faye Dolle
Pre-production enginneering and Development by Richard Chappell
Produced by Peter Gabriel
Recorded at Real World Studios, Bath, The Beehive, London, Rexall Place, Edmonton Canada (Rock, Paper, Scissors)

Percussion: Manu Katché, Ged Lynch, Peter Gabriel (Hairy Drum)
Bass: Tony Levin
Guitar: David Rhodes
Piano: Peter Gabriel
Synths: Peter Gabriel, Angie Pollock
Cello: Linnea Olsson
BVs: Jennie Abrahamson, Linnea Olsson
LVs: Peter Gabriel

Länge 6:31

Im Deep Dive Video zu Love Can Heal spielte Gabriel zwei Versionen an, die potentiell die zu veröffentlichende Bonusversion des Songs werden konnten: Eine „geleerte“ Fassung mit reduziertem Klangloop – geworden ist es nun aber die andere, die Post Band Version.

Bei Bandcamp steht, dass sie vom Oktober 2021 stammt, und den Zustand unmittelbar nach den Sessionaufnahmen wiedergebe. Da bei diesen Aufnahmen aber auch bereits eingespieltes Material miteinfloss, muss man hier genauer sagen, dass es sich um die Bandeinspielung plus die Teile der Liveaufnahme mit Linnea, Jenni und Angie von 2016 handelt.

Musik

Diese Fassung ist ungefähr eine halbe Minute länger als die Hauptmixe. Einer der Gründe dafür liegt direkt am Anfang: Die vorsichtige Einblendung ist zwar halbiert, die instrumentale Einleitung dann aber verdoppelt: Nachdem der Loop voll entfaltet ist, gibt es zunächst einen Durchgang, der mit einfachen Akkorden unterlegt ist (bekannt ist das vom Schlussteil des Bright-Side Mixes her), dann erst folgt der übliche Auftakt mit Drumpuls und Bass. Gabriel hat sich hier also zunächst wieder Zeit gelassen, die finalen Mixe dann aber gestrafft. – Sicher war das gut.

Musikalisch ist der Drumpuls nicht so deutlich, Tonys Bass auch eher beiläufig gesetzt. Dafür ist von Anfang an das Cello da. Und der zentrale Klangloop ist wieder mal anders zusammengesetzt, die Gewichtung verschoben und es fehlen Teile. Die Wirkung ist dadurch nüchterner – der hypnotische Flow ist noch nicht da. Wahrzunehmen ist aber, dass die Gitarre von Rhodes mit dem Loop spielt.

Gabriels Gesang ist ebenfalls nüchterner. Die rechte Aufbereitung und die Balance im Hall sind noch zu finden. Auch der Chorgesang im Refrain ist noch nicht vorhanden. Wo er dann kommt, fehlen die zusätzlichen Schleifen in den Melodien. Es singen auch nur Jenni und Linnea.

Eine auffällige Zufügung hingegen ist die Rhythmusbegleitung. Manu Katché spielt dabei eher perkussive Fills, denn geregelt Schlagzeug. Er steht entsprechend auch – wie Ged und Gabriel – unter „Percussion“. Erst in der Bridge, festigt sich das zu immerhin akzentuierteren Snareschlägen. Diese Akzente haben aber eine neue Wirkung und bringen vorsichtigen Swing in den Song.

Zum Ende des Stücks – nach Gabriels Schrei (der auch wieder weit in den Hintergrund gelegt ist) – läuft der Song nicht allmählich aus, sondern geht weiter, wiederholt unermüdlich den Kehrvers. Einige musikalische Versuche sind dabei zu hören: Gabriel pfeift und summt die Begleitstimmen mit.

Erst wenn der eigentliche Schlussakzent kommt, ändert sich der Fluss, die Begleitung reduziert sich deutlich, schwingt aber immer noch weiter, bis zu einem endgültigen Schlussakkord. Der verklingt, der Song ist aus, aber für 11 weitere Sekunden hören wir das Gerätesummen des Aufnahmeraums und kleine Geräusche – bis auch das schließlich Abbricht.

Diese Variante des Tracks gefällt sicher allen, die der Eindruck einer konventionellen Bandeinspielung erfreut, sie zeigt aber vor allem, wie sehr Gabriel für seine Musik immer nach der richtigen Umsetzung sucht, und dass er sich dabei auch häufig um Konventionen nicht schert.

Er selbst sagt zur Post Band Version: „Wir haben uns kurz an Love Can Heal versucht, aber ich hatte das Gefühl, etwas von der Sinnlichkeit und Sensibilität zu verlieren.“

In der Tat ist die „einspinnende“ Wirkung der finalen Fassung noch nicht erreicht. Umso deutlicher wird, was an Soundarbeit und Mühen dafür noch nötig war.


Halfway House Mix: Love Can Heal – 26. Dezember 2023

Words and Music by Peter Gabriel
Engineering by Richard Chappell
Produced by Peter Gabriel
Recorded at Real World Studios, Bath, The Beehive, London, Rexall Place, Edmonton Canada (Rock, Paper, Scissors)

Percussion: Ged Lynch
Bass: Tony Levin
Synths: Peter Gabriel, Angie Pollock
BVs: Jennie Abrahamson, Linnea Olsson
LVs: Peter Gabriel

Länge 5:21

Zum letzten Vollmond des Jahres 2023 veröffentlichte Gabriel kein neues Stück mehr. Von vielen sehnlichst erwartet worden wäre What Lies Ahead (das auch sehr sicher Eindruck gemacht hätte). Aber stattdessen wird auf eine weitere Arbeitsfassung von Love Can Heal zurückgegriffen. Was ein bisschen die noch kommende Vorgehensweise beim Bandcamp-Abo andeutet, bei der vornehmlich alte Hündchen aus dem Archiv… – aber das ist ein anderes Thema.

Die nun also veröffentlichte Version heißt etwas verdreht Halfway House Mix: Love Can Heal. Laut Beschreibung handelt es sich um eine Fassung, die aus den Aufnahmen des Rock, Paper, Scissors Konzerts besteht plus einigen wenigen Ergänzungen. Gabriel erwähnte und präsentierte eine ähnliche Version schon im Deep Dive Video zum Song. Da allerdings ist doch noch mehr Fülle im Arrangement – diese Fassung hier ist deutlich karger.

Musik

Im Intro bauen sich sehr digital klingende, trocken gehaltene Klänge zum bekannten Geflecht zusammen, das hier aber viel leerer gewebt ist. Überhaupt wirkt alles eher ungeschliffen und unfertig. Das in den Endversionen so zentrale Cello fehlt völlig. Die Songstruktur im Allgemeinen ist jedoch die finale.

Gabriels Gesang ist sehr frequenzarm aufbereitet. Reduziert auf die Mitten, was ihn blechern und wie aus einem alten Radio klingen lässt. Zudem singt er zwar ausgestaltet, klingt aber merkwürdig dünn und manchmal leicht zittrig. Möglich wäre, dass es sich auch hier um die Aufnahme des Konzerts handelt.

Auffällig ist, dass im Refrain keine Chorstimmen zugefügt sind. Gabriel bleibt alleine – was den Moment weniger deutlich hervorhebt.

Zum Mittelteil hin werden dezent Percussions hörbar. Auch sie klingen eher blechern und sind nur sparsam eingesetzt. Der Mittelteil aber hat vor allem keinen Gesang – er bleibt instrumental. Im Ergebnis hat er – auch dadurch, dass die Hauptmelodie nur vom Keyboard ausgeführt wird – weniger Wirkung, weniger Poesie.

Erst im Schlussteil, dem mehrfach wiederholten „Love Can Heal“, setzen dann die weiblichen Begleitstimmen ein. Gabriels Gesang reduziert sich zu einem Raunen – sein Schrei aber ist hier sehr prominent gesetzt.

Zum Ende hin reduziert sich das Arrangement wie schon bekannt und blendet dann aus.

Die verminderte Laufzeit dieser Fassung entsteht durch ein leicht kürzeres Intro und ein um etwa 30 Sekunden gestrafftes Outro.

Personal

Die Zahl der Beteiligten ist sehr übersichtlich. Ebenfalls ihr Einsatz.

Von den Aufnahmen des Rock, Paper, Scissors Konzerts sind die Stimmen von Abrahamson, Olsson und Pollock nur am Schluss zu hören. Das Cello fehlt ganz. Zentrales Element sind Keyboardklänge, wobei nicht wirklich erkennbar wird, welcher Anteil der von Angie Pollock Pollock genau ist. Unklar bleibt auch, woher die Gesangsaufnahme stammt.

Percussions von Ged Lynch sind eingefügt worden. Gitarren fehlen.

Dass es sich hier um ein sehr frühes Stadium handelt, wird schon dadurch deutlich, dass als Toningenieur einzig Richard Chappell gelistet ist, der nur ganz am Anfang der Aufnahmen zum Album dabei war.


Links

Gabriels erläuterndes Full Moon Video zum Track Love Can Heal:

Song-Hintergrund auf petergabriel.com

Webseite von Antony Micallef
Webseite der Aardman Studios

Diskutiert mit über den Song hier im Forum.

Autor: Thomas Schrage
Besprechung In-Side Mix: Martin Peitz