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Paul Carrack – Nightbird – Album Rezension

Paul Carrack wurde bekannt durch sein Mitwirken bei Squeeze und Ace, vor allem aber als Sänger von Mike + The Mechanics. Schon davor brachte er Soloalben heraus und Peter Musto widmet sich in dieser Rezension seinem weitest gehend unbekannten Debütalbum Nightbird.

Paul Carrack wurde am 22. April 1951 in England geboren. Er begann als Keyboarder, spielte aber auch andere Instrumente und nimmt auf seinen Soloalben heutzutage fast alle Instrumente selbst auf: Keyboards, Gitarren, Bass und Schlagzeug.

1970 wurde er Keyboarder in der Band Warm Dust. 1972 wechselte er zu der Band Ace und hatte mit seinem selbst komponierten und gesungenen Song How Long deren größten und einzigen Hit, den auch heute noch live singt. Nach drei Alben löste sich die Band auf und Carrack arbeitete im Studio sowie live u. a. für Frankie Miller, Roxy Music oder Nick Lowe.

1980 erschien sein erstes Soloalbum Nightbird, dessen Titel ursprünglich noch Showing Off lauten sollte. Es erschien ursprünglich auf Vertigo Records und wurde 2004 auf PolyGram wiederveröffentlicht.

Die Songs (mit Autor) und Laufzeit:

1. Beauty’s Only Skinn Deep (Norman Whitfield, Eddie Holland) 2:59

Das Album startet mit der Coverversion eines Songs der Temptations. Die schwungvolle Motown-Nummer ist ein guter Hinweis auf Carracks eigene Songs und wird in einer für ihn typischen Mischung aus Soul und Pub Rock gespielt. Hier singt er noch relativ verhalten, wenn man es mit späteren Alben vergleicht. Der Song wurde auch als Single ausgekoppelt.

2. There’s A Good Chance (Paul Carrack) 4:23

Der erste Teil des Songs ist eine Ballade. Ab der ersten Minute kommt das Schlagzeug hinzu und ab Mitte des Songs kriegt die Instrumentierung kurz in einen countryähnlichen Einschlag, der am Ende des Songs wieder auftaucht.

3. In Love With Me(Alan King, K. White) 4:39

Der dritte Song beginnt wieder wie eine Ballade, bleibt dieses Mal aber konsequenter im ruhugen Bereich. Das Tempo ist so langsam, dass das Schlagzeug sehr schleppend wirkt. In der Mitte gibt es ein nicht sehr romatisches Saxofonsolo, so dass dadurch etwas Spannung entsteht. Der Mitautor Alan King war Bandmitglied bei Ace.

4. Foregone Conclusion (Paul Carrack) 4:25

Das Tempo zieht an und Carrack ist wieder in der Nähe des Stils vom Albumopener. Diese Art von Songs schreibt und singt Carrack heute noch: Midtempo, souliger Pub Rock, gefällige Melodien. Im Refrain hört man sehr schöne und weiche backing vocals.

5. Love Is All It Takes (Andy Fraser) 4:43

Wie beim Vorgängersong bleibt es im midtempo und wird sogar etwas rhythmischer. Erneut singt Carrack den Refrain auffällig langgezogen, wird hier aber nicht durch backing vocals unterstützt. Dafür gibt es in der Mitte wieder ein Saxofonsolo.

6. Bet You Never Been In Love (Paul Carrack) 3:57

Bei diesem Song kommen wir wieder in die Motown-Nähe. Funky Gitarren, Bläser und viele backing vocals und viel Wiederholungen des Refrains tragen die eingängige Eigenkomposition von Carrack, die auch eine gute Single abgegeben hätte.

7. Where Are You Babe (Paul Carrack) 3:58

Es bleibt rhythmisch, aber die tiefen backing vocals rücken den Song mehr in Richtung Pub Rock als in Soulnähe. Der etwas ruhigere Mittelteil wird von einem Saxofonsolo abgelöst, um dann wieder in Refrains überzugehen, die sich wiederholen.

8. You Belong With Me (Paul Carrack) 4:50

Die angejazzten Akkorde im Refrain vermeiden, dass der einfache Pop-Song in die Banalität abgleitet. E-Piano und E-Gitarren legen die Harmonien über die solide Rhythmusgruppe. Gelegentlich gibt es auflockernde Breaks und ein ruhiges Outro lässt den Song ausklingen. Der Refrain bleibt schnell in meinem Kopf.

9. The Rumour (Paul Carrack) 4:15

Bei diesem coolen Shuffle trägt die Orgel den Song und kommt hier erstmals voll zur Geltung. Das Saxofon spielt wieder ein Solo. Carracks Gesang wirkt leicht angestrengt und vermittelt so die LEIDENschaft.

10. Nightbird (Paul Carrack) 4:29

Eine Ballade zum Schluss: Mit dem Titelsong zeigt Carracks Stimme mehr als in den vorigen Songs. Zärtlich und leidenschaftlich setzt er seine Stärken ein: langgezogene Phrasen, Vibrato und freie Melodievariationen, die nicht so erlernt klingen, wie man es in heutigen Castingshows leider immer erleben muss. Es beginnt mit einem weichen E-Piano und der E-Gitarre, dann steigert es sich durch Zunahme von Bass, Schlagzeug und weiteren Instrumenten, sodass der Song an Lautstärke gewinnt. Wenn einen Anspieltipp auf diesem Album gibt, ist es für mich dieser Titelsong.

Die Single

Beauty’s Only Skin Deep war die einzige vorab ausgekoppelte Single aus dem Album. Sie war eine gute Wahl für eine Single, auch wenn sie nicht erfolgreich war.

Die beteiligten Musiker (mit ein paar Querverweisen):

Viele der beteiligten Musiker kamen über die Verbindung zu Roxy Music, mit denen Carrack zuvor getourt hatte.

Paul Carrack: lead & backing vocals, keyboards, guitar
Tim Renwick, Winston Delandro, Neil Hubbard: guitars
Alan Spenner, Kuma Harada: bass
Richard Bailey, Andy Newmark, Jeff Seopardie: drums
Neville Murray: percussion
Mel Collins, Martin Drover, Malcolm Griffiths, Guy Barker: horns
Dyan Birch, Bam King, Noel McCalla: backing vocals

Produziert wurde das Album von Paul Carrack, dem Tontechniker Phil Brown und Allan Callan (1, 6, 7). Aufgenommen wurde es im Januar und Februar 1980 bei R. G. Jones und in den Basing Street Studios.

Das Cover

Ein grauer Wohnwagen (oder ein Minihaus) steht auf einem grauen Feld und im Hintergrund sind grau rauchende Fabriken zu sehen. Auf dem Fenster des Wohnwagen ist in bunt ein Mann mit Hütchen in einer Hängematte zu sehen. Wer einen Zusammenhang mit dem Albumtitel Nightbirderkennt, darf sich gerne bei mir melden.

Die Kritik

Mit seinem ersten Soloalbum legt Carrack die Blaupause seiner folgenden Alben hin. Es sind überwiegend Midtempo-Songs mit Soul-Touch (blue-eyed soul) und Pub-Rock-Elemente. Textlich dreht es sich meist um Liebe; alleine drei Songs tragen schon das Wort ?love? im Titel. Die Musik ist handgemacht, was später nur bei den 80er-Jahre-Alben One Good Reason und Groove Approved durchbrochen wurde. Es sind keine Hits auf dem Album und auch keine Songs, die auffällig herausstechen. Mag man diese Musik, so kann das Album gut durchgehört werden. Auch bei den Folgealben wird man dann nicht überrascht und höchstens enttäuscht, wenn man etwas Neues erwartet.

Carracks Markenzeichen ist zum Einen sein Orgelspiel, das auf Nightbird nicht so auffällig ist ? und zum Anderen seine Stimme. Er hat einen Soul-Touch, wie beispielsweise auch Daryl Hall (Hall & Oates), aber Carrack klingt weicher und einschmeichelnder. Es ist keine schwarze Stimme, aber es geht in die Richtung. Bei Nightbirdkann man noch eine leichte Zögerlichkeit im Gesang hören, die aber nur im direkten Vergleich zu späteren Alben auffällt, ähnlich wie bei Phil Collins, der in den 80er Jahren auch immer sicherer und ausdrucksstärker wurde.

Die Folgen

Nach dem Album war er 1981 zwischenzeitlich Keyboarder für die Band Squeeze, deren größten Hit Tempted er auch sang und den er immer noch im Liverepertoire hat. Nach einem Jahr verließ er Squeeze wieder, um seine Solokarriere weiterzuverfolgen. Mit Nick Lowe und weiteren Freunden aus der Szene folgte 1982 sein zweites Soloalbum Suburban Voodoo, das mehr in Richtung Pub Rock ging.

Sein Orgelspiel und seine Stimme hatte man wohl nur in der Musikerszene erkannt. Das Publikum erfasste es noch nicht in dem Maße, sonst hätte er mehr Erfolg gehabt, zumal seine Musik gut zugänglich und ansprechend ist.

Später arbeitete er mit Carlene Carter, Roger Waters, Eric Clapton, Ringo Starr, Elton John und vielen anderen zusammen, vor allem mit Mike & The Mechanics. Und auch bei den Mechanics sang er die größten Hits.

Autor: Peter Musto

 

Anmerkungen:

Viele Informationen stammen aus Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Paul_Carrack
(*) Die Laufzeiten sind von meiner CD entnommen. Bei Wikipedia werden abweichende Zeiten angegeben.