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Nick Magnus – n’monix – CD Rezension

Nach Children Of Another God präsentiert der frühere Keyboarder von Steve Hackett, Nick Magnus, ein neues Soloalbum und hat wieder interessante musikalische Gäste.

 

Children Of Another God war nicht mein erstes Album von Nick Magnus. Aber anders als Inhaling Green, das mir durch Zufall in die Hände gefallen war, gefiel mir Nicks CD von 2010 nicht nur teilweise, sondern insgesamt. Infolge meiner Begeisterung besorgte ich mir auch seine anderen Solo-CDs (was zum Teil gar nicht so leicht war). Und als ich vor kurzem mitbekam, dass ein neues Album erscheinen sollte, war ich natürlich gespannt.

Zu Nicks musikalischer Vergangenheit (vor allem als Keyboarder von 1978 bis 1989 in Steve Hacketts Band auf den 12 Alben von Spectral Mornings bis Feedback 86) möchte ich hier nichts mehr schreiben, sondern insofern auf meine Rezension des Vorgängeralbums verweisen.

Und noch eins: Wenn ich im Folgenden Instrumente benenne, ist dies – bis auf wenige Ausnahmen – ungenau bzw. falsch: Sie klingen zwar wie echte Instrumente, aber zumeist sind sie lediglich digitale Reproduktionen. Manchmal hört man es bei sehr genauem Hinhören, manchmal noch nicht einmal dann.

 

01. Time (6:23)

Kreischende E-Gitarren zur Eröffnung – ist das wirklich das Solo-Album eines Keyboarders? Aber nach Children Of Another God überrascht mich das bei Nick Magnus nicht wirklich. Und zur Beruhigung für alle Tastenfans: Man hört auf der ganzen CD noch genügend Mellotron- und Orgelklänge. Aber eben auch jede Menge Gitarren und Bässe, mal treibend, mal melodisch. Sehr gekonnt, sehr rockig – man merkt Nicks musikalische Begabung und Erfahrung.

Inhaltlich geht es um die Zeit, die alles erschafft, aber auch alles verschlingt: All time creates, time will devour. Tony Patterson (ReGenesis) steuert den Gesang bei.

Ziemlich plötzlich – nach einem erneuten Aufschrei der E-Gitarren – endet das Stück.

 

02. Memory (5:24)

Schnitt. Eine langsame, aber harte Percussion hat plötzlich das Sagen, aber auch sie verschwindet. Es bleiben nur Streicher, dann setzt eine Melodie ein, die später von Kate Fabers hellem Sopran übernommen wird; das Ganze könnte Musik zu Der Herr der Ringe sein. Sehr stimmungsvoll und geschickt orchestriert. Dann kehrt die harte Percussion vom Anfang zurück und leitet den monumentalen Schlusspart ein: ein vielstimmiger Chor (oder was auch immer) übernimmt die letzte Strophe. Dabei wird das Moment „Zeit“ geschickt durch ein tickendes Uhrwerk symbolisiert, das den Rhythmus zusätzlich akzentuiert.

Inhaltlich geht es um die Erinnerung, „die Schwester der Zeit“. Ich persönlich empfinde Kates Stimme allerdings als suboptimal; mir hätte ein Timbre à la Dawn Upshaw besser gefallen.

Einen ersten Eindruck kann man hier gewinnen: Nick Magnus & Kate Faber im Studio

 

03. Kombat Kid (6:28)

Auch im nächsten Stück geht es zunächst etwas ruhiger zu. Die aber nun deutlich hellere Stimmung erinnert etwas an die Einleitung von Star Trek: Deep Space Nine, was an den sphärischen Streichern und der strahlenden Solotrompete liegen dürfte. Dann leiten die Streicher einen Marsch ein, der kurz darauf vom Schlagzeug begleitet wird; Bläser spielen unheilschwangere Fanfaren. Alles übrigens ganz erstklassig orchestriert, so dass es nicht künstlich klingt. Plötzlich deutet eine rockige Überleitung jedoch an, dass der Kern dieses Stücks etwas anderes ist: eine Rockballade, gesungen von Tony Patterson. Zwischendurch immer wieder Einschübe, Synkopen, Rhythmuswechsel. Später wieder ruhige Passsagen und Mellotronklänge. Und zum Abschluss eine gut gemachte Soundcollage. Das ist das, was Progfans erwarten.

Das Thema: die Abhängigkeit eines Kinds von einem blutigen Videospiel.

Mehr wird nicht verraten.

04. Headcase (3:49)

Es folgt ein Stück, das auf der Basis eines funkigen E-Pianos eher dem Bereich AOR zuzuordnen ist und auf einem Toto-Album nicht negativ auffallen würde, natürlich mit einem entsprechenden Synthesizersolo. Hier singt Nick übrigens selbst, und das gar nicht mal schlecht.

Das immer wiederkehrende Zeile Old People From Texas Eat Spiders ist übrigens eine Lernhilfe für Anatomiestudenten, die sich die Schädelknochen einprägen möchten.

 

05. Eminent Victorians (7:01)

Eine Jahrmarktsorgel leitet den nächsten Song ein, in dem im Rahmen eines Kuriositätenkabinetts Berühmtheiten des viktorianischen Zeitalters präsentiert werden. Dann jedoch schweift der Blick hinter die Kulissen mit „unschönen Details“ wie Kinderarbeit. Die Präsentation übernimmt Pete Hicks, früher Sänger bei Steve Hackett; seine Stimme erinnert mich manchmal ein wenig an die von Rodger Hodgson (Supertramp).

 

06. Broken (8:05)

Szenenwechsel. Gesang mit sehr atmosphärischer Begleitung steht am Anfang einer gefühlvollen, langsamen Ballade, die an George Michaels beste Momente herankommt. Schön und traurig, sich langsam steigernd. Tim Bowness (u.a. No-Man mit Steven Wilson) macht seine Sache als Sänger sehr gut.

Aber damit nicht genug: Ein fabelhaftes Sopransaxophonsolo von Rob Townsend (u.a. Steve Hackett Band), der auf diesem Stück auch Flöte spielt, gibt diesem zusätzlich einen leicht jazzigen Anstrich. Nach einer weiteren Strophe mit doch recht resignativem Text scheint alles vorbei. Doch dann folgt noch ein „Gitarrensolo“, gewissermaßen als Vorspiel zu einem weiteren, nicht minder beeindruckenden zweiten Saxophonsolo von Rob Townsend. Auch auf diesem Track ist Steve Hackett beschäftigt, arbeitet allerdings mehr im Hintergrund.

Einen kleinen Eindruck davon kann man sich hier verschaffen: Nick Magnus & Rob Townsend

 

07. Shadowland (2:51)

Hier zeigt Steve Hackett, begleitet lediglich von atmosphärischen Chorklängen, was er klanglich aus seiner E-Gitarre rausholen kann. Mehr will ich dazu nicht schreiben, denn man kann sich das Ganze anhören: Nick Magnus – Shadowland (featuring Steve Hackett). 

 

08. Entropy (6:46)

Ein E-Piano setzt ein, gefolgt von Synthesizerakkorden à la Banks oder Hackett, die das Herz jedes Proggers höher schlagen lassen – die Einleitung für eine weitere Ballade. All that can be, has been – all that can be, will be. Eine Art Finale, gesungen von James Reeves, unspektakulär, kontemplativ, schön. Das abschließende „Gitarrensolo“ erinnert ein wenig an das von Steve auf „Spectral Mornings“.

Hier allerdings doch noch etwas Kritik: Textlich mag das Stück gut als Finale geeignet sein, und musikalisch ist es zweifellos schön. Dennoch gehört es meines Erachtens zu den schwächeren Stücken des Albums, so dass es als Ausklang der CD nicht optimal ist. Eine Lösung wäre vielleicht gewesen, das „Gitarrensolo“ zum Ausklang von Steve spielen zu lassen?! Aber das ist Meckern auf hohem Niveau.

 

Ist n’monix ein Prog-Album? Nein bzw. nicht nur. Es wandelt zwar auf Progpfaden, nimmt sich aber auch die Freiheit, diese mitunter zu verlassen. Dadurch wirkt vielleicht etwas uneinheitlich. Aber das bedeutet nicht, dass es beliebig ist. Hört man sich Nicks 5 Soloalben an (was ich zum Glück seit kurzem kann), merkt man: Das alles ist Nick. Er ist äußerst vielseitig und lässt sich weder einengen noch festlegen: Er liebt Progrock, hat aber auch einen Hang zum Atmosphärischen und zur Filmmusik. Dass er all das im Wesentlichen im Alleingang (laut Booklet ist er zuständig für „keyboards, synthesisers, occasional vocals, engineering, production“; auch die Kompositionen und Arrangements stammen sämtlich von ihm) umsetzen kann, stellt er hier eindrucksvoll unter Beweis. Außerdem kann das Mischen verschiedenster Stile ja ein Merkmal des Progressive Rock sein…

nmonixJedenfalls ist es für meinen Geschmack sehr gute und durchaus anspruchsvolle Musik, und das ist ja schon eine ganze Menge. Schon auf Children Of Another God hatte Magnus bewiesen, dass er ein guter Komponist ist; wie beim Vorgängeralbum setzt er Dick Fosters Texte kongenial um. Er arrangiert und instrumentiert sehr geschickt; neu (und ebenfalls sehr gekonnt) ist der Einsatz des virtuellen Orchesters. Magnus soll zwei Jahre an diesem Album gearbeitet haben. In der Tat hat er es sich nicht einfach gemacht: Er ist detailverliebt im positiven Sinne des Wortes; man höre sich nur mal an, wie geschickt und vielseitig er den „E-Bass“ einsetzt.

In diesem Zusammenhang ein Hinweis an alle, die von Tony Banks späteren Soloalben „geschädigt“ sind: Wie bei Children Of Another God merkt man auch auf n’monix nicht, dass hier im Wesentlichen nur ein Keyboarder am Werke war; das Album klingt wirklich lebendig.

 

Ist n’monix ein Konzeptalbum? Das würde ich nicht unterschreiben, aber es hat einen „roten Faden“: Letztlich geht es in allen Songs irgendwie um Zeit und Erinnerung („zufälligerweise“ sind das auch die Titel der ersten beiden Tracks).

Ein paar Worte noch zum Booklet: Es ist nicht (wie bei manchen Produktionen) verspielt, sondern angenehm klar gegliedert und ansprechend: Jedes Stück hat grundsätzlich eine Seite für sich, auf dem der Text (sofern vorhanden) zu lesen und ein dazu passendes Bild abgedruckt ist. Darüber hinaus gibt es Fotos sämtlicher „Akteure“ sowie die Thematik unterstützende Informationen und Grafiken. Alles sowohl informativ als auch graphisch ansprechend. Insgesamt gefällt mir das „Art Work“ deutlich besser als bei der CD zuvor.

 

Mein Fazit: Ich kann dieses Album nur wärmstes empfehlen. Manches spricht einen unmittelbar an, manches zündet erst beim zweiten oder dritten Hördurchgang. Und es erhöht den Genuss, wenn man sich dann noch mit den Texten auseinandersetzt.

 

Autor: Martin Brilla

 

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