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Nick D’Virgilio – Rewiring Genesís – Das Interview zum Lamb-Projekt

Im Herbst 2008 überraschte Nick D’Virgilio mit einer eigenen Version des legendären Genesis-Albums The Lamb Lies Down On Broadway. Martin Klinkhardt konnte das Projekt mit Nick diskutieren.

 

it: Eine neue Version von The Lamb Lies Down On Broadway vorzubereiten dauert wahrscheinlich eine ganze Weile. Wann habt ihr angefangen mit der Arbeit an Rewiring Genesis?

Nick: Vor gut einem Jahr waren Mark und ich … Er lebt in Nashville, Tennessee, gut 3000 km von Los Angeles entfernt. Wir fuhren dorthin, um ein Aufnahmen für ein anderes Projekt zu machen. Nachdem das dann fertig war, wollte er The Colony Of Slippermen aufnehmen. Das hat das Ganze dann ausgelöst. Das Stück lag dann eine ganze Weile in der Schublade herum, bis wir uns sagten: „Warum versuchen wir nicht, das ganze Ding einzuspielen?“ Der Song lag also gut ein halbes Jahr herum, bevor wir uns an den Rest des Albums gemacht haben. Mark [Hornsby] und John Hinchey, der die Arrangements für die Bläser und Streicher gemacht hat, hatten aber schon das ganze Album erkundet, bevor wir überhaupt angefangen hatten. Das war eine große Hilfe, denn sie hatten die ganze Musik in Noten gefasst und so lag sie schon bereit, bis wir sie dann brauchten.

it: Warum habt ihr gerade mit The Colony Of Slippermen angefangen? Warum nicht mit einem Klassiker wie etwa In The Cage?

Nick: Das war Marks Idee. Wir waren auf dieser Musikermesse. Er ist ja aus Nashville, das heißt, dass er viel mit countrynaher Musik arbeitet. Er hatte die verrückte Idee, dieses Stück – eines seiner Lieblingsstücke auf The Lamb – aufzunehmen, aber eine Countryversion daraus zu machen. Das war seine Idee, weil das Stück ja zu den verrückteren auf dem Album zählt. Als wir uns dann mit den Musikern darangemacht haben, kam eben diese Fassung heraus – aus einer Schnapsidee heraus: Wie klingt es, wenn wir es mal so probieren? Und so kam das dann.

it: Manche Künstler, die einen Tribute-Song aufnehmen, dekonstruieren das Stück. Andere, wie zum Beispiel The Musical Box, bemühen, sich, so nah wie möglich am Original zu bleiben. Wie seid ihr an eure Neuinterpretation herangegangen?

Nick: Wir haben einfach angefangen, eine Jam-Session zu dem Stück zu machen, um herauszufinden, wie das wirkt. Die Musiker … eigentlich hatte nur Don [Carr] , der Gitarrist, das Stück vorher schonmal gehört – beziehungsweise überhaupt etwas von Genesis. Der Bassist [Dave Martin] kannte Genesis natürlich, aber nicht dieses Album. Er ist damit eben nicht groß geworden, so wie wir. Unserem Keyboarder Jeff [Taylor] ging es genauso. Und das machte dann richtig Spaß. Wir hörten uns das Stück ein paarmal an, dann nahmen sie sich die Notenblätter und wir fingen einfach an zu spielen. Sie gaben dem Ganzen eine ganz neue, frische Note, einfach weil sie das Stück noch nie gespielt hatten. Und sie sind unheimlich gute Musiker, die ihre Instrumente bestens beherrschen. Als wir anfingen zu improvisieren, wuchs das Stück wie von selbst.

Nick

it: Du hast eben gesagt, dass die Musiker das Stück nicht kannten – vermutlich weil sie eher aus der Country-Ecke kommen. Was halten sie von dem Album?

Nick: Sie fanden es merkwürdig. So, wie die Musik geschrieben ist – also, es ist ja immer noch Musik, und wenn man sich richtig tief hineinarbeitet, ist die Anordnung der Akkorde eigentlich ganz normal. Also so ganz abgedreht ist es nicht. Beim Improvisieren meinten sie dann recht schnell „Hey, das klingt gut!“ Es ist nicht ganz so seltsam wie es wirkt, wenn man sich das Album anhört. Wenn man die Musik auf Bass, Schlagzeug und Gitarre reduziert, ist es lange nicht so verrückt wie es klingt, wenn am Ende alle Instrumente zusammenkommen.

it: Aber das Endergebnis ist ja schon recht verrückt.

Nick: Und wie!

it: Dass ein Musiker einen Song covert, ist ja nun nichts Neues. Aber ein ganzes Album neu einzuspielen ist doch eher ungewöhnlich.

Nick: Absolut! Wie gesagt, geplant hatten wir das nicht. Wir hatten einen Song mal so zum Spaß aufgenommen, weil wir zufällig gerade alle gemeinsam im Studio waren. Als dann die Streicher und die Bläser dazukamen und das Stück am Ende komplett war, hörten wir es uns an und meinten: „Das klingt … großartig!“ Das Akkordeon beispielsweise das Solo spielen zu lassen war wahnsinnig komisch, das hat uns alle zum Grinsen gebracht, vor allem uns alte Genesisfans. An so etwas hatte vorher noch niemand gedacht. Erst als der Song aufgenommen und abgemischt war, kam der Gedanke auf, ob wir das ganze Album so aufnehmen könnten. Wir waren uns nicht sicher, ob das klappen würde oder nicht. Aber dann sprachen wir mit John, der die Streicher und Bläser arrangiert hat, und er sagte: „Ich glaube, wir könnten da was zusammenbekommen.“ Und dann sagte unser Gitarrist Don: „Lass es uns versuchen!“ Und dann fingen alle Leute an und stellten ihre Zeit zur Verfügung und machten alles viel günstiger als normal. Dave Martin, unserm Bassist, gehört auch das Studio, und er stellte es uns zur Verfügung und meinte, zahlen könnte man später. Alle hängten sich richtig in dieses irre Projekt rein – einfach so! [lacht] Weil dieser eine Song so toll geworden war und ein besonderes Gefühl dabei rüberkam, beschlossen wir es zu versuchen. Eine verrückte Idee.

it: Warum The Lamb? Auf Spock’s Beard V nennst du Selling England als eines deiner Lieblingsalbum. Einfach nur, weil ihr zufällig The Colony Of Slippermen aufgenommen habt?

Nick: Ich glaube, das ist wirklich der einzige Grund. Es ist das Konzept, die Geschichte, nicht wahr, den gleichen Sound allen Songs zu verpassen, oder wenigstens den meisten. Es war ja schon ein zusammenhängendes Werk, wie das Album klingt. Bei Selling Englandwäre es wohl anders gewesen, weil darauf ja eine Folge von unzusammenhängenden Stücken enthalten ist.

it: Du coverst ja nicht zum ersten Mal etwas von The Lamb. 1994 hast du The Lamb ja schon einmal gespielt, mit dem inzwischen verstorbenen Kevin Gilbert. Wieviel verdankt Rewiring Genesis jenem Auftritt damals?

Nick: Eigentlich nicht besonders viel. 1994 war es Kevins Idee; es war übrigens mein erstes Konzert mit Kevin zusammen. Genesis war meine Lieblingsband und Phil mein Lieblingsschlagzeuger. Ich konnte die ganzen Sachen in- und auswendig. Da war es ganz einfach für mich, einzuspringen und die Sachen zu spielen. Dieses Projekt hier haben wir aus Spaß gemacht, ohne Plan. Es hat uns selbst überrascht.

it:Diese ganzen Stücke in- und auswendig zu kennen ist ziemlich beeindruckend. Phil selbst hatte ja ein paar Probleme, als er in Genf The Musical Box mit der Coverband The Musical Box spielte.

Nick: Ja, aber das ist auch wirklich nicht einfach. Als diese Stücke aufgenommen wurden, war er ein junger Spund, und damals war er zumindest in meinen Augen einer der besten Schlagzeuger der Welt. Er spielte eine Menge richtig schwieriger Sachen. In einem Interview hat er mal gesagt, dass er selbst nicht wisse, wie er manche Dinge spiele. Er hat sie einfach gespielt und so sind sie dann geworden. Diese kniffligen Sachen nach einem Vierteljahrhundert wieder zu spielen, wenn man sich jahrelang nicht mit ihnen beschäftigt hat, ist sehr schwierig. Gerade auf The Musical Box gibt es ein paar richtig schwierige, sehr schnelle und technisch anspruchsvolle Teile …

it: Ist es ähnlich schwer, sich in den Schlagzeugstil eines anderen Drummers einzufühlen?

Nick: Mir ist es nicht so schwer gefallen wegen der langen Zeitdauer. Phil hatte so einen großen Einfluss darauf, wie ich Schlagzeug spiele – diesen gefühlsmäßigen Teil verstehe ich. Und manche Passagen waren auch nicht so schwer herauszufinden. Es wäre wohl viel schwieriger für mich, manche anderen Stücke aufzuschlüsseln – ein paar alte Nummern von Frank Zappa, die noch durchgeknallter sind als Genesis.

Band

it: „Rewired“ ist ein Ausdruck, der häufig als Gegenteil für „unplugged“ benutzt wird. Bei Rewiring Genesis finden sich aber jede Menge akustischer „Unplugged“-Instrumente. Dann gibt es da noch das Album Rewired von Mike + The Mechanics. Wie seid ihr auf den Namen Rewiring Genesis für dieses Projekt gekommen?

Nick: Ursprünglich wollten wir es Rewired nennen. Der Name ist Mark eingefallen. Wir haben ihn so gewählt, damit den Leuten klar ist: Es geht hier um eine Neubearbeitung, aber nicht notwendigerweise um einen komplett anderen Klang. Das war der Gedanke hinter dem Namen. Mit dem Mechanics-Album hat das allerdings nichts zu tun.

it: In unserem Forum hat jemand geschrieben: „Lamb von Rewiring Genesis ist ein feines Album, tolle Stücke – aber es ist kein Konzeptalbum mehr.“ Was meinst du?

Nick: Es ist bestimmt nicht das Konzept, das ursprünglich dahinter stand; das ist mal klar. Das haben wir auch nicht notwendigerweise angestrebt, denn wir haben es nicht geschrieben, sondern nur aufgenommen. Ich glaube auch nicht, dass wir so nahe an das Konzept herankommen könnten wie Peter Gabriel es mit seiner Geschichte geschafft hat. Die kam ihm vom Herzen, aus seiner Seele heraus, und unser Ansatzpunkt war ein anderer. Aber wir wollten der Geschichte schon treu bleiben mit der Art, wie wir bestimmte Stücke aufgenommen und welche Gefühle wir bestimmten Stücken gegeben haben. Wir haben nicht versucht, sie komplett neu zu erfinden. The Chamber Of 32 Doors ist ziemlich nahe am Original; bei The Ravine und In The Rapids haben wir uns sehr bemüht, das Gefühl zu wahren oder sogar noch zu verstärken. Ich glaube, bei The Light Dies Down On Broadway ist uns das besonders gelungen. Die Soundeffekte und die Streicher haben die Emotionen im Stück nochmal richtig verstärkt, finde ich jedenfalls. Wir haben also ganz sicher darauf geachtet, dem Ganzen treu zu bleiben, aber ganz an das Original kommen wir nicht heran – weil wir es nicht geschrieben haben.

it: Waren manche Stücke schwieriger zu arrangieren als andere?

Nick: Aber sicher! Bei The Waiting Room war es schwierig die beiden Teile zusammenzufügen. Der Anfang mit all diesen Soundeffekten ist die eine Hälfte, und die Musik die andere. Die gilt es zusammenzubringen. Wie Phil Collins den Rhythmus aufbringt und diese ganzen merkwürdigen Sachen, die in der zweiten Hälfte passieren, sind schon seltsam. Riding The Screewar schwierig, besonders für die Hornisten. Der Klarinettist hatte noch nie ein Solo in dieser Taktart gespielt, also spielte er die Musik Note für Note vom Blatt, und er mußte in diesem eigenartigen Takt gewissermaßen dirigiert werden. Das war nicht einfach. In The Cage war ein Monster. Nicht so sehr, was das Spielen angeht. Das Schlagzeugspiel ist technisch anspruchsvoll, aber das war noch das Einfachste, weil ich das Stück kannte und mit ihm groß geworden war. Aber das ganze Stück zu arrangieren, mit den Streichern, die in der Mitte das Solo spielen … Das war insgesamt echt ein Monster. Ich glaube, als wir fertig waren, hatten wir ungefähr 90 Tonspuren. Gewaltig. Wir haben alles separat gehabt und nichts auf den Stereokanälen zusammengefasst. Also alles einzeln, und das machte es zu so einem Monsterstück, als wir damit erstmal fertig waren.

it: Die eher sphärischen Stücke waren doch bestimmt auch nicht einfach …

Nick: Oh ja! Ich glaube, Mark kann Silent Sorrow In Empty Boats überhaupt nicht mehr ausstehen. Er hatte da eine Idee. Er wollte diesen Chorklang, der im Original ja ein Mellotronregister ist, komplett durch Sänger ersetzen. Also nahm er seine Frau Kat [Bowser], die auf dem Album mit mir singt, und ein paar andere Sänger aus Nashville zusammen, und versuchte herauszufinden, wer im Original was spielt, wie lang die Noten sind und welche Akkorde – es gibt da keinen echten Takt, es klingt sehr zufällig im Original. Das war eine echte Herausforderung für ihn.

it: Es war also schwierig, weil musikalisch dort wenig passiert und nur ein paar Klänge durch den Raum wabern …

Nick: Ganz genau. Er mußte die Klänge irgendwie rhythmisch anordnen, damit die Sänger bei der Aufnahme wenigstens ein bißchen Rhythmus hatten, um sich daran zu orientieren. Ohne das hätte es sehr schief geklungen. Gleichzeitig sollte es nach dem Mix aber auch sehr zufällig klingen.

it: Die meisten Musiker auf diesem Album haben vom Blatt gespielt. Haben sie sich das Original vorher mal angehört oder sind sie nur vorbeigekommen, haben ihren Teil gespielt, einen Kaffee getrunken und sind dann wieder gegangen?

Nick: Zum großen Teil war es so. Sie kamen vorbei, hatten das Stück noch nie vorher gehört, hörten es sich fünf oder sechsmal an und nahmen es dann auf. Für mich war das eine richtig coole Sache, denn diese Jungs sind hervorragende Musiker, die sich da mal eben was Neues einfallen lassen. Es war gut, dass sie mit dem Album noch nicht so lange gelebt hatten. So haben sie einen neuen Zugriff, einen frischen Blickwinkel eingebracht, der für das Projekt sehr nützlich war. Vor allem die Hornisten kamen einfach vorbei und machten ihre Arbeit wie immer. Sie kommen eigentlich immer zu irgendwelchen Aufnahmen, ohne die Musik zu kennen, bekommen die Noten, spielen ihren Teil und gehen. So war es eben auch hier, nur dass diesmal die Musik viel anspruchsvoller war.

it: Wie lange habt ihr gebraucht, um das ganze Doppelalbum einzuspielen?

Nick:Slippermen war ja, wie gesagt, schon fertig. Von dem Zeitpunkt an, ab dem wir richtig angefangen haben, waren es siebeneinhalb Wochen. Mark war da sehr engagiert. Wir hatten ein paar lange Aufnahmeblöcke. Der eine dauerte eine Woche, naja, sechs Tage, und einer davor dauerte drei oder vier Tage und war nur für Bass, Schlagzeug und Gitarre. Danach kamen die ganzen Einzelspuraufnahmen, das Abmischen und die anderen Sachen; insgesamt haben wir es in siebeneinhalb Wochen gezwängt. Mehr Zeit wäre schön gewesen, aber wir wollten es veröffentlichen.

it:The Grand Parade Of Lifeless Packaging ist wahrscheinlich das Stück auf The Lamb, bei dem Genesis am mechanischsten klingen, am meisten nach Produktionsstraße. Wie seid ihr darauf gekommen, dieses Stück nur mit Barbershop-Chor und Percussion zu arrangieren?

Nick: Genau, es sind nur Stimmen und Percussion, keine anderen Instrumente. Ich fand, dass sei genau der richtige Song, um das auszuprobieren. Ich saß hier in meinem Studio, bastelte an Sounds, hatte bald die Grundlage für den Song zusammen, und das machte richtig Spaß. Ich setzte mich hin und hörte mir alle Teile immer wieder an und überlegte mir, wie man manche Keyboardklänge und Stimmen darstellen könnte. Als Kat dann ihre Stimme über alles andere legte, fügte sich alles zusammen.

drummer

it: Ein anderes Stück, von dem mir deine Version sehr gefällt, ist Counting Out Time. Besonders wenn die Klarinette einsetzt!

Nick: Das ist nur passiert, weil wir die anderen Musiker dabei hatten und sie ihre Ideen vorgebracht haben. Wir nahmen das also auf, und mitten im Stück meinte unser Bassist David: „Mensch, wenn wir jetzt eine richtige Dixieland-Passage einbauen würden – das wär’s doch!“ Und weil wir alle bereit waren, verrückte Ideen auszuprobieren, meinten wir: „Okay, klingt gut!“ Als wir die Grundlagen aufgenommen haben, hatten wir natürlich noch nicht die Bläser dabei, da waren nur wie vier, also spielten wir so nahe am Dixielandstil wie wir nur konnten. John packte dann die Bläser dazu und dann – wow, dann war es genau so, wie wir uns das gedacht hatten. Das Stück, der Text und die ganze Aura des Stückes geben das auch her. Und das ist das Tolle an vielen Stücken auf dem Album, nämlich wie sie die Musik geschrieben haben. Wenn man sie reduziert auf das Grundlegende, die Form der Akkorde und der Rhythmen, dann ist das ziemlich grooviges R&B-Material. Manche Leute fühlen sich da angegriffen, wenn man die Musik bluesartig nennt, aber das ist sie eben. Wenn man sich da hinein vertieft, passen die Akkorde und so dazu. Das ist so, weil Genesis das Stück so geschrieben haben. Und zu dem Stück passt das richtig gut, finde ich.

it: Manche Leute finden, dass die Musik weniger nach Album klingt als nach einem Soundtrack oder einem Musical. Hast du schon mal daran gedacht, das Werk auf die Bühne zu bringen?

Nick: Habe ich, ja. Jetzt, wo das Album fertig ist, habe ich den Eindruck, dass die Musik in einer solchen Umgebung gut funktionieren würde. Mal schauen, wohin das führt. Ich bin mir nicht sicher, ob wir das wirklich hinbekommen oder nicht, aber lustig wäre es schon.

it: Vielleicht sogar ein Film? Peter Gabriel hat ja schon in den 70ern mit der Idee gespielt. Auf Tour wirst du mit Rewiring Genesis aber wohl eher nicht gehen, oder?

Nick: Dafür gibt es derzeit keine Pläne. Es kommt ziemlich darauf an, wie gut sich das Album verkauft und ob es Nachfrage für so etwas gibt. Ich würde das selbstverständlich machen, keine Frage. Man muß aber einen ordentlichen Batzen Geld in die Hand nehmen, um das durchzuziehen, um es richtig zu machen. Wir könnten natürlich mit Backingtracks arbeiten und keine echten Streicher und Bläser auf der Bühne zu haben, aber das wäre doch nicht so cool.

it:Das wäre dann wohl in der Tat nur der halbe Spaß. Vielleicht ein einmaliges Konzert?

Nick: Das wäre möglich.

it: Habt ihr von Genesis irgendwelche Unterstützung für das Album bekommen?

Nick: Noch nicht. Nächsten Monat bin ich in London, als Vorgruppe für eine andere Band. Ich werde mal sehen, ob ich es dort zu Hit & Run schaffe und herausfinde, was sie davon halten, sich ein wenig zu beteiligen – oder wenigstens ihre Zustimmung signalisieren – dass sie es mögen oder so. Das würde schon helfen. Ich weiß nicht, ob sie das Album schon gehört haben; vielleicht schon, aber ich werde sicherstellen, dass sie alle spätestens nächsten Monat wenigstens ein Exemplar der CD haben.

it:Du hast also noch kein Feedback von ihnen bekommen?

Nick: Nein, von ihnen noch nicht.

it: Warst du 2007 auf ihrer Turn It On Again-Tour?

Nick: Ja, ich habe sie hier in Los Angeles gesehen. Sie konnten das Konzert aber nicht zu Ende bringen, weil es regnete. Davor hatte es monatelang in Los Angeles nicht geregnet, aber an diesem Abend regnete es so stark wie ich es fast noch nie erlebt habe. Meine Frau und ich saßen zusammen, die Leute von Genesis hatten uns Karten besorgt, richtig gute Plätze. Die Hollywood Bowl ist ein schöner Veranstaltungsort, richtig cool. Wir saßen nahe an der Bühne und verfolgten diese großartige Show, und es regnete wie aus Eimern – so stark, dass wir wirklich nass bis auf die Haut waren. Das ganze Publikum. Wahnsinn.

it:Wer hat eigentlich das Cover für Rewiring Genesis entwickelt? Bist du damit zufrieden?

Nick: Das war der Fotograf. Er hat die Fotos gemacht und auch das Design der CD. Wir haben ihm in etwa den Kern der Handlung erzählt und das Konzept hinter dem Album. Wir wollten ein Cover … das Original konnten wir nicht nehmen, das wäre illegal gewesen. Aber wir wollten von ihm etwas ähnliches haben, mit Tafeln. Auf der Vorderseite der ursprünglichen Platte sind ja diese drei Tafeln; die haben schon Ausstrahlung. Wir erzählten ihm die Geschichte und die Sache mit der gespaltenen Persönlichkeit. Also schminkten wir mich und präsentierten das dann als die verrückte Seite. Das war seine Version vom Ganzen.

it: Eine freche Frage – worum geht es in The Lamb?

Nick: Das ist offenkundig eine von Peter Gabriels merkwürdigen Visionen. Es geht um diesen Typen, der sich selbst finden will. Er hat eine gespaltene Persönlichkeit, durchläuft dieses ganze Abenteuer und glaubt dabei, dass er seinen Bruder John zu retten versucht. Dabei versucht er doch eigentlich, sich selbst vor seinen Ausschweifungen und seinen eigenen Abenteuern zu retten.

it: Auf welchen Song bist du richtig stolz und zufrieden?

Nick: Eine ganze Reihe. Ich bin sehr glücklich damit, wie Slippermen geworden ist – der Grund, aus dem wir dieses ganze Projekt gemacht haben. Das war etwas ganz Besonderes. Mir gefällt auch, wie Fly On A Windshield ist und auch die Broadway Melody. Broadway Melodyhat mir am meisten Spaß gemacht auf diesem Album zu singen. Es hat eine der schönsten Gesangsmelodien aller Zeiten. Das sind zwei große Highlights für mich. Hairless Heart ist hinreißend geworden, sehr schlicht: nur das Klavier und jazzartiges Schlagzeug. Das ist einfach wunderschön, finde ich. Dann …. Counting Out Time und The Chamber Of 32 Doors sind echte Glanzstücke. Die Gitarre auf The Supernatural Anaesthetist… so viele Stücke!

it: Hast du das neue Boxset mit The Lamb Lies Down On Broadway schon?

Nick: Noch nicht. Ich hoffe, dass es mir der Weihnachtsmann bringt. Mark hat die Box schon; er meint, sie klingt unglaublich.

it: Du sagtest ja schon, dass du mit Rewiring Genesis voraussichtlich nicht auf Tournee gehen wirst. Wie beeinflußt das Projekt die Zukunft von Spock’s Beard?

Nick: Spock’s Beard machen weiter ihr Ding. Wir sind in einer sehr frühen Phase eines neuen Albums. Rewiring Genesis hat darauf keinen Einfluss.

it: Ganz herzlichen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.

Nick: Es war mir ein Vergnügen.

Interview + Übersetzung: Martin Klinkhardt