- Artikel
- Lesezeit ca. 3 Minuten
Nad Sylvan – Vampirate Trilogie – Epilog
In einem Epilog resümiert Ole Uhtenwoldt das Gesamtwerk der Vampirate Trilogie. Was sticht heraus, was ist bemerkenswert? Lest es selbst …
Nun hat die Reise, auf die die Trilogie den Hörer geschickt hat, viele Impressionen hinterlassen…alle Alben hinterlassen einen bleibenden Eindruck, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise.
Zunächst bleibt die Vielseitigkeit hängen, die in jedem Stück spürbar ist. Trotz einiger herausragender Einzeltracks, wie I Am The Sea, Ship’s Cat oder The Quartermaster, sind diese vor allem im Verbund stark. Kein Song beansprucht eine besondere Rolle für sich, sie stehen im Kollektiv und spielen die gesamte Stärke im musikalischen Kontext des Albums aus. Selbst bei einem Longtrack wie To Turn The Other Side hat man nicht das Gefühl, das Album wird von diesem eingenommen oder darauf reduziert, sondern sieht ihn wie jeden anderen als Teil der Geschichte. Dies gilt auch für die etwas chaotische Songs wie The White Crown oder Meet Your Maker. Durch die neuen Stile und Klänge, die die Trilogie nach und nach durchläuft, wird die Thematik vorangetrieben und ein paar wiederkehrende Leitmotive machen das ganze zusätzlich organischer. Die Alben funktionieren unabhängig und eigenständig voneinander, sind aber verschiedenen genug, um dennoch einen hervorragenden Dreiklang zu bilden. Exemplarisch repräsentieren die drei Titeltracks ihre jeweiligen Alben sehr gut und fassen sie quasi in Kurzform zusammen.
Die Story ist relativ abstrakt und überlässt viel der individuellen Interpretation des Hörers. Mit Ausnahme seiner Hymne Crime Of Passion wird der Vampirate nie wörtlich erwähnt und Nad gestaltet es durchaus anspruchsvoll für den Hörer, dem Geschehen zu folgen – so bleibt die Handlung oft im Verborgenen. Genau das aber wollte er auch erreichen: der Deutung alle Möglichkeiten offen zu lassen, sodass jeder für sich selbst den Sinn hinter der Story sieht. Auch wenn das auch auf andere Konzeptalben zutrifft, ist die Handlung etwa von The Lamb Lies Down On Broadway deutlicher und folgt eher einem klassischen Plot. Näher liegt vielleicht der Vergleich mit dem 2013 erscheinendem Dimensionaut des von Simon Collins und Dave Kerzner derigierten Projekts Sound Of Contact. Hier ist die Story ähnlich verhüllt und überlässt viel der eigenen Fantasie. (Tatsächlich hatte Nad bereits vor den Aufnahmen zu Genesis Revisited II eine Version von The Chamber Of 32 Doors für Kerzner aufgenommen, der auf Nads Stimme aufmerksam geworden war. Zu einer Zusammenarbeit kam es (leider) nicht. Winfried Völklein (WiV Entertainment / Night Of The Prog) gab Steve Hackett 2012 den Tip, sich Nad Sylvan als möglichen Sänger für eine mögliche Tour mit Genesis-Material anzuhören. Der Rest ist Geschichte …
Erstaunlicherweise hat man auch den Eindruck einer gewissen Studio-Atmosphäre, als sei die Crew über die Alben zu einer Band zusammengewachsen – keine üble Bilanz, wenn man bedenkt, dass viele Teile der Musik von ganz unterschiedlichen Orten aus eingespielt wurden und Nad diese dann gemixt hat. Und Nads Stimme und deren verschiedene Klangfarben entwickeln sich über die Zeit und ist ein entscheidender Faktor, der die Alben trägt.
Die Kompositionen als solche machen Spaß und es ist eine ähnliche hohe Komplexität (auch in Arrangement und Instrumentierung) erkennbar, wie bei vielen älteren Genesis-Stücken. Es funktioniert auch ohne ständige Tempo- und Taktwechsel, nervöse 32tel-Fills oder nahezu unendlich ineinander verschachtelte Teile – obwohl The White Crown letzteres gut hinbekommt. Das spricht wiederum dafür, wie bunt und verschieden doch alles ist, was aus Richtung des Genesis-Lagers kommt, das einen wahnsinnig abwechslungsreichen Output zu bieten hat.
Nad selbst ist zurecht stolz auf alle drei Alben und darauf, dass keines wie das andere klingt. Sie nehmen den Hörer mit auf eine Reise und genau das ist es ja, was man von einem Album erwartet. Die Initialzündung war das Artwork der Braut, angefertigt von Marcela Bolivar; von diesem Ursprung aus wurde das Konzept immer weiterentwickelt, bis die Dreiteiligkeit feststand. Für die Aufnahmen hatte Nad eine große Fülle an Material zur Auswahl, aus dem er die seiner Meinung nach besten Ideen herausgefiltert hat – dies scheint ihm gelungen zu sein.
Und vielleicht kehrt der Vampirate zurück … die Türen dafür stehen offen.
Autor: Ole Uhtenwoldt
https://www.loudersound.com/news/nad-sylvan-on-birth-of-the-vampirate
https://rockshotmagazine.com/interview-nad-sylvan-vampirate/?doing_wp_cron=1561807602.8871939182281494140625
https://www.nadsylvan.com/the-bride-said-no
https://www.nadsylvan.com/courting-the-widow-2015
https://www.nadsylvan.com/bio
Booklet „Courting The Widow
Booklet „The Bride Said No“
Info-Text „The Regal Bastard“
E-Mail-Korrespondenz mit Nad Sylvan