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Mike + The Mechanics live – Imst (Österreich), 8.7.1995 – Konzertbericht
Im Rahmen der Beggar On A Beach Of Gold Tour spielten die Mechanics erstmals in Imst (Österreich).
Am Samstag, dem 8. Juli 1995, fand in einer imposanten Umgebung auf dem Stadtplatz in Imst, Tirol, vor gut 4000 Zuschauern ein Konzertereignis der Superlative statt.
Nicht nur, dass es sich um den ersten (mir bekannten) Auftritt eines Genesis-Mitglieds in West-Österreich handelte – hinzu kam noch, dass als zweiter Act Toto, eine Band, die wohl nicht weiter vorzustellen ist und vor allem in Musikerkreisen höchstes Ansehen genießt, engagiert wurde. Die Mechanics, bestehend aus dem kraftvoll aufspielenden Gary Wallis, der für den rhythmischen Rückhalt sorgte, Tim Renwick, welcher durch sein technisch hervorragendes, quirliges Gitarrenspiel begeisterte, Paul Young, der es ausgezeichnet verstand, das Publikum mitzureißen und dem eine Klasse für sich darstellenden Paul Carrack sowie natürlich Mike Rutherford, boten einen über weite Bereiche hinweg fulminanten Auftritt. Der Set setzte sich aus A Beggar On A Beach Of Gold, Another Cup Of Coffee, Get Up, Silent Running, Plain & Simple, Over My Shoulder, Web Of Lies, The Living Years, Word Of Mouth und All I Need Is A Miraclezusammen, wobei ich vor allem das wechselhaft-ambivalente überaus intensive Plain & Simple und das sehr stimmungsvolle halbakustische Silent Running positiv hervorheben möchte. Bezeichnend die Reaktion des Publikums: Während der Bekanntheitsgrad von Mike & The Mechanics immer noch recht dürftig ist, lösten doch die meisten der Songs einen Wiedererkennungseffekt aus und wurden mit frenetischem Beifall honoriert. Als einziger, dafür aber um so augenscheinlicherer Wermutstropfen entpuppte sich – wie schon in Offenbach und noch mehr in St.Gallen, Schweiz – die sehr kurze Gesamtspieldauer von weniger als 1 1/2Stunden – für mich völlig unverständlich angesichts des reichhaltigen Repertoires an live-tauglichen Songs (insbesonders auf den ersten beiden Alben) und für einen Fan um so schmerzhafter, da dies zwangsläufig auf Kosten der etwas längeren, anspruchsvolleren Titel geht – die Hits müssen der Masse ja auf jeden Fall präsentiert werden. In der Folge bewiesen Toto mit ihrem Auftritt, dass sie nicht nur exzellente Studiomusiker sind, sondern auch live vor allem in den längeren Instrumentalpassagen einiges zu bieten haben. Eine besondere Überraschung erlebten wir am Ende des Toto-Konzertes: Als Sänger/Gitarrist Steve Lukather, selber in jungen Jahren glühender Verehrer von Genesis und deren Alben Foxtrotund Selling England By The Pound,den Hit Hold The Line als letzte Zugabe ansagte, erschien auf der Bühne niemand Geringerer als Mike Rutherford, begleitet von Paul Young. lm Laufe des Songs wurde Mike mehrfach aufgefordert, das Mikrofon zu ergreifen und den Refrain zu singen, was selbiger in typisch englischer Zurückhaltung dankend ablehnte. Für ihn sprang Paul Young in die Bresche, der den Job gewohnt souverän meisterte.
Alles in allem ein denkwürdiger Abend, der zum einen einmal mehr bewies, dass die Stars von den Mechanics und Toto einige der wenigen sind, die heute noch das Prädikat „Musiker“ verdienen, zum anderen, dass da Personen am Werk waren, die sich blendend verstanden und gemeinsam viel Spaß an der Sache hatten. Nur ein wenig mehr (von den Mechanics) hätte es halt sein können – aber offensichtlich werden rockmusikalische Delikatessen- wie auch in guten, ausgesuchten Restaurants üblich – nur in spärlichen Mengen serviert.
Autor: Josef Lercher