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Mike + The Mechanics – Batschkapp, Frankfurt (21.09.2016) – Konzertbericht
Im September 2016 kamen Mike + The Mechanics für eine Clubtour nach Deutschland. Steffen Gerlach hat die Show in der neuen Frankfurter Batschkapp besucht und schildert seine Eindrücke.
Manchmal fällt es schwer, Konzertberichte zu schreiben. Warum? In diesem Falle ist es das Gefühl, nicht wirklich etwas „Neues“ schreiben zu können. Es müssen so ca. fünf besuchte Konzerte seit der Wiederbelebung der Mechanics im Jahr 2011 gewesen sein, die für mich den Schluss zulassen, dass ich wirklich essentielle Unterschiede der Shows nicht wirklich wahrnehmen kann und sich ein Konzertbericht eher als Wiederholung bereits geschriebener Konzertberichte lesen würde. Das muss nichts schlechtes bedeuten, denn vorneweg sei gesagt, dass es qualitativ an Mechanics-Konzerten nichts zu meckern gibt. Ich bin sogar auch nach fünf Jahren der Meinung, dass die beiden neuen Frontmänner ein echter Gewinn für die Band sind, die im übrigen, wenn auch mit immer mal wechselnden Drummern, wunderbarst funktioniert. Nach dem Konzert am 21. September 2016 in der (neuen) Frankfurter Batschkapp frage ich mich: funktioniert die Band zu gut? Ist die vermeintlich eindrucksvolle Routine der sechs Akteure auf der Bühne vielleicht doch gar nicht so eindrucksvoll?
Fangen wir von vorne an. Die Frankfurter Batschkapp ist seit einiger Zeit woanders – und um einiges größer. Umso mehr überraschte mich, dass die Location bei einem Ticketpreis von 50€ doch erstaunlich gut gefüllt war. Mikes Konzept, mit „Greatest Hits“ über mehrere Jahre kontinuierlich live Präsenz zu zeigen, ist offensichtlich aufgegangen. Augenzwinkernd meinte er vor der ersten Genesis-Nummer des Abends, dass es wohl mittlerweile Leute gäbe, die gar nicht wissen, dass es eine Band VOR den Mechanics gab. Überrascht war ich auch, dass die Band wie angekündigt wirklich Punkt 20 Uhr die Bühne betrat. Das wiederum passt allerdings zur bereits erwähnten Routine. Ein für mich neues Gesicht war der österreichische Drummer Phillipp „Phil G.“ Groysboeck aus Roachfords Solo-Band, der wie schon zuvor Ben Stone den Haupt-Drummer Gary Wallis vertritt, wenn dieser seine Prioritäten anders setzt. Die Band ist bei bester Spiellaune, was sich auch an diesem Abend auf’s Publikum überträgt, welches für das leicht gehobene Durschnittsalter von geschätzten Mitte 50 doch erstaunlich lange die Hände zum Klatschen in die Höhe halten kann. Das Set dauerte erwartungsgemäß ziemlich genau 95 Minuten. Und die 14 Songs?
Gespielt wurden:
Get Up
Another Cup Of Coffee
A Beggar On A Beach Of Gold
Silent Running
Are You Ready? (neuer Song)
Try To Save Me
Land Of Confusion(Genesis Song)
Let Me Fly (neuer Song)
Cuddly Toy (Roachford Song)
I Can’t Dance (Genesis Song)
The Living Years
All I Need Is A Miracle
Over My Shoulder (Zugabe)
Word of Mouth (Zugabe)
Wenn ich die letzten fünf Jahre überblicke, dürften es mindestens zehn von üblicherweise nicht mehr als 15 Setlist-Songs sein, die eigentlich in jeder Setlist aufgetaucht sind. Sagen wir zwei Drittel der Show sind seit der Wiederbelebung der Mechanics identisch – sieht man mal von Änderungen der Reihenfolge ab. Das verbleibende Drittel ist sozusagen von Jahr zu Jahr variabel, egal wie sich die Tour auch gerade nennen mag. In diesem „Experimentier-Drittel“ haben über diese Zeit erstaunliche 26 weitere gespielte Titel um einen Platz in der Setlist kämpfen müssen. Das ist leider nicht sehr viel Variation für Fans, die regelmäßiger zu den Konzerten gehen und sich veränderte Setlists wünschen. Nichts gegen die 10 „gesetzen“ Songs, unter denen sich ja auch definitiv einige Highlights einer Mechanics-Show ausmachen lassen. Aber über diese Live-Tracks war schon viel zu lesen. Und Mike hat seine Shows schon soweit perfektioniert, dass kaum Ausrutscher zu erwarten sind. Halt, stop! Anthony Drennan hat im „interaktiven“ Mitmachteil von Roachfords Cuddly Toybei „two times“ die Gitarre drei mal angeschlagen, was zu etwas augenzwinkender Empörung bei den Bandkollegen führte. Andere Besondernheiten sind mir keine aufgefallen.
Das „Experimentier-Drittel“ bestand dieses mal lediglich aus drei Songs – zwei bislang noch unveröffentlichten Tracks und dem neu dazu gestoßenen Genesis-Cover von Land Of Confusion.
Are You Ready ist ein brandneuer Song, gesungen von Tim Howar, der auf dem Anfang nächsten Jahres erscheinenden Album Let Me Flyerscheinen soll – eine rockige Midtempo-Nummer mit Mitsing-Refrain und eher ruhigen Strophen-Parts mit typischer Rutherford-Gitarre. Leider klingt die Nummer nicht wirklich außergewöhnlich oder interessant, auch im Vergleich zu anderen, ähnlichen Mechanics-Songs.
Der zweite neue Song ist bereits seit 2015 Teil des Live-Programms und ist – wie von der Band zu erfahren war – der Titelsong des kommenden Albums: Let Me Fly. Die Nummer wird von Roachford gesungen und schwankt zwischen gefühlvoller Ballade und kraftvoller Hymne – recht gefällig und tut keinem weh.
Seit einiger Zeit ist nun auch nun die Genesis-Nummer Land Of Confusionin die Setlist gerutscht und ersetzt somit das zuvor gespielte Turn It On Again. Man hält sich sehr nah am Original und sogar bei den wuchtig abgemischten Drums klingt der Song fast näher an der Studio-Fassung als bei Genesis selbst. Tim Howar ist natürlich bei diesem Track auch die bessere Interpreten-Wahl.
Alles in allem eine perfekt ausgeklügelte Show für „Neukunden“, aber für mich als Kenner und regelmäßigen Konzertbesucher zu routiniert und statisch und zu austauschbar. Die Lockerheit der beiden Frontmänner reisst das aber immer wieder raus. Es stellt sich für mich nur die Frage, wohin die Reise für Mike und seine Mechaniker gehen soll. Nach fünf Jahren mehr oder weniger „Hits“-Tour wäre es durchaus angebracht auch mal etwas mehr zu riskieren. Muss man immer alle Radio-Hits spielen? Und muss man sie immer gleich spielen? Braucht es bei sieben Mechanics- und zwei Solo-Alben wirklich Genesis-Songs im Programm? Und was wäre so schlimm an einer Showlänge von 2 Stunden? Aber wir wissen ja bereits: Mike geht gerne auf Nummer sicher. Und die 2017er Word Of Mouth-Tour verspricht jetzt schon „all the Hits“ und „Selected Genesis Songs“. Frei nach dem Motto des kommenden Albums Let Me Fly lass ich Mike natürlich fliegen wohin er will … gerne auch mal weiter weg.
Autor: Steffen Gerlach
Fotos: Frank Niederhausen
Als „Bonus“ hier mal eine Übersicht aller 36 gespielten Songs seit des Mechanics-Comebacks vor fünf Jahren:
Genesis:Follow You Follow Me (1978), Turn It On Again (1980), Land Of Confusion(1986), Throwing It All Away(1986), I Can’t Dance (1991)
Roachford:Cuddly Toy (1988), This Generation (1994), Only To Be With You (1994)
Mike & The Mechanics (1985): Silent Running, All I Need Is A Miracle, Taken In, I Get The Feeling
Living Years(1988): Nobody’s Perfect, The Living Years, Nobody Knows, Seeing Is Believing, Don’t
Word Of Mouth (1991): Get Up, Word Of Mouth, A Time And Place, The Way You Look At Me, Everybody Get’s A Second Chance
Beggar On A Beach Of Gold (1995): A Beggar On A Beach Of Gold, Another Cup Of Coffee, Over My Shoulder
Mike & The Mechanics (M6)(1999): All The Light I Need, Whenever I Stop
Rewired (2004): If I Were You
The Road(2011): Reach Out, Try To Save Me, I Don’t Do Love, The Road
New Songs (2014-16): When My Feet Don’t Touch The Ground, Let Me Fly, Not Out Of Love, Are You Ready