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Martin Levac – A Visible Jazz Touch Of Genesis … Live – Album Rezension

Martin Levac legt nach: Seine Jazz-Interpretationen ausgewähler Genesis Songs ließen im letzten Jahr aufhorchen, nun hat er das Konzept auch auf die Bühne gebracht und ein Live-Album produziert.

Es ist in Fankreisen schon viel über Martin Levac diskutiert worden. „Collins-Klon“ ist wohl die häufigste Bezeichnung. Aber es ist eben, wie es ist. Levac ist Linkshänder, er singt wie Collins, sieht ein wenig auch so aus und spielt dazu sehr gut Schlagzeug. Für viele Fans der GAbriel/Hackett-Ära bleibt sein Abschied bei The Musical Box vor sieben Jahren in schmerzlicher Erinnerung.

Levac wollte etwas anderes – er wollte vorne stehen, die Collins-Klon-Konzepte weiterspinnen. Er machte Genesis-Tribute-Shows der Collins-Ära (Dance On A Volcano / Three Sides Live), dann folgte eine Collins-Solo-Show (Dance Into The Light), mit der er auch durch Europa tourte. Ein richtige Duftmarke setzte er musikalisch aber dann im letzten Jahr, in dem das Album A Visible Jazz Touch Of … Genesis erschien. Hier spielte Levac sein musikalisches Talent und Können richtig aus und füllte eine CD mit teilweise absurd-genialen Jazz-Interpretationen ausgewählter Genesis-Songs. Eine ausführliche Rezension dieses Albums ist unter diesem Link nachzulesen.

Martin Levac A Visible Jazz Touch To Genesis Live CoverSchließlich brachte Levac die Show auch auf die Bühne, allerdings nur in Nordamerika. Bisher gab es leider keine deutschen Konzerte, insofern kann hier auch nicht über eine Live-Show berichtet werden, sondern tatsächlich „nur“ über ein Live-Album. Anders als zum Beispiel das Big Band Konzept von Phil Collins hat Levac den Gesang bei allen Songs auch als Songbestandteil erhalten. Natürlich singt Levac und spielt auch Schlagzeug, in den Credits der CD sind allerdings nur „Percussions“ angegeben. Unterstützt wird Levac von Jocelyn Couture, die Trompete spielt. Sébastien Grenier spielt Saxophon und ist verantwortlich für die Arrangements der Blechblasinstrumente insgesamt. Die kanadische Jazzmusikerin Julie Lamontagne spielt Klavier und singt im Hintergrund. Emmanuelle Caplette spielt Schlagzeug und Percussions, Mathieu Gagnéist für den Kontrabass und Gesang verantwortlich. Frédéric Doiron spielt Gitarre und singt.

Die CD enthält nur acht Songs, dazu gibt es einen Bonus-Track, der im Rahmen einer Single nur auf Vinyl veröffentlicht wird. Keiner der Songs wurde bereits auf dem Studioalbum veröffentlicht, was den Reiz dieses Albums natürlich deutlich erhöht. Wir betrachten die acht Interpretationen mal genauer.

Follow You Follow Me

Eher unspektakulär beginnt das Album mit dem ersten richtigen Single-Hit, den Genesis seinerzeit hatten. Viel falsch kann man mit dem Song nicht machen und irgendwie kommt man zu der Erkenntnis, dass schon im Original viel Jazz enthalten ist. Der perfekte Opener für das Album.

No Reply At All

Der Song mag eine irritierende Wahl sein, aber es geht gleich gut zur Sache. Klavier, Schlagzeug, E-Gitarre und schließlich Bläser – das passt perfekt. Und dann ist es wieder da – dieses Gefühl, mal würde Collins selbst singen hören. Levac singt sehr aggressiv, also für eine Jazz-Interpretation eher untypisch. Es ist auch vielleicht das gradlinigste Stück des Albums.

The Carpet Crawlers

Martin Levac Live. border=Das Studioalbum zu diesem Live-Album hatte ja eher wenig Songs der Gabriel-Ära, so dass man sich hier besonders freut, mit The Carpet Crawlers einen echten Knaller aus dieser Zeit auf dem Album zu haben. Da das Original nun mit dem Jazz so viel zu tun hat wie Chris Norman mit Heavy Metal, ist die Neugier, wie dieser Song umgesetzt wurde, natürlich sehr groß. Zunächst hat Levac eine Duettpartnerin mit Massiel Yanira. Die Sängerin (hier geht es zu ihrer offiziellen Website) mit lateinamerikanischen und frankokanadischen Wurzeln hat einen Universitätsabschluss in klassischem Gesang! Der Song beginnt völlig unspektakulär mit dem sehr sparsam instrumentierten (nur E-Gitarre) Gesangsintro, erst bei „the crawlers cover the floor“ fängt das Stück an zu swingen. Es wirkt fortan luftig und bassig. Yanira steigt dann im ersten Refrain ein, hier zunächst auf Englisch. Die zweite Strophe singt sie dann aber auf Spanisch. Eine völlig neue Erfahrung für den geneigten Genesis-Fan. Was insgesamt überzeugt, ist die Würde, mit der dieses Stück für die Jazz-Erfordernisse bearbeitet und umgestrickt wurde. Wie das Original steigert sich das Stück bis zum Ende. Das macht Spaß.

I Can’t Dance

Von dem Song mag man insgesamt am wenigsten erwartet haben, jedoch ist es genau das Stück, das richtig durch die Decke geht. Es beginnt etwas Big-Band-mäßig, ein wenig wie Two Hearts oder That’s All, dann hetzt Levac regelrecht durch die Strophen und macht aus I Can’t Dance eine Up-Tempo-Nummer, die richtig groovt. Dann werden die Musiker vorgestellt und es entwickelt sich eine Art Jam-Session. Das Stück ist in dieser Interpretation, mit dieser Dynamik der absolute Hammer.

Throwing It All Away

Man könnte sagen, dieser Titel wäre vermeidbar gewesen. Aber dies ist eben nicht die fünfte Best-of-Compilation und auch nicht das neunte normale Live-Album sondern eine Jazz-Interpretation. Warum Levac hier auf die Collins-typischen „sigaleee-eee“ Rufe zurückgreift, bleibt sein Geheimnis. Eine Jazz-Version hätte das wohl nicht gebraucht. Dem Publikum ist’s wurscht und es macht den Spaß mit.

Hold On My Heart

Eine weitere Ballade, die bei Genesis-Fans das Fan-Lager spalter. Levac versucht hier nicht, möglichst weit weg vom Original zu kommen, er entfernt sich aber von dem flüssig-poppigen Soundteppich des Originals und lässt das Stück am Bass und Klavier entlang laufen. Dazu kommen Drums, die mit Besen gespielt werden. So entsteht eine ganz andere Balladen-Stimmung und spätestens, wenn die Bläser einsetzen, bekommt der Song seinen ersten A-Ha-Effekt. Das ist mehr als gelungen, eine sehr interessante Version.

Afterglow

Eine weitere Überraschung ist Afterglow. Die bekannten Keyboardakkorde werden hier von der Gitarre angedeutet, während das Klavier eine andere Seite des Songs offenbart. Levac singt das Stück souverän und es gelingt ihm, die Dramaturgie des Originals zu reproduzieren. Das Arrangement ist wenig überraschend, aber sehr effektiv. Und am Ende darf Levac – ganz offensichtlich – auch mal ordentlich rockig auf das Schlagzeug hauen. Das sei ihm verziehen, denn was wäre Afterglow ohne die finale Schlagzeugeinlage?

Martin levac drums liveI Know What I Like

Das Stück aus der Gabriel-Ära ist für eine Jazz-Show quasi gesetzt. Kaum ein anderes Stück lässt sich freier interpretieren oder ist näher am Jazz als I Know What I Like. Die Bläsereinsätze erinnern an den Solo-Collins. Ansonsten hat der Song einen identischen Aufbau wie die Live-Interpretationen bei Genesis – oder auch zuletzt bei Hackett.

Bonus-Track: Wot Gorilla

Es ist vielleicht das geheimnisvollste Stück, das die Band je aufgenommen hat. Wot Gorilla ist Collins pur – und das schon auf Wind & Wuthering. Er nahm damit viel von dem vorweg, was er als Solist ausleben würde. Oder auch bei Brand X. Collins wollte immer einen Groove, später in der Big Band spielte er dieses Stück ebenso, leider aber nicht sehr oft. Levac konzentriert sich bei Wot Gorilla auf die Bläser. Am Ende gibt es leider einen Fade-Out. Und das Stück gibt es nur auf Vinyl, es ist nicht auf der CD enthalten.

Der Sound

Was ebenfalls herausragt ist der Klang des Albums. Die Bässe und Höhen sind glasklar bzw druckvoll und für ein Jazz-Album ist das „Kräfteverhältnis“ zwischen den Intrsumenten ist perfekt. Der Gesang ist zudem nicht zu dominant, so dass man insgesamt von einer feinen Produktion sprechen kann.

Artwork und Verpackung

Die CD ist eher schlicht gehalten, es gibt kein Booklet, alle wichtigen Infos stehen auf der Innenseite. Die CD kommt als Gatefold-Sleeve in einer Art Mini-LP-Sleeve (ähnlich wie die Encore Series).

Fazit

Man muss Martin Levac nicht mögen, um dieses Album zu mögen. Levac geht nach dem Studioalbum A Visible Jazz Touch Of Genesis einen Schritt weiter und spielt einige höchst interessante Versionen anderer Songs live. Herausgekommen ist ein beachtliches Werk, das aus der Riege der Tribute-Alben sehr deutlich hervorsticht. Es ist ein Jammer, dass es die Alben zur Zeit nicht in Deutschland gibt (wobei es zumindest das Studio-Album als Download gibt – bei amazon) und dass auch Konzerte des Jazz-Konzepts nicht absehbar sind. Levac musiziert auf einem beeindruckenden Niveau und dass er damit auch noch Genesis-Fans beglücken kann, ist ein glücklicher Zufall. Beide Alben sind uneingeschränkt empfehlenswert und nicht nur für Freunde artfremder Genres Pflicht.

Autor: Christian Gerhardts

Bezugsquellen / Spezielle. Single und 33rpm 12″ Vinyl-LP

Für Sammler erscheint das Album auch als Vinyl-LP mit einem zusätzlichen Poster. Außerdem gibt es von Follow ou Follow Meeine. Single, die als B-Seite das oben beschriebene Wot Gorillaenthält. Das kann alles direkt bei Martin Levac auf seiner Website bestellt werden.

In Deutschland ist das Album bisher nur als Download bei iTunes und amazonMP3 erhältlich.