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Mark Bell: Face Value (Phil Collins 1979 – 1981) – Rezension

In dem dritten Buch der Serie Album Age beschäftigt sich Mark Bell mit dem Beginn der Solokarriere von Phil Collins. Heino Rhoden hat nachgelesen.

Mit In The Air Tonight aus der Krise zum Solostar

Nachdem sich Mark Bell mit den Genesis-Alben The Lamb Lies Down On Broadway und Foxtrot beschäftigt hat, kam Anfang 2024 das Buch zu Phil Collins erstem Soloalbum heraus. Vor einem Konzert der Tribute-Band The Musical Box traf ich im Foyer den Autor an seinem Verkaufstand an. Auf meine Äußerung, dass ich überrascht war, dass nach den beiden Genesis-Büchern nun einen Band über Face Value herausgebracht hat, antwortete Mark Bell mit: „Ich auch!“. Doch es hatte sich bei seinen Recherchearbeiten zu den Werken von Genesis so viel Material zu Phil Collins angesammelt, dass es dann doch eine logische Konsequenz war, dass dieses Werk nun vorgezogen worden ist.

Der Inhalt der einzelnen Kapitel

Bei dem ersten Kapitel handelt es sich im Prinzip um eine Kurzbiographie von Phil Collins. Hier wird sein Lebensweg von der Geburt bis zum Jahr 1978 kurz angerissen. Doch kurz heißt nicht gleich oberflächlich! Hier werden alle wichtigen Stationen seines Lebens beleuchtet, die ihn sowohl persönlich wie auch musikalisch geprägt haben. Dabei geht Mark Bell auch auf Details ein, die vielleicht auch für langjährige Phil-Collins-Fans neu sein könnten!

Das zweite Kapitel beschreibt die persönliche Grundlegung von Face Value. Die 1978er-Marathon-Tour mit Genesis (auf der Phil Collins übrigens in Japan von Mike Rutherford die Drummachine Roland CR-78 geschenkt bekommen hat) belastete sein Eheleben stark. Nach der Tour legte Phil seine Tätigkeit bei Genesis auf Eis, um seine Ehe mit seiner Frau Andrea in Vancouver zu retten. Tony Banks und Mike Rutherford nutzen die Zeit, um ihre jeweils ersten Soloalben zu veröffentlichen.

Im dritten Kapitel wird zunächst das oft wiederholte Narrativ widerlegt, dass Face Value einzig aus dem Scheitern seiner Ehe entstanden ist. Hier wird beschrieben, dass Phil Collins schon vorher den Wunsch hegte, ein Soloalbum zu veröffentlichen, um sich musikalisch zu verwirklichen. 1979 beginnt er mit seiner Arbeit in seinem Home-Studio, welches er sich in seinem Anwesen „Old Croft“ eingerichtet hatte. Hier kommt dann auch erstmals die Roland CR-78 zum Einsatz.

Nebenbei stieg Phil wieder bei Brand X ein und nahm Kontakt mit Peter Gabriel auf. Bei der Arbeit mit Peter zu seinem dritten Album entstand dann der Gated-Reverb-Drumsound. Dieser kam erstmals bei dem Stück Intruder zum Einsatz!

Die Entstehung des Genesis-Albums Duke und die anschließende Tournee wird im vierten Kapitel beschrieben. Bei der Studioarbeit verfügte Phil über eine große Zahl an Demoaufnahmen. Einige spielte er Tony Banks und Mike Rutherford vor. Dabei stießen Misunderstanding und Please Don’t Ask sofort auf Gegenliebe und fanden Verwendung auf dem Album. Ob Phil seinen Mitmusikern nun auch In The Air Tonight vorgespielt hat oder nicht, konnte hier nicht abschließend geklärt werden. In dieser Zeit lernte Phil dann seine zweite Ehefrau Jill kennen.

Im fünften Kapitel beschreibt Mark Bell dann die eigentliche Entstehung von Face Value. Nach der Verpflichtung von Hugh Padgham als Produzent wurden die Mitmusiker gesucht. Hier hatte Phil bereits klare Wunschvorstellungen. Die Wahl des Hauptstudios fiel auf die Townhouse-Studios. Selbst die technische Beschreibung der Aufnahmetechniken und die Verfeinerung des Gated-Reverb-Drumsounds sind auch für Nichtmusiker vom Autor verständlich und kurzweilig beschrieben.

Der zweitwichtigste Aufnahmeort waren die Village Recorder Studios in Los Angeles. Dieses machte Sinn. Die Mitglieder der Earth, Wind & Fire Hornss sowie Stephen Bishop, Alphonso Johnson und Daryl Stuemer hatten ihren Wohnsitz in Los Angeles.

In Kapitel 6 beschreibt schließlich Mark Bell in bewährter Weise Musik und Texte Stück für Stück. Die beschriebenen Passagen werden sekundengenau angegeben, damit die Leserinnen und Leser beim Nachhören die beschriebenen Stellen finden können. Mit über 30 Seiten nimmt In The Air Tonight einen Großteil des Kapitels ein. Schon allein die Beschreibung der Rhythmuselemente (Einsatz der Drummachine CR-78, das ikonische Drumfill und der Gated-Reverb-Drumsound) ist sehr interessant beschrieben!

Im letzten Hauptkapitel erfährt man Details zur Promokampagne und der Veröffentlichung von Face Value und warum keine Tournee zum Album zustande kam. Abschließend wird noch der überraschende Charterfolg, sowie die Rezeptionen des Albums in der Musikpresse beschrieben.

Im Epilog wird abschließend das Weiterleben und die Bedeutung von Face Value thematisiert. Es zeigt sich, dass dieses Album nicht nur für Phil Collins ein wichtiges Werk seiner Schaffensphase war, sondern auch positive Nachwirkungen für die beteiligten Personen mit sich brachte und besonderen Einfluss auf die Musikwelt hat.

Fazit

Mark Bell hat es wieder verstanden, ein gut recherchiertes Sachbuch zu schreiben, welches sich trotz hoher wissenschaftlicher Ansprüche ausgezeichnet lesen lässt. Alle Quellen sind in Fußnoten sauber aufgelistet. Somit kann dieses Buch auch uneingeschränkt zu weiteren Recherchearbeiten eingesetzt werden.

Ich selbst habe das Buch als durchaus spannend empfunden und nahezu in einem Rutsch durchgelesen. So freue ich mich schon auf das nächste Buch der Reihe Album Age. Und Mark Bell versicherte mir in dem oben erwähnten Gespräch: „Da kommt noch was!“.

Autor: Heino Rhoden (10/2024)
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