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10 Jahre „it“ – Genesis & solo – It’s Only Knock And Knowall – Making of-Special

Eine Fanclub-CD wollten wir schon lange herausbringen. Zum 10jährigen Bestehen das Clubs 2001 wurde das Projekt konkret. Über den Weg von der Idee zur Release-Party berichtet Helmut Janisch.

Die Zeit um 2000/2001 war für die it-Redaktion voller Herausforderungen. Wir stellten das gedruckte Magazin ein und hatten einen schweren Start ins Online-Zeitalter. Parallel bereiteten wir den Lamb Lies Down-Event vor, der unsere bis dahin größte Fanclubveranstaltung werden sollte. Als wäre das nicht schon genug gewesen, stand im November auch unser 10jähriges Jubiläum an, das wir natürlich entsprechend feiern wollten – womit genau, war lange nicht ganz klar.

Es war geplant, auf der Website ein großes Special über den Fanclub zu haben, mit so viel Material aus den vergangenen zehn Jahren wie möglich. Die Fans sollten daran aktiv mitwirken und uns private Fotos, Videos oder Berichte zusenden. Im Juni 2001 riefen wir dazu auf, aber selbst nach einer erneuten Bitte im August erhielten wir keinerlei Material. Das Special würde also doch sehr viel kleiner ausfallen und bestand am Ende nur aus einem langen Artikel über 10 Jahre Fanclubhistorie. Dieser wurde übrigens anlässlich jedes folgenden Jubiläums immer wieder aktualisiert und ist hier zu finden. Aber ein richtiges Highlight zum Jubiläum sollte es dann doch noch geben …

Bereits fünf Jahre zuvor wollten wir zum 5jährigen Bestehen des Clubs gerne eine interessante CD-Single pressen lassen, die jedes Clubmitglied dann als Geschenk zusammen mit der Jubiläumsausgabe, Heft Nr. 21, bekommen sollte. Angedacht dafür waren Pennsylvania Flickhouse von Anon (das wir dann viele Jahre später doch noch veröffentlichten) und Jetzt kommt die Flut von Peter Gabriel. Der Anon-Titel wurde uns zuerst zugesagt, dann unter einem Vorwand doch abgelehnt. Und für die deutsche Version von Here Comes The Flood nannte uns Realworld Bedingungen, die unser Budget komplett gesprengt hätten und die CD auch nicht exklusiv bei uns erhältlich gewesen wäre. Und so wurde daraus nichts, aber die Idee blieb in unseren Köpfen.

Angesichts des bevorstehenden erneuten Jubiläums starteten wir Anfang 2001 einen weiteren Versuch, eine Fanclub-CD herauszubringen. Wir gingen davon aus, dass wir für besonders rare Tracks abermals keine Erlaubnis bekommen oder uns unannehmbare Konditionen auferlegt würden. Und so planten wir in eine andere Richtung. Es sollte die erste CD-Compliation mit Stücken von Genesis und Soloprojekten der Bandmitglieder werden … also bereits veröffentlichtes und bekanntes Material, aber noch nie gemeinsam auf einer CD.

Die Auswahl der Stücke lag teilweise auf der Hand. Es sollte in erster Linie keine Hits-Compilation werden. Von Genesis selbst wollten wir je ein Stück aus jeder wichtigen Epoche darauf haben – aus der Gabriel-Ära, den frühen Collins-Jahren, aus der kommerzielleren Phase in den 80ern und vom Neustart mit Ray. Dazu je ein Solo-Stück von Tony, Mike, Phil, Peter, Steve, Anthony und Ray. Und die CD sollte damit prallgefüllt sein, also nahe an 74 Minuten Spielzeit kommen. Die einzelnen Titel, die danach in die engere Auswahl kamen, waren natürlich nicht ganz ohne Hinblick auf persönlichen Vorlieben der it-Redaktion gewählt. Helmut stellte eine erste Auswahl zusammen und nach ein paar Telefonaten mit Peter und Bernd kristallisierte sich schnell diese provisorische Tracklist heraus:

Genesis – Can-Utility And The Coastliners oder Watcher Of The Skies
Genesis – Squonk oder Down And Out
Genesis – Domino oder Home By The Sea/Second Home By The Sea
Genesis – There Must Be Some Other Way oder Calling All Stations
Tony Banks – You
Phil Collins – Do You Know Do You Care
Peter Gabriel – Family Snapshot
Steve Hackett – Spectral Mornings oder The Steppes
Anthony Phillips – Now What?
Mike Rutherford – Moonshine
Ray Wilson (Cut) – Ghost oder Gypsy

Im Gespräch war zusätzlich oder im Tausch mit einem anderen Titel die Version von it vom Genesis Archive Vol. 1-Boxset (die Pseudo-Liveversion mit neu aufgenommenem Gesang von Gabriel). Der Titel würde zwar nicht repräsentativ für eine Epoche sein, aber eben der, nach dem der Club benannt wurde. Um den Bezug zum Jubiläum herzustellen, wollten wir außerdem gerne gesprochene Grüße von möglichst vielen Bandmitgliedern auf der CD haben.

Erstes Tracklisting und erste Antwort von Virgin

Noch im Januar erfolgte eine allgemeine Anfrage bei Virgin Deutschland (zu denen wir damals einen langjährigen guten Draht hatten), ob wir auf Unterstützung für das Projekt rechnen könnten und was die Voraussetzungen für die Nutzung von bereits veröffentlichtem Material sein würden. Wie erwartet, teilte man uns mit, dass man das zunächst mit Virgin UK und dem Genesis-Management Hit & Run abklären müsse.

In der Zwischenzeit machten wir uns schlau, was uns an Gesamtkosten für Mastering, Herstellung, GEMA, Lizenzabgaben usw. erwarten würde. Dabei half uns Volker Sassenberg von Decision Products, mit dem Helmut schon früher zusammengearbeitet hatte und der sich netterweise bereit erklärte, das Mastering zu machen und alle notwendigen Aufgaben rund um die eigentliche Herstellung der CD für uns abzuwickeln. Es würde eine beachtliche Summe sein, aber dazu später mehr.

Etwas Zeit ging ins Land und angesichts der zeitaufwändigen Vorbereitungen für den Lamb-Event im Juni lag unser Fokus auch erst einmal darauf. Da wir nichts mehr von Virgin gehört hatten, hakten wir im April nach. Wir erfuhren, dass Hit & Run noch wissen wollten, wie hoch der Verkaufspreis der CD sein würde und ob wir sie selbst veröffentlichen und nur an die Fanclubmitglieder verkaufen würden. Nachdem das geklärt war, kam die Sache nun ins Rollen.

Anfang Mai meldete sich Jon Webster bei uns per E-Mail. Wir kannten uns bereits von der Calling All Stations-Tour. Jon war damals schon eine Legende im Musikgeschäft. Von 1987 bis 1992 war er Geschäftsführer von Virgin Records und danach noch weiter beratend tätig und hatte gute Kontakte zur ganzen „Genesis-Familie“. Er schrieb, dass er sich um unser Anliegen kümmern würde. Ein paar Wochen vergingen und im Juli teilte uns Jon mit, dass wir nun die Erlaubnis für die Nutzung der Titel von Genesis sowie Mike und Tony solo hatten, die anderen aber noch nicht final geklärt seien. Auch die Grüße der Bandmitglieder seien nicht vergessen. Wegen dem Collins-Titel müssten wir uns jedoch direkt an WEA (Warner Music Group) in Deutschland wenden, was wir dann auch taten.

Wenn man Plattenfirmen und Managements wegen so einem Fan-Projekt anspricht, steht das natürlich nicht ganz oben auf deren To do-Liste. Die Zeit verstrich also ohne dass wir etwas von irgendwem hörten. Langsam bekamen wir aber ein Zeitproblem, denn die CD sollte eigentlich pünktlich zum Jubiläum im November fertig sein. Wegen der gesprochenen Grüße hatten wir inzwischen diejenigen direkt angesprochen, zu denen wir einen persönlichen Kontakt hatten: Steve Hackett, Anthony Phillips, Daryl Stuermer, Chester Thompson, Ray Wilson, Richard Macphail, Christ Stewart und Paul Carrack. Irgendwann im Laufe des Sommer trudelte dann immerhin der Gruß von Paul Carrack ein.

Anfang September hakten wir sowohl bei Jon wie auch bei Hit & Run nach. Offenbar war die noch ausstehende Freigabe des Collins-Stücks durch WEA der einzige Grund für die Verzögerung. Und Jon hatte bisher auch keinen Erfolg mit den Grüßen von Mike, Tony und Phil. Also schickten wir diesen drei nochmals direkt unsere Bitte – zusammen mit einem Rückumschlag und einem DAT-Tape darin. Und siehe da, im Oktober und November kamen diese Umschlage zurück zu uns, jeweils mit einem gesprochenen Gruß der Herren. Auch alle anderen Grüße waren in der Zwischenzeit angekommen. Den letzten bekamen wir tatsächlich erst im Januar von Chris Stewart.

Wir hatten im Sommer ja viel Zeit gehabt, uns weitere Gedanken über Details der CD zu machen. Es war klar, dass Helmut das Artwork machen würde, denn er war ja durch einige Arbeiten an CDs, u.a. von Anthony Phillips, „erprobt“. Das Cover sollte etwas Besonderes werden, möglichst mit Genesis-Bezug und vielleicht sogar von jemand, den man schon von Albencovern kannte … also vielleicht Kim Poor oder Paul Whitehead. Kim Poor assoziiert man ja doch eher mit Steve Hackett solo und so schrieben wir Paul an und fragten, ob er uns etwas für unsere Fanclub-CD anbieten könne. Und tatsächlich hatte er etwas, das perfekt passte – ein Gemälde, das ursprünglich für die Innenseite von Foxtrot gedacht war, aber dann von Paul in abgewandelter Form neu gemalt wurde, weil das quadratische Format nicht zum Klappcover passte. Aber als Frontcover für unsere CD war es perfekt. Siehe dazu auch Pauls Info im Booklet. Gegen eine humane Lizenzgebühr erhielten wir den Scan des Gemäldes dann im Oktober.

Das Tracklisting änderte sich im Laufe der Monate noch etwas und war im Oktober schon fast final. it vom Boxset sollte nun definitiv mit dabei sein. Für die frühen Collins-Jahre von Genesis wählten wir nun Entangled. Family Snapshots wurde gegen dessen deutsche Version Schnappschuss getauscht. The Serpent Said vom Strictly Inc.-Album kam statt You auf die CD und als Phillips-Stück wurde Now What? durch Pulling Faces ersetzt. Der Ray-/Cut-Titel fiel leider unter den Tisch, weil wir damit (inklusive der Grüße) über die maximale Spielzeit gekommen wären. Beim Rutherford-Beitrag waren wir zunächst auf Time And Time Again umgeschwenkt, hatten dann aber noch eine bessere Idee. Warum sollten wir nicht doch nach einem bisher (auf CD) unveröffentlichten Stück anfragen: die Single-B-Seite Compression von den Smallcreep’s Day-Sessions. Und überraschenderweise hatten weder Mike, noch Hit & Run oder Virgin etwas gegen die Veröffentlichung. Lediglich die Suche nach dem Masterband der Aufnahme gestaltete sich schwierig und es wurde erst im Dezember gefunden, auf DAT-Tape kopiert und uns von Hit & Run zugesandt.

Wegen der vielen Verzögerungen hinkten wir unserem Zeitplan ziemlich hinterher. Auch wenn der konkrete Veröffentlichungstermin noch nicht absehbar war, ließen wir am 2. November, pünktlich zum Jubiläum, die Katze aus dem Sack und kündigten das Erscheinen der CD an. Für 12 Euro plus Versand konnte die CD nun vorbestellt werden. Die Auflage sollte auf 500 Stück limitiert werden und jedes Exemplar numeriert sein. Wie anfangs erwähnt, würden die Gesamtkosten für das Projekt doch ziemlich hoch sein. Da der Club damals wie heute keine Gewinnabsicht hat, gab es auch 2001 kein clubeigenes Kapital, das wir dafür hätten verwenden können. Und so baten wir darum, uns bei der (Zwischen-)Finanzierung zu unterstützen. Jeder, der uns einen Betrag von mindestens 100 Euro leihweise zur Verfügung stellte, würde im Booklet der CD erwähnt werden. Und tatsächlich machten 37 Clubmitglieder bei der Aktion mit, wofür wir sehr dankbar waren.

Mittlerweile war auch das Artwork der CD am entstehen und Helmut arbeitete an Details. Das Frontcover zierte das schon erwähnte Gemälde von Paul Whitehead. Die Rückseite wurde farblich daran angeglichen und hatte einen spektralfarbigen Verlauf, darauf liegend der Abriss eines Stück Papiers mit dem Tracklisting der CD. Einen Strichcode hatte die CD nicht, weil die CD ja nicht in den Handel kam und nur von uns direkt verkauft wurde. Aber Helmut hatte sich etwas einfallen lassen, das wie ein Strichcode aussah, tatsächlich aber nur den Text „Sorry no barcode“ enthielt. Ebenfalls auf der Rückseite war ein kleines Feld für die Nummerierung der 500er Auflage freigelassen. Das Booklet enthielt aus Anlass des Jubiläums eine kurze Zusammenfassung der Clubgeschichte in Deutsch und Englisch. Auf der nächsten Seite schrieb Paul Whitehead etwas zum Frontcovermotiv. Es folgten kurze Hintergrundinfos und die offiziellen Credits zu den einzelnen Stücken. Die Grüße wurden mit kleinen Portraits illustriert. Als letztes enthielt das Booklet die versprochene Auflistung der Clubmitglieder, die uns finanziell unterstützt hatten, sowie die allgemeinen Credits. Auf der Booklet-Rückseite plazierte Helmut ein Foto von einigen der Zusendungen, die er für dieses Projekt von Genesis & Co. erhalten hatte – Kuverts und Tonträger. Das Label der CD war im Look des berühmten Charisma-Pink Scroll-Labels gehalten, mit dem it-Logo an Stelle des Charisma-Schriftzugs.

Anfang Dezember bekamen wir die offiziellen Freigabebestätigungen von Virgin und WEA und die Verträge wurden unterschrieben. Die Herstellung der CD konnte nun beginnen. Wie anfangs erwähnt, übernahm Volker Sassenberg netterweise die Bearbeitung der Musik und Grüße, das Mastering und alles rund um Herstellung, GEMA-Abwicklung etc. der CD. Er hatte ein Tonstudio und war im Musikgeschäft tätig, allerdings schwerpunktmäßig im Hörspielbereich. Seine Firma Decision war in den 1990ern u.a. auch kurze Zeit der deutsche Vertrieb von Anthony Phillips.

Volker hatte von uns bis Januar 2002 fast alle Stücke und Grüße bekommen und nun begann seine Arbeit. Das Problem mit elf Titeln aus unterschiedlichen Quellen und Jahren sind die teilweise enormen Unterschiede in Laufstärke und Klang. Auf unserer CD sollte das natürlich nicht auffallen und so passte Volker die Aufnahmen entsprechend aneinander an. Noch schwieriger wurde das Angleichen und Bearbeiten der gesprochenen Grüße. Das Spektrum der Grüße, die wir erhielten, reichte von einer verrauschten leisen Aufnahme auf Musikkassette bis hin zu professioneller Tonstudioqualität auf CD, DAT oder MiniDisc. Die Länge der Grüße variierte zwischen 10 Sekunden und fast zwei Minuten und einige enthielten Sprechpausen, Knackser oder Nebengeräusche. Was sollte Volker bearbeiten oder rausschneiden und was nicht? Aus der Ferne war das schlecht zu besprechen und so fuhr Helmut zusammen mit Fanclub-Urgestein und Musiker Steffen Gerlach am 24. Januar ins Sauerland, um beim Bearbeiten live dabei zu sein. Im Laufe des Tages entstanden dort die finalen Versionen der Grüße.

Eine Woche später war das Pre-Master fertig, das noch einiger kleiner Korrekturen bedurfte, und am 11. Februar ging dann die Bestellung der CD raus. Ende Februar wurden die CDs geliefert und kurz darauf traf sich die it-Redaktion bei Peter in Braunschweig, wo die 500 Exemplare von Sabine Zindler von Hand durchnummeriert wurden und die bisherigen Bestellungen verpackt und versandfertig gemacht wurden.

Am 24. März fand dann im Rahmen des Clubtags in Welkers die Release-Party für die Fanclub-CD statt. In der Ausstellung zeigten wir die die original Kuverts und Tonträger der Zusendungen von den Bandmitgliedern und Paul Whitehead. Außerdem berichtete Helmut über die Entstehung der CD und wir spielten dem Publikum die zwölf Grüße vor. Speziell für diesen Anlass hatten wir außerdem als Promo-Gag eine mannshohe Pappfigur des Janis Schündler (fiktive Kombination aus den drei Redaktionsmitgliedern) gebastelt, der das Cover der Fanclub-CD in Händen hielt. Natürlich konnte die CD auch am Clubtag käuflich erworben werden.

Von der ersten Idee bis zur Veröffentlichung der CD ging über ein Jahr ins Land. Wir hatten gedacht, dass es schneller und vor allem einfach gehen würde. Aber die Entscheidungsprozesse bei Hit & Run, Virgin oder WEA dauerten eine halbe Ewigkeit. Am Ende entsprach die CD aber genau unseren Wünschen und wir würden sie heute genau so wieder machen.

Autor: Helmut Janisch (2025)
Fotos: Peter Schütz, Helmut Janisch

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