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Interview mit Phil Collins in Genf 2005

Im Rahmen der Show von The Musical Box in Genf, bei der Phil Collins auftrat, entstand dieses kurzes Interview.

Auszüge aus einem Interview mit Phil Collins unmittelbar nach der Show mit The Musical Box in Genf.

DRS3: 30 Jahre später, das gleiche Stück. Was sind Ihre Gefühle?
Phil Collins: Nun, ich werde darüber eigentlich nicht sentimental. Ich denke, dass die Vorstellung von The Musical Box heute Nacht außergewöhnlich war. Sie haben jede körperliche Bewegung exakt getroffen und… Martin, der Schlagzeuger… ich weiß nicht, ob ich jemals so gut gespielt habe… vielleicht habe ich, aber er spielte phantastisch, und er hatte alles, was ich hatte. Was ich gespielt habe, all die Sachen mit der linken und rechten Hand… das ist sehr persönlich, und er hat es auf eine Art kopiert, die es sehr interessant macht. Also… es war großartig für mich, und ich habe es sehr genossen.

DRS3: Sie mussten sich heute also selbst ein wenig kopieren, so wie Sie früher einmal waren?
Phil Collins: Nun, das war das Schwerste. Heute Nachmittag klang ich wie ein kompletter Amateur. Ich kam an und habe das Lied nicht wirklich gehört, bis heute, weil ich dachte, ich würde es kennen, und dachte, ich könnte es spielen, weil ich auch auf meiner Tour spiele. Und ich lag falsch. Ich konnte Dinge nicht mehr machen, die ich früher gewohnt war. Es war cool, weil ich diese Musik, komplizierte, schnelle Sachen, wirklich nicht mehr gespielt habe… ich habe so seit Brand X nicht mehr gespielt.

Manchmal haben wir auf einer Genesis-Tour ein paar alte Instrumentalstücke gebracht, aber im Grunde war es, wie den Anzug eines anderen anzuziehen. Und… nicht spielen zu können, körperlich, weil ich längere Zeit nicht so gespielt habe, und dann auf dem Schlagzeug eines anderen zu spielen, und ein Lied 30 Jahre aus der Vergangenheit… das war alles zuviel! [lacht…]

Phil Collins Interview Genf The Musical Box

DRS3: Hat es Appetit auf diese Art Musik zurückgebracht?
Phil Collins: Nein. [lacht…] Es gibt ein paar Dinge in „Lamb“, die ich aufrichtig liebe… die atmosphärischen Nummern… da ist „The Waiting Room“, „Silent Sorrow in Empty Boats“, „Ravine“… es sind ein paar phantastische Titel, die ich lange nicht gehört habe. Aber… es ist ein historisches Ding, ein historisches Stück. Das müssen wir im Gedächtnis behalten. Es hat in mir aber nicht den Wunsch geweckt, zurückzugehen und wieder in dieser Art zu schreiben.

DRS3: Was denken Sie über The Musical Box als eine Art Ersatz?
Phil Collins: Es ist schwierig, eine richtige Bezeichnung für sie zu finden… sie sind keine Tribute Band, sie haben eine Epoche genommen und reproduzieren sie originalgetreu auf die gleiche Weise, wie jemand eine Theaterproduktion machen würde. Nun, man kann Shakespeare zu etwas hinführen, wo noch niemand war, oder man kann es auf die Art machen, wie es geschrieben wurde und gewesen sein muss… ich sage das als Analogie, vielleicht eine schlechte, aber es ist so, wie sie es machen. Ich fragte „Kommt ihr von der Bühne runter am Ende von Lamb?“, und sie sagten „Aber nein, ihr habt das nicht gemacht… ihr seid auf der Bühne geblieben und habt The Musical Box gespielt.“

So… genau so machen sie es. Es ist interessant. Heute Abend waren eine Menge Leute hier, die die Show zum ersten Mal gesehen haben. Es war kein junges Publikum. Aber… im Grunde entdecken die Leute die Musik wieder, und weil auch so viel über „Lamb“ erzählt wurde, seit wir aufhörten, seit Peter gegangen war, ist dies der einzige Weg, die Show zu sehen, da sie nie gefilmt wurde. Also… wenn man erfahren will, wie es war – sie kommen mit Sicherheit musikalisch sehr nahe, und ich denke, die Jungs spielen es besser als wir. Aber wir haben es geschrieben, [lächelt…] und das ist der Unterschied… aber sie spielen es besser als wir.

Martin Levac im Hintergrund

DRS3: Ihr hattet auch technische Probleme in den 70ern mit dieser Show? Wie war das… was für Probleme hattet Ihr?
Phil Collins: Heute funktionierte es. [lacht…] Wir spielten 104 Shows? Diese Show? Und ich glaube, dass es vielleicht 5 oder 6 Mal ordentlich funktioniert hatte… weil die Diaprojektoren feststeckten… es gab drei davon und nur einen Mann, wisst ihr… es war 74… Ich meine, denkt nur mal an 74 zurück… wenn wir das Glück gehabt hätten, ein Mobiltelefon zu haben, dann wäre es dreimal so groß wie heute gewesen, oder auf jeden Fall die Batterie davon. [lacht…]

Es war wirklich alles Low-Tech. Sie haben unsere Dias, wir haben sie ihnen zur Verfügung gestellt. Und ein paar Teile des Equipments gehören uns, denke ich, weil sie schwer aufzutreiben waren. Alle waren sehr hilfsbereit… und… die Show funktioniert! Es war großartig, und ich habe es wirklich genossen, sie zu sehen und zu hören.

Und wie ich schon sagte, es hatte damals kaum funktioniert… Ich meine, ich habe das Ding bis heute Abend nie gesehen. Martin hat so einen Spiegel, mit dem er die Dias sehen kann! Ich hatte selbst keine Ahnung, was Peter in „The Waiting Room“ gemacht hat. Ich habe es nie gesehen! Es war für mich so, als hätte ich etwas zum ersten Mal gesehen.
Ok… [Martin Levac kommt herein] das ist jetzt alles… sprecht mit Martin. [lacht…] Er kann besser spielen als ich und gibt bessere Antworten als ich! [lacht…]

Interview: Peter Walt
Besonderen Dank an Radio DRS3 (www.drs.ch)
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung
Fotos: Martin Christgau
Foto (Header): Videostandbild