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Interview mit Mike Rutherford, Tim Howar und Andrew Roachford (Mike + The Mechanics) in Dresden (April 2019)
Am Nachmittag vor der Show von Mike + The Mechanics im Kulturpalast Dresden am 11. April 2019 hatten wir Gelegenheit für ein Interview mit Mike Rutherford, Tim Howar und Andrew Roachford.
Donnerstag, 11 April 2019. Es ist ein eher kalter Frühlingstag in Dresden und Mike + The Mechanics stehen kurz vor ihrer ersten Show auf dem Kontinent im Rahmen ihrer Looking Back (Over My Shoulder) Tour – oder alternativ auch Out Of The Blue Tour genannt. Einen Konzertbericht über die Show im ausverkauften Kulturpalast könnt ihr unter diesem Link nachlesen.
Ein wenig gedulden mussten wir uns zunächst, da vor uns noch ein Fernsehteam mit der Band beschäftigt war. Backstage konnten wir auf Monitoren verfolgen, dass Gary Wallis offenbar noch einiges zu tun hatte mit seinem Schlagzeug und wir trafen bei einem Kaffee auf Anthony Drennan, der sich noch an das Interview im Alten Schlachthof im Jahr 2012 erinnerte. Man sprach über seine anderen Projekte (u.a. Chris Rea) und wir konnten erfahren, dass Mike ihn schon nach der Calling All Stations Tour fragte, ob er bei den Mechanics einsteigen würde. Das ließen aber seine damaligen Verpflichtungen nicht zu.
Gegen halb fünf war es dann soweit – für eine knappe halbe Stunde führten wir ein kurzweiliges Gespräch mit der Kernband – Tim Howar, Andrew Roachford und Mike Rutherford.
it: So, hallo Jungs, da sind wir wieder einmal alle zusammen für ein Interview. Das letzte Mal ist ja schon ne Weile her. Das war 2012, auch in Dresden, aber in einem anderen Venue.
Andrew: Ja, ich erinnere mich, aber wie heißt nochmal die andere Halle?
it: Alter Schlachthof – da seid ihr auch schon öfter gewesen.
Mike: Was, wirklich?
Andrew: Ja, das war es! Schöner Club.
it: Lasst uns am Anfang mal zwei Jahre zurückgehen. Wenn ihr heute auf das letzte Album Let Me Fly zurückblickt. Was denkt ihr heute darüber? Was sind eure Lieblingsstücke?
Mike: Der Titelsong Let Me Fly, den wir auch auf dieser Tour spielen, der ist einfach grandios, er klingt gut und wird besser und besser. Der hat sich auch nicht verändert, sondern entwickelt. Und dann natürlich The Best Is Yet To Come, was auch ein tolles Stück ist und dann wäre da noch Try To Save …
Andrew: Nein, das war doch von dem Album davor!
Mike: Oh ok, aber wir spielen auf jeden Fall drei Songs von Let My Fly auch auf dieser Tour.
Tim: Also Let Me Fly fühlte sich auch ein bisschen wie das erste Durchstarten für die Band an. Als wir die Mechanics vor 9 Jahren neu formiert haben, war uns ja klar, dass es alles etwas anders klingen würde. Jetzt ist etwas Zeit vergangen. Und bei Let Me Fly ging es mehr um dieses ‚lasst uns mal herausfinden, wie man einen guten Popsong zusammen schreiben kann‘. Es war also weniger der Umstand, mit den richtigen Leuten zusammen zu kommen, so wie das auf The Road war und was damals einfach auch unser Job war. Aber mit Let Me Fly haben wir einfach geschaut was passiert und wollten auch Radio Airplay. Und das haben wir erreicht. Das Album war sehr erfolgreich und jetzt ist das neue Album wieder eine Art Durchstarten auf dem eingeschlagenen Weg!
Andrew: Ich sehe das genauso. Oft antworten Musiker zwar rückblickend, aber wirklich zurück schaut man nicht. Du macht eine Platte und schaust nach vorn. Also verbringst du auch nicht viel Zeit damit, darüber nachzudenken, wie es früher lief.
it: Dann lasst uns mal über das neue Album sprechen – Out Of The Blue. Tim, die Frage geht an dich: Wo ist denn dein Gesang?
[Andrew lacht]
Mike: Der war die ganze Zeit in West End Musicals und hat acht Shows die Woche absolviert …
Tim: Genauso ist es. Wir kamen von der US-Tour zurück und hatten faktisch ein halbes Jahr Pause, also habe ich den Job im Chess-Musical angenommen und hatte eine wunderbare Zeit. Dann kam ich mit Phantom der Oper in Kontakt und hab auch das gemacht – was wieder absolut wunderbar war. Also war ich einfach nicht so verfügbar wie notwendig, um Mechanics-Aufnahmen zu machen.
Mike: Ja und das war eine Schande, es hat sich auch nicht richtig angefühlt, es ohne ihn zu machen. Aber wenn man acht Shows die Woche bestreiten muss, dann geht das ja ganz offensichtlich nicht.
Tim: Genau – und ich hab ja jetzt auch noch einen kleinen Sohn. Also hab ich ziemlich viel um die Ohren. Andererseits denke ich nicht, dass es da einen großen Druck gibt. Mike weiß am Ende, wann es Zeit ist, ein Album zu machen. Wir werden in Zukunft schon Zeit finden. Wir haben jetzt dieses Album gemacht und werden auch wahrscheinlich noch mehr machen, aber wer weiß das schon? Mit den Mechanics ist es ja so, dass wir alle noch eigenes Zeugs am Kochen haben. Also gibt es keinen echten Druck. Wenn wir was machen wollen, machen wir es eben. Und wenn nicht, dann geht’s eben mit dem Leben auch weiter.
Andrew: Zeit ist der entscheidende Faktor. Es gibt in diesem Business einfach nicht genug davon. Es gibt immer den Druck, noch mehr Material zu produzieren. Du musst aber mit der Zeit klarkommen, die du hast und das haben wir nun gemacht..
it: Mike, wann hast du dich entschieden, nicht ein komplettes Album mit neuen Songs zu machen?
Mike: Die Idee kam tatsächlich von mir, aber das war trotzdem kein Masterplan. Einer von BMG meinte zu mir – was machst du eigentlich mit den ganzen alten Songs, die die neuen Sänger so wunderbar rüberbringen seit acht Jahren oder mehr? Sie haben sich ja in der Tat verändert, sind irgendwie auch ihre Versionen geworden, manche sind sogar erweitert worden. Einiges hat sich auch sehr speziell und außergewöhnlich angefühlt, also schien es der richtige Weg zu sein, ein paar Sachen neu aufzunehmen.
Tim: Das ist ja auch für die Fans. Die haben uns ja auch in den neuen Rollen sehr unterstützt. Und irgendwie sind das ja jetzt auch unsere Songs. Wir machen das jetzt seit zehn Jahren, also haben sie jetzt auch etwas mit unseren Stimmen auf CD und das ist ja das, was sie seit zehn Jahren im Konzert hören. Wir sind eine Live-Band, wir spielen gern live und verbringen auch gern Zeit miteinander.
Andrew: Genau!
Mike: Also haben wir das so gemacht. Wir haben die alten Songs neu aufgenommen und wir hatten auch ein paar neue Songs, die drei auf dem Album und noch ein paar andere, die hier und da mal diskutiert wurden, aber die drei fühlten sich gut an. Und wir haben nun auch schöne Reaktionen auf das Gesamtpaket bekommen. Es ist ein wenig anders. Es gibt auch noch die Unplugged-Songs. Und ein ganzes neues Album ist ohnehin schwierig heutzutage. Das ist ne Menge Arbeit.
Andrew: Dazu kommt, wenn du ein neues Album machst, dann ist das ja heute in Zeiten des Streamings und Downloadens so, dass die Leute sich oft nur einzelne Songs rauspicken. Du verbringt viele Stunden und Tage und arbeitest mühsam an neuem Material, und dann gibt es möglicherweise nur eine Auswahl, die die Leute interessiert. Ich denke man muss nicht immer ein ganzes Album machen. Die Zeiten ändern sich.
Tim: Es ist heute ohnehin eher ein Singles-Markt. Die DJs veröffentlichen eine Single nach der anderen, bis sie irgendwann genug haben für ein Album. Wir schreiben Songs, gehen auf Tour und haben dann irgendwann auch vielleicht genug für ein Album zusammen.
it: Ihr habt ja gesagt, völlig zu Recht, dass ihr eine großartige Live-Band seid. Habt ihr eine Ahnung, wie viele Shows ihr schon zusammen gespielt habt?
Mike: Keine Ahnung, sag mal!
it: Nach der Tour werden es deutlich mehr als 300 sein!
Alle: Echt? Unglaublich!
Mike: Mist, ich wollte schon sagen, 120 oder 150. Fühlt sich gar nicht nach so vielen Shows an.
Andrew: Na dann sag uns doch mal wie viele Stunden wir schon auf der Bühne waren?
it: Naja eure Sets waren ja immer vergleichsweise kurz, insofern … (alle achen)
Andrew: Uuhhhh Ich sehe schon…
it: Wir freuen uns ja, dass ihr jetzt länger spielt und darauf kommen wir auch noch mal zurück. Aber meine jetzige Frage ist: Warum habt ihr nicht einfach ein Live-Album mit Bonustracks gemacht? Ihr seid ja eine tolle Live-Band.
Mike: Ich weiß, aber … Live-Alben kommen bei den Leuten heutzutage nicht mehr so gut an. Die Live-Shows dagegen sehr.
Tim: Wen wir sowas machen könnten, dass wir jede Show aufnehmen und dann an die Fans nach Bedarf verkaufen… das haben doch schon Bands gemacht, also jede Show aufnehmen und auch jede Show als CD verkaufen, wer war das noch gleich?
it: Peter Gabriel und Genesis beispielsweise
Mike: Genau, wir haben das ja gemacht.
Tim: Das ist natürlich mit Mehraufwand verbunden
Mike: Wir nehmen ja ohnehin jede Show auf!
Andrew: Ja wir nehmen die Shows auf, und das wäre eine fantastische Idee, wenn man neue Songs hat. Es würde Sinn machen, die Shows aufzunehmen, wenn man Songs spielt die noch nicht veröffentlicht wurden. Dann würden die Fans nicht nur ein Live-Album bekommen, sondern auch neue Songs. Ich weiß nicht, ob sowas schon mal gemacht wurde. Aber ein reines Live-Album, das muss man ja auch auf den Punkt einfangen. Das funktioniert mal, mal aber nicht, jeder Abend ist anders und hat eine andere Energie.
Mike: Ich glaube auch nicht, dass noch viele Bands Live-Alben machen, oder?
it: Naja, Toto haben kürzlich ein ziemlich umfangreiches Live-Album gemacht.
Andrew: Ja, das kann ich mir vorstellen.
it: Na ich denke wirklich, dass ihr eine DVD oder Blu-ray machen solltet, einfach weil ihr eine fantastische Live-Band seid, vor allem in der aktuellen Besetzung, also lasst das die Leute doch auch wissen. Das wollte ich loswerden.
Andrew: Oh Danke.
Tim: Ja, du könntest Recht haben, wir werden darüber nachdenken.
it: Ihr spielt ja auch Nicht-Mechanics-Songs in den Shows. Andrew, von dir vor allem Cuddly Toy, aber ihr habt auch mal This Generation gespielt auf früheren Tourneen …
Andrew: Ja genau – und auch Only To Be With You
it: Habt ihr euch mal überlegt, damit etwas flexibler umzugehen? Also einfach mal öfter wechseln?, Vielleicht auch mal was von Dir, Tim?
Tim: Dieses Jahr war echt viel los mit vielen verschiedenen Verpflichtungen, dann noch Vater von drei Kindern sein und versuchen, die Balance zu finden, wo ich bin, also eher die Musical-Welt oder die Rockwelt. Es ist wohl eher die Rockwelt. Ich würde gern ein Soloalbum fertigstellen. Aber es geht auch einfach darum, mal länger an einem Ort zu sein, um sowas machen zu können. Ich würde gern ein eher Theater / Musical basiertes Projekt machen und ein reines Soloprojekt. Und natürlich weiter mit den Jungs hier Musik machen.
it: Reden wir jetzt über das Soloalbum, das du schon im Interview 2012 angekündigt hast?
Tim: Ja, das ist es wohl, aber das Problem ist einfach nur das Leben, weißt du? Damals war ich auch noch bei einem anderen Label. Du willst was machen, dann kommen sie mit einem Plan oder einem Deal, das funktioniert aber nicht und dann dauert es sechs Monate, bis andere Optionen kommen. Heute sollte es etwas einfacher sein, da ich mit anderen Leuten arbeite. Ich bin mir sicher, dass es jetzt einfacher ist.
Andrew: Aber denk auch dran: Die Leute kommen ja für eine Mike + The Mechanics Show und die muss ja nicht unbedingt Songs von anderen enthalten. Natürlich haben wir Cuddly Toy oder Genesis-Songs gespielt. Wenn der Set so funktioniert, spielt das keine Rolle, aber das ist ja nicht vor vornherein festgelegt.
Tim: Uns treibt da auch nicht unser Ego an, wir möchten einfach Musik machen und eine gute Zeit haben. Da richten wir uns auch nach den Fans. Also wenn Mike mit einer Setlist kommt und die gefällt den Leuten, dann ist das auch ok.
Mike: Ja, und das war sehr gut, mal zwei Sets zu spielen, und dann auch mehr als zwei Stunden. Aber wenn die Show auch mit 1:50h funktioniert, ist das auch ok. Also werden wir sehen.
it: Was hält die Zukunft für Mike + The Mechanics noch bereit?
Mike: Oh, wir sind grad mitten in einer Tour und haben ein neues Album draußen. Da denke ich darüber nicht so viel nach.
Tim: Die Tour ist einfach ein großer Spaß.
Mike: Du machst etwas und schaust, wohin es dich führt, weißt du was ich meine? Tim geht zum Beispiel direkt zurück zum Musical, wenn wir mit der Tour durch sind.
Andrew: Und ich werde dieses jahr ein neues Soloalbum veröffentlichen
it: Du hast ja auch bei BMG unterschrieben?
Andrew [verwundert]: Ja ….
it: Ich hab’s gehört…
Andrew: Ja BMG wird mein Album veröffentlichen. Und das klingt richtig gut.
it: und wird Twice In A Lifetime heißen
Andrew: Ja, du weißt ja mehr darüber als ich (lacht)
Mike: Schöner Titel!
Andrew: Bezüglich des Titels: Die Leute erwarten ja immer, dass man diesen einen Moment im Rampenlicht hat und darauf hinarbeitet und das war’s dann, aber Musiker wissen einfach nicht, wann es mal einen Peak gibt oder wann eine Durststrecke.
Tim: Schau dir nur Billy Ocean an – er hatte diesen ganzen Erfolg und tourt immer noch.
it: Stimmt, wie Billy Joel …
Tim: Ja, noch einer! Die machen immer noch großartige Dinge auf der Bühne!
Andrew: Wer hätte gedacht, dass Santana ein #1 Album nach dem Jahr 2000 haben würde?
it: Phil Collins tourt auch wieder …
[Gelächter]
Andrew: Ja genau!
Tim: Gerade als man rausfand, dass er noch da ist, geht er auf Tour und ist lebendiger als je zuvor, oder? Also wenn du was machen willst, dann machst du was. Wenn du live spielen willst, dann tust du’s eben. Aber da treibt dich ja die Zeit nicht unbedingt an.
Mike: Also die Antwort ist: Keiner von uns weiß das. Und das ist okay, ich mag das so.
Andrew: Es gibt keinen Plan und das ist für uns alle völlig okay.
Mike [zeigt auf das Mediabook von Out Of The Blue, das auf dem Tisch liegt, wird lauter und lacht dabei]: Und die kam ja auch erst letzten Freitag raus!
it: Mike, du hast dich ja an einer heiligen Kuh der Genesis-Fans vergriffen, indem du einen Teil des Firth Of Fifth Solos bei den Mechanics Shows spielst …
Andrew: Eine heilige Kuh! Super!
it: Warum hast du dich entschieden, ausgerechnet das zu spielen? In Fankreisen wird das kontrovers diskutiert …
Mike: Naja meine Frau sagte zu mir ‚wenn du jemals wieder dieses verdammte Hendrix Solo spielst, dann komme ich nie mehr zu einer Show‘ also musste ich ja was ändern. Nein, das war ein Scherz. Es geht darum, dass wir mit der Zugabe Word Of Mouth etwas anderes probieren wollten, indem wir kleine Soli von verschiedenen Leuten spielen. Das ist als kleines Dankeschön gedacht, wie ein Kleinod im Konzert und das funktioniert richtig gut. Also habe ich Firth Of Fifthmausgesucht und gedacht versuch es mal – und ja, das ist es auch schon.
Tim: Und die Fans finden das toll! Du kannst genau sehen, wer im Publikum seit den Genesis-Tagen dabei ist. Wenn Mike das spielt, dann kann man schon darauf warten, dass viele diesen Blick haben „hast du das auch gehört?“. Und es ist super, dass man mit sowas ganz am Ende der Show die Leute noch mal richtig animieren kann.
it: Lasst uns mal über zwei bestimmte Songs reden. Der erste wäre The Letter, der meiner Meinung nach einer der besten Songs ist, die ihr zusammen gemacht habt. Aber ihr habt das nie live gespielt, warum eigentlich nicht?
Tim: Wir haben das tatsächlich probiert, Aber es ist auch irgendwie ein langer Song. Es braucht auch ne ganze Menge, damit der Groove funktioniert. Aber ich liebe auch dieses Gitarrensolo in dem Song, das ist schon sehr Genesis-mäßig. Also sag niemals nie.
Andrew: Und das Stück hat eine fantastische Atmospähre! Aber man muss sich auch überlegen, wie viele Songs so einer Art kann man in einem Set spielen? Wenn man vor das Publikum tritt, will man dieses ja unterhalten und in Stimmung bringen.
Mike: Es ähnelt auch Silent Running. Ich würde beide nicht in einer Show bringen. Das ist der Grund.
Andrew: Haben wir das nie live gespielt? Geprobt haben wir es definitiv!
Mike: Genau, aber nie vor Publikum gespielt.
it: Ihr macht ja öfter auch Duette auf der Bühne während der Shows. If I Were Youwar so ein Stück. Es gäbe noch einen weiteren Song, mit dem das funktionieren würde: A Call To Arms. Habt ihr darüber jemals nachgedacht?
Mike: Nein.
it: Ok, dann nehmt das einfach als Anregung meinerseits.
Mike: Es gibt viele schöne Sachen, die wir machen können. Wir haben ja auch mal Nobody Knows probiert und fanden das richtig gut. Aber irgendwie kam das beim Publikum nicht so gut an.
Andrew: Und wir haben auch Nobody’s Perfect gespielt, oder nicht?
Mike: Ja.
it: Mike, in den Credits des neuen Albums steht, dass du Bass gespielt hast und etwas für das Programmieren zuständig warst, aber Gitarre wird nicht erwähnt …?
Mike: Was, es wird keine Gitarre erwähnt?[Gelächter]
Andrew: Ich hab Gitarre gespielt [lacht].
Mike: Nein, dann ist das ein Fehler. Natürlich hab ich Gitarre gespielt.
Andrew: Sowas passiert. Wir haben mal ewig an den Bassläufen gearbeitet und dann vergessen, den Namen des Bassisten in den Credits zu erwähnen. Da stand nur „Bass“. Halb so wild.
it: Mike, du hast ja mit Schiller musiziert. Wie ist es denn dazu gekommen?
Mike: Ja! Unser Drummer Gary Wallis arbeitet mit Schiller schon sehr lange und die kamen dann auf die Farm, um ein echtes Schlagzeug für das Album aufzunehmen. Gary sagte also, komm doch mal vorbei und sag Hallo, das ist ja nur 15 Minuten von mir entfernt. Und Schiller fragte mich dann, ob ich Lust hätte, etwas Gitarre zu spielen. Also suchte er einen schönen Ambient Track aus und ich nahm dann ein wenig für ihn auf. Das war schön.
it: Also vermietet ihr die Farm immer noch an andere Musiker?
Mike: Nicht wirklich, nein, Das war eine Ausnahme und ein Gefallen, den ich Gary getan habe.
it: Aber das Studio wird generell noch benutzt?
Mike: Ja.
Andrew: Wir haben dort ja auch aufgenommen.
it: Bei Phil Collins seid ihr ja auch Vorband für die ersten sechs Shows diesen Sommer. Mike, gibt es ne Chance, dass du während der Collins-Show auf die Bühne kommst?
Mike: Ich hab keine Ahnung. Wir werden sehen.
it: Mike, die 70 ist ja nicht mehr weit und du tourst noch immer. Hast du jemals ans Aufhören gedacht?
Mike: Na die Tour ist wirklich super, aber manchmal denke ich, das ist schon ein Programm eines jungen Mannes. Drei Shows, dann einen Tag Pause. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das in dieser Form noch mal mache, aber ans Aufhören denke ich nicht. Ich weiß nicht. Ich mag was ich mache und sehe nicht, dass ich aufhöre. Aber wir werden sicher mehr Pausen machen, also auch während einer Tour. Ich genieße das Touren aber immer noch sehr.
it: Hast du jemals über ein weiteres Soloalbum ohne Co-Writer nachgedacht?
Mike: Nee. Ich kann sowieso nicht singen und bräuchte dann jemanden, der das macht. Wenn du nen guten Song schreibst, brauchst du auch einen guten Sänger, der das singt. Ich glaube zwar, dass jeder singen kann, wenn er früh einen Weg findet, wie es geht, aber der Zug ist bei mir wohl abgefahren.
it: Wir haben uns ja einen Aprilscherz erlaubt – und geschrieben, dass du Smallcreep’s Day zum 40. neu aufnimmst – und das haben doch viele erst mal geglaubt …
Mike: Ich hab das seit Jahren nicht mehr gehört. Wir hatten diese lange Suite darauf, basierend auf einem Konzept. Das war ne feine Sache und irgendwie auch mutig, das zu tun.
it: Du solltest das Album neu auflegen – es ist ohnehin schwer zu finden.
Mike: Na vielleicht hast du Recht, aber erst mal sollte ich es mir wieder anhören.
it: Tim, du hast ja gesagt, dass du dieses Jahr ein Soloalbum herausbringen möchtest. Können wir denn dann nächstes Jahr damit rechnen?
Tim [lacht]: Ich hoffe es wirklich sehr! Wie gesagt, es geht darum, dass ich mal längere Zeit an einem Ort bin. Ich werde mich mit Brian Rawlings treffen, das ist übrigens der Typ, der uns hier alle zusammengebracht hat. Mit dem muss ich mal über einen Zeitplan reden. Einfach um mal eine Basis zu haben, damit überhaupt was passiert. Vielleicht schon bis September. Was danach kommt, weiß ich nicht so genau. Ich werde auch an Shows mit Orchestern beteiligt sein usw. Aber wenn ich zurück in die USA gehe, dann sollte das Album eigentlich bis Oktober stehen. Aber vielleicht muss ich auch mit auf die Roachford-Tour.
[Gelächter]
it: Andrew, wer wird eigentlich in deiner Live-Band dieses Jahr sein?
Andrew: Der Drummer heißt Luke Niami, der ist mit Mitte Zwanzig noch relativ jung. Dann Yoyo Buys am Bass, der begleitet mich jetzt auch schon seit neun Jahren. Mein Bruder Stephen spielt Gitarre und ich natürlich Keyboards und Gesang. Eine kleine Band, aber ein großer Sound. Wir touren dann in Großbritannien, Österreich, der Schweiz, Deutschland und den Niederlanden. [Die Tourdaten findet ihr hier]
it: Mike, hast du eigentlich den Kanal voll von all diesen Genesis-Fragen in Interviews?
Mike: Nein, natürlich nicht, denn es sind ja naheliegende Fragen.
it: Ok, aber wie realistisch ist denn eine Reunion? Das könnte ja nicht ansatzweise so laufen wie 2007, da Phil kein Schlagzeug mehr spielen kann.
Mike: Vor drei Jahren hätte ich noch gesagt: Es wird auf keinen Fall passieren. Aber nun hab ich Phil live gesehen und er klingt sehr gut. Also wer weiß? Am Ende geht es um die Musik. Und wenn man einen Genesis-Fan fragt, wollt ihr Genesis mit Phil sehen, der aber nicht Schlagzeug spielt oder wollt ihr Genesis gar nicht sehen, was kriegst du da wohl für eine Antwort?
Tim: Die sind ja auch lang genug dabei, um sowas einschätzen zu können.
it: Natürlich gibt es da immer Lösungen, es geht ja nur darum, wie es dann aussehen könnte. Das Problem ist ja auch, dass Fans in der Regel nicht altern und alles so haben wollen wie früher, wenn ihr es nochmal machen solltet.
Mike: Da sehe ich kein großes Problem, wir haben immer Wege gefunden, das dann umzusetzen.
it: Wenn ich mir die akustischen Songs auf Out Of The Blue anhöre, dann gefallen mir diese besser als die Band-Versionen, weil sie einfach anders sind und innovativer. Und dann dachte ich – wäre das nicht eine Idee für Genesis?
Mike: Ich glaub für sowas haben wir immer zu viel dunkles Zeug geschrieben.
it: Was denkt ihr über den Brexit?
Mike: Ich hoffe das geht an uns vorbei, das ist so dumm. Vielleicht verliert es sich irgendwie.
Andrew: Für mich ist das ein einziger Witz geworden. Es verwirrt auch nur noch. Die meisten wissen doch gar nicht, worum es geht und was los ist.
Tim: Es ist schon merkwürdig, aber ich finde es auch gut, dass es immer weiter in die Zukunft geschoben wird. Jetzt sind wir schon bei Oktober. Ich bin ja nach England gezogen, damit ich näher an Europa bin. Ich hab durch die Tourneen auch viel von Europa gesehen, was eine wundervolle Erfahrung war.
Andrew: Eigentlich sollten wir ja jetzt schon raus sein. Stell dir das mal im Kontext der Tour vor, das hätte alles sehr kompliziert werden können.
it: Okay – dann danke ich euch für das angenehme Gespräch
Alle: Ja, vielen Dank auch an dich, hat Spaß gemacht!
Interview, Transkription, Übersetzung: Christian GerhardtsFotos: Florian Stolbrink
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