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Genesis – The Mama Tour – Video Rezension (VHS)

Ein VHS-Video ist heutzutage ja schon fast ein Relikt vergangener Zeiten. Als Dokument der Mama-Tour gibt es aber leider bis heute keinen anderen offiziellen Bild- und/oder Tonträger und selbst dieses Video wird bereits seit über 15 Jahren nicht mehr neu aufgelegt.

Ein VHS-Video ist heutzutage ja schon fast ein Relikt vergangener Zeiten. Als Dokument der Mama Tour gibt es aber leider bis heute keinen anderen offiziellen Bild- und/oder Tonträger und selbst dieses Video wird bereits seit über 15 Jahren nicht mehr neu aufgelegt.

Nachdem Genesis von November 1983 bis Februar 1984 lediglich unterbrochen durch die Weihnachtsfeiertage intensiv durch nordamerikanische Hallen getourt waren, kamen sie in der letzten Februarwoche 1984 wieder nach Europa. Aus unbekannten Gründen wurde aber kein einziges Konzert auf dem Festland gegeben. Man entschied sich vielmehr, vom 25. bis 29. Februar fünf aufeinander folgende Shows im National Exhibition Centre, dem Messezentrum von Birmingham zu spielen. So blieb selbst London außen vor. Es ist leider nicht klar, inwieweit das Video ein Zusammenschnitt von Aufnahmen mehrerer dieser Shows ist. Klar ist jedoch, dass zumindest die Begrüßung des Publikums vom 27.02.1984 stammen muß. Nach Phil’s „it’s Monday night and it’s Birmingham“ hilft hierfür ein Blick in den Kalender. Die Entscheidung das Tourvideo in Birmingham aufzunehmen ist dagegen durchaus verständlich, da man schließlich aus bis zu fünf Aufnahmen die besten aussuchen konnte. Dennoch haben es leider bei weitem nicht alle Songs der durchaus interessanten Setliste auf das Video geschafft. Dazu später mehr.

Im Vorspann des Videos werden kurze Backstage-Aufnahmen gezeigt während man bereits den Anfang von Abacab hört. Hier zeigt sich bereits, dass der Haus- und Hof-Regisseur von Genesis, Jim Yukich, das Konzert stark zusammengeschnitten hat. Von den üblichen 2½ Stunden fehlen gut 45 Minuten. So wurde die Eröffnung mit Dodo/Lurker weggelassen, was der ein oder andere Fan noch verschmerzen dürfte. Anders sieht es da schon mit dem „Old Medley“ à la 1983/84 (in Birmingham mit Eleventh Earl Of Mar, The Lamb Lies Down On Broadway, Firth Of Fifth und The Musical Box), Carpet Crawlers oder Los Endos aus.

Zu allem Überfluss kündigt Phil während seiner Begrüßung auch noch Barry Manilow-Songs an. Ganz so schlimm soll es dann aber doch nicht werden. Vielmehr folgt mit That’s All nach Phil’s Aussage aus den USA importierte Country & Western Music. Es ist das erste von insgesamt sechs Songs des „Albums ohne Namen“.

CoverDie Garderobe der Herren mag damals zwar zeitgemäß vielleicht sogar modern gewesen sein. Heute wirkt sie eher abenteuerlich: Mike Rutherford in enger Lederhose, und mit ärmellosem Stehkragenhemd. Phil Collins trägt wie gewohnt Schweißbänder. Aber nach der Three Sides Live Encore Tour 1982 hat er sein Outfit durch Hosenträger ergänzt und hat statt des Halstuches diesmal einen superschmalen roten Schlips an. Während der Show verzichtete Phil übrigens zum Leidwesen der weiblichen Fans weitgehend auf einen bis dahin obligatorischen Oberkörper-Striptease. Dafür ist er ab dem Cage-Medley im Feinripp-Unterhemd zu bestaunen …

Die Bühne ist spartanisch wie eh und je: Podeste und Musikinstrumente. Allerdings sucht man Tony Banks auf seinem Stammplatz am vom Publikum aus gesehen rechten Bühnenrand vergeblich. Erstmals findet sich seine Keyboard-Festung in der Mitte zwischen den beiden Drumkits. Interessant wird es dann vor allem über der Bühne. Dort hängt eine wahre Armada von VariLights neben nur noch vereinzelten herkömmlichen Scheinwerfern, alles in Dreiecksformen angeordnet.

Nach Mama folgt Phil’s Auftritt mit Sonnebrille, kariertem Sakko und Ghetto-Blaster. Über letzteres versucht die Band angeblich, den Polizeifunk abzuhören. Tatsächlich findet Phil im Äther aber nur Songs wie Yes‘ Owner Of A Lonely Heart, Van Halen’s Jump und zur großen Freude des Publikums sogar Mama. All das ist Teil der Ankündigung zu Illegal Alien, bei dem als Backgroundchor sogar die Tourcrew auf die Bühne kommt.

Nun ist endlich „Audience Participation Time“ – ein englischer Begriff, den man heutzutage wohl keinem Genesis-Fan mehr übersetzen muss. Nachdem die komplette Beleuchtung dank der regen Publikumsbeteiligung an der Geisterbeschwörung bis knapp über die Bühne heruntergelassen wurde, folgt Home By The Sea selbstverständlich gefolgt von Second Home By The Sea. Bei diesem Song-Duo kann man erstmals auf dem Video die volle Pracht der für damalige Verhältnisse revolutionären Lichtanlage bestaunen. Hier zieht „Dr.“ Alan Owen alle Register.

Der nun folgende Song wird als Geschichte über den Kosmos angekündigt: Keep It Dark – ein Song, an dem man sich auf den Touren 1981 und 1982 interessanterweise live noch nicht versucht hatte. Nahtlos geht er über in It’s Gonna Get Better. Bis zu diesem Zeitpunkt finden sich auf dem Video lediglich Lieder von Abacab und dem Genesis/Shapes-Album.

Unmittelbar danach tritt Phil ans Mikrofon. Bevor er etwas sagen kann schreit jemand aus dem
VHS-KassettePublikum: „Play the bloody cage!“ In der Tat würde jetzt im Set das Cage-Medley folgen, allerdings wollte Phil zunächst Daryl Stuermer und Chester Thompson vorstellen. Daher bitte er den Fan: „Wait a bloody minute!“ Erstmals wurde 1983/84 das Cage-Medley um …In That Quiet Earth erweitert.

Das klassische Drum Duet wird leider jäh beendet bevor Los Endos überhaupt nur angespielt wird. Es folgt stattdessen unmittelbar das Schlusslied Turn It On Again, erstmals als Medley mit Stücken verschiedener Motown-Songs und einigen zeitgenössischen Songschnipseln wie von Karma Chameleon oder Every Breath You Take.

Wie eingangs angemerkt gibt es diesen Konzertzusammenschnitt nur auf VHS-Video. Auch wenn die Show leider unvollständig ist hält sich der Wunsch nach einer offiziellen DVD-Version ähnlich wie die Invisible Toch Tour-DVD jedoch hartnäckig. Ob eine solche Version jemals erscheinen wird und wenn ja wann, ist leider bis heute völlig unklar. Genauso würde sich die Frage stellen, ob es brauchbare Aufnahmen der restlichen Songs des Konzerts gibt, sodass man die vollständige Show veröffentlichen könnte. Es bleibt einzig die Hoffnung, dass Genesis – ähnlich wie es z.B. U2 vormachen – nach und nach wirklich alle alten VHS-Konzertvideos auf DVD neu auflegen.

Die vollständige Setlist aus Birmingham 1984:

Dodo / Lurker

Abacab

That’s All

Mama

Eleventh Earl Of Mar / The Lamb Lies Down On Broadway / Firth Of Fifth / The Musical Box

Illegal Alien

Home By The Sea / Second Home By The Sea

Carpet Crawlers

Keep It Dark

It’s Gonna Get Better

Follow You, Follow Me

In The Cage / The Cinema Show / …In That Quiet Earth / The Colony Of Slippermen

Afterglow

Drum Duet

Los Endos

Turn It On Again / Everybody Needs Somebody To Love / (I Can’t Get No) Satisfaction / Twist And Shout / All Day And All Of The Night / Baby Let Me Take You Home / Karma Chameleon / Every Breath You Take / Pinball Wizard / In The Midnight Hour

Die fettgedruckten Lieder sind auf dem Video enthalten.

Autor: Ulrich Klemt