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Genesis – Duke Tour 1980 – Tourbericht

Nach ihrer ersten längeren Schaffenpause gingen Genesis 1980 wieder auf Tour. Die Duke Tour wurde in vielerlei Hinsicht besonders.

Das Jahr 1979 begann für Genesis mit einer längeren Schaffenspause. Seit 10 Jahren waren sie entweder dabei, ein neues Album aufzunehmen, oder sie befanden sich auf Tour. Nun war es das erste Mal, dass die Band sich für eine längere Zeit nicht sah. Die Gerüchteküche um eine Auflösung der Gruppe brodelte. In dieser Ruhepause gingen zunächst Tony und dann Mike ins Studio und nahmen ihre ersten Solo-LPs A Curious Feeling und Smallcreep’s Day auf.

Phil, der für einige Monate in Kanada gewesen war, kehrte nach England zurück. Da die anderen mit ihren Solo- projekten beschäftigt waren, nahm er mit Brand X die LP Product auf und spielte in einigen Sessions, so z.B. mit John Martyn und Pete Townsend von The Who. Außer- dem spielte er mit Peter Gabriel einige Gigs bei den Festivals in Aylesbury und Reading.

Planungen

Im Herbst 1979 trafen sich die drei mit neuem Elan wieder und probten fünf Wochen in Phils Landhaus für ihre neue LP Duke. Um diese Platte zu promoten, begab sich Genesis erneut auf Tour, diesmal jedoch nur durch England und Nordamerika. Wie bereits bei The Lamb Lies Down On Broadway musste Genesis am Anfang der Tour vor einem Publikum spielen, das die neue LP noch nicht gehört hatte, da auch Duke erst nach dem Beginn der Tour veröffentlicht wurde.

Während der letzten Tour hatte die Band nur ein einziges Konzert in England (Knebworth-Festival) gespielt. Aus diesem Grund wollte man nun die englischen Fans verwöhnen und setzte landauf, landab Konzerte an. Insgesamt wurden auf der Insel mehr als 40 Konzerte gegeben. Doch im Gegensatz zu den letzten Tourneen, wurde in England in wesentlich kleineren Hallen (bis zu 3000 Plätze) gespielt. Darunter waren auch der Friars Club in Aylesbury und das Drury Lane Theatre in London, wo Genesis seit einigen Jahren nicht mehr aufgetreten war. Die Band wollte wieder eine intimere Atmosphäre und einen engeren Kontakt zu ihren Fans.

Genesis Duke Tour UK Poster

Hintergründe

Nichtsdestotrotz wurden es keine „kleinen“ Shows. So kamen immerhin noch 367 Scheinwerfer, darunter 80 Flugzeuglandelichter, zum Einsatz. In Amerika je doch konnte Genesis nicht ganz auf die großen Hallen verzichten, weil die hohen Produktionskosten wieder eingespielt werden mussten. So spielten sie sowohl im Roxy in Los Angeles wie auch im Madison Square Garden in New York.

Die Livebesetzung war die gleiche wie bei der And Then There Were Three-Tour zwei Jahre zuvor, mit Chester Thompson an den Drums und Daryl Stuermer an Gitarre und Bass. Doch es gab auch einige Besonderheiten dieser Tour, wie Phils „Story of Albert“, mit der er den Duke-Block, bestehend aus Behind The Lines, Duchess, Guide Vocal, Turn It On Again, Duke’s Travels und Duke’s End, ansagte.

Genesis spielte diesen Block übrigens an einem Stück, so wie es ursprünglich auch für die LP geplant war. In einem Interview mit Hugh Fielder erzählte Phil dazu:

„Ich wollte einen langen Song mit ganz wesentlichen Inhalten. Deshalb fügte jeder von uns Dinge hinzu. Turn It On Again ist eine Mischung aus Teilen von Tony, Mike und mir, denn ich wollte, dass es wie bei Earth, Wind and Fire klingt. Und Duchess war ursprünglich nichts anderes als ein Klangmuster für die Drum maschine mit Tonys Guide Vocal am Ende. Duke’s Travels und Duke’s End waren Riffs, die sich einfach so entwickelt haben. Wir beabsichtigten, alle diese Teile zu einem 25minütigen Lied zusam menzutugen. Als wir dann aber zu der praktischen Durchführung dieser Idee auf dem Album kamen, mussten wir feststellen, daß die einzelnen Stücke auf der zweiten Seite nicht so gut ankommen würden. Deshalb mussten wir alles umstellen.“

Der Live-Set

Insgesamt wurden folgende Titel live dargeboten: Back In N.Y.C. (wurde nach der vierten Show gegen Deep In The Motherlode als Opener ausgetauscht) / Dancing With The Moonlit Knight (nur der Anfang mit der ersten Strophe) / Carpet Crawlers / Squonk / One For The Vine / Behind The Lines/ Duchess / Guide Vocal / Turn It On Again / Duke’s Travels / Duke’s End / Say It’s Alright Joe / The Lady Lies / Ripples / In The Cage / Afterglow / Follow You Follow Me / Dance On A Volcano / Los Endos / I Know What I like / The Knife (nicht bei allen Shows). In Amerika wurde auch noch Misunderstanding gespielt, das dort ein großer Hit geworden war.

Zugunsten der Musik wurde wieder auf große Schauspieleinlagen weitestgehend verzichtet. Lediglich Phils berühmte Tamburin-Tarantella während I Know What I Like und sein Auftritt als „Drunk Joe“ bei Say It’s Alright Joe durften auch diesmal nicht fehlen. Erwähnenswert ist auch noch Phils Vorstellung der Musiker, bei der er neben den „realen“ Bandmitgliedern auch noch Frank, die Drummaschine, namentlich vorstellte: „This is Frank. He is bisexual, because he plays with anybody.“

Aber auch die Lightshow, insgesamt nicht ganz so bombastisch, verfehlte ihre Wirkung nicht. Hervorzuheben ist hier z.B. der Einsatz der Flugzeugscheinwerfer bei In The Cage, die den Effekt eines Lichtkäfigs suggerierten. Während Afterglow erzeugten wallende Nebelschwaden zusammen mit der in
blauem Licht erstrahlenden Bühne einen herrlichen Effekt. Der geringere Einsatz der Effekte tat dem Ganzen jedoch keinen Abbruch, bescherte doch die Kraft der Musik Genesis einen großen Erfolg und ließ die Gerüchte über eine Auflösung der Band verstummen.

Autor: Peter Schütz
zuerst veröffentlicht in it-Magazin #12, September 1994
Poster image: © George German