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Fish über Genesis 1996, 2007 und 2020
Der Musiker Fish (früher Marillion) wurde seinerzet als Kandidat für de Nachfolge von Phil Collins bei Genesis gehandelt. Im April 2020 hat er nun ein paar Details dazu preisgegeben und ebenso eine Einschätzung zu Genesis 2007 und 2020 gegeben.
Fish hat auf seiner Facebook-Seite ein paar Details zu den Genesis-Auditions 1996 preisgegeben. Dazu kommen Aussagen über Ray Wilson, die Aktivitäten von Genesis in den Jahren 2007 und 2020. Wir haben die Aussagen für euch transkribiert und übersetzt.
Ah, hier ist eine interessante Frage von Eric P. Schwarz: Als Phil Collins Genesis Ende der 90er Jahre verließ, haben Tony Banks oder Mike Rutherford Kontakt mit dir aufgenommen? Hast du dir mal überlegt, deinen Hut in den Ring zu werfen? Deine Arbeit mit Banks war klasse!
Ja, die war klasse! Und: Ja, als Phil ging, war auch mein Name im Hut. Es heißt, dass Tony Smith, der Manager, Mike Rutherford und Tony Banks fragte: ‚Okay, also wen wollt ihr haben?‘ Und Mike Rutherford schlug die beiden Sänger aus seiner Band vor, das waren damals Paul Young und Paul Carrack. Tony Banks schlug mich vor, glaube ich. Zeitweilig war auch Roger Chapman von Family im Gespräch. Sie konnten sich nicht entschließen, und am Ende nahmen sie dann Ray Wilson, was mich überraschte. Ich war so überrascht, weil ich mich daran erinnerte, wie Ray hier mit einer Band in den Funny Farm Recording Studios arbeitete. Er hatte diese Band – Ray machte Coverversionen, und er sang alles Mögliche von Bruce Springsteen zu Genesis zu … alles Mögliche eben. Er hatte diese Stimme. Eine großartige Stimmtechnik, und er konnte praktisch jeden nachmachen. Ich weiß noch, dass er mich damals in den Funny Farm Studios so ungefähr fragte: ‚Was soll ich denn machen?‘ und ich sagte ihm: ‚Ich denke, du solltest dir eine Band suchen, die sich schon gefunden hat. Du bist ein guter Sänger. Statt eine Band zusammenzustellen und es auf eigene Faust zu probieren, such dir doch einfach eine bestehende Band.‘
Und siehe da: Ich war auf dem Weg zum Flughafen Heathrow, als Ray mich anrief – ich weiß noch, das war ein merkwürdiges Gespräch. Er erzählte mir ausführlich, dass er gerade vom Vorsingen bei Genesis zurückkam, dass sie bald auf Tour gehen würden, und er erzählte es mir immer wieder, und dann passiert das! Das Album gefiel mir überhaupt nicht. Ich fand es sehr schwach und eine Schande, dass es gemacht wurde. Aber ja, ich war im Gespräch dafür.
Hätte ich das Album gerne gemacht? Rückblickend: Nein. Ich habe mit Tony gearbeitet und ich mag Tony. Ich habe Mike auch einige Male getroffen – zuletzt in Guildford, als ich die SAS-Konzerte gemacht habe, da kam er mich kurz hinter der Bühne besuchen. Ein netter Typ ist er, aber ich weiß nicht, ob ich mit ihnen klarkommen würde, weil ich vom Wesen her so bin, dass, äh – ich bin wahrscheinlich ein bisschen zu laut für sie. Und gleichzeitig hätte ich mich dann wieder in eine Lage gebracht, das habe ich, glaube ich, letztes Mal erwähnt, als wir miteinander gesprochen haben (das heißt, als ich letztes Mal gesprochen habe), wie ich mit Ayreon auf den Electric Castle-Konzerten gearbeitet habe. Das war ein Erlebnis, als wir dort hingingen, und gesagt wurde: du machst dies, du musst dann dorthin, an dieser Markierung stehen, den Text singen, und so weiter. Man war ferngesteuert. Was man machen wollte … man wurde wie ein Pferd ins Geschirr gespannt und ich denke nicht, dass es mir gefallen hätte, vor die Genesis-Maschinerie gespannt zu werden. Ich hätte das vermutlich zu einengend gefunden und wahrscheinlich nach ein, zwei Monaten rebelliert.
Sie sind aber tolle Menschen, und dass sie dieses Jahr wieder auf Tour gehen… da gab es übrigens auch die Frage mich, was ich davon halte, dass sie wieder auf Tour gehen. Das ist toll, großartig. Und ich finde es interessant, dass ihr Leutchen immer davon sprecht, dass ich die Stücke nach unten transponiere. Ich habe Genesis live in Twickenham gesehen, wann war das noch? Sicherlich auf ihrer letzten Tournee. Ich habe meine Tochter Tara mitgenommen – mein Freund John Crawley hat mir Tickets besorgt, und ich merkte plötzlich, dass ich wie ein Fan mitsang – aber in der richtigen Tonlage! Und ich dachte: Also entweder ist meine Stimme plötzlich verdammt viel besser geworden oder aber sie hatten offensichtlich die Tonlage geändert. Und ich hatte es nicht mal gleich gemerkt. Diesmal werden sie sicherlich nochmal darüber nachdenken. Phil hat da mein volles Mitgefühl. Ich habe Phil einige Male getroffen, und wir haben über dies und das und jenes diskutiert. Ich weiß, dass er krank war. Seine Rückenschäden – die kann ich gut nachfühlen. Auf Youtube oder anderswo habe ich Aufnahmen gesehen; es war ziemlich traurig zu sehen, dass er ganz offenkundig Mühe hatte. Ich hoffe, dass er diese Tour schafft. Es ist ein großes Unternehmen. Genesis sind nicht wie ich, wenn ich auf Tour gehe. Das ist eine große Produktion, viele Leute, viel Verantwortung und großer Druck. Ich hoffe nur, dass das klappt. Ich bin mir aber sicher, dass die Band großartig sein wird. Ich weiß aber noch nicht, ob ich hingehen werde. Als die Rolling Stones in Edinburgh gespielt haben, war ich mir auch nicht sicher, ob ich sie mir ansehen wollte. Einerseits hatten sie ja nichts Neues im Gepäck, und in einem Stadion hundert Meter von der Bühne weg zu stehen und jemanden auf einem Bildschirm anzusehen ist nicht meine Vorstellung von einem idealen Konzert. Das greift eine andere Frage von der letzten Woche auf: Ich gehe nicht gerne zu Konzerten. Ein Konzert auf dem Bildschirm zu sehen und dazu die Livemusik zu bekommen scheint mir ziemlich sinnlos. So sehe ich das jedenfalls.