- Artikel
- Lesezeit ca. 7 Minuten
Djabe & Steve Hackett – Live In Györ – 2CD/Blu-ray Rezension
Im April 2023 erscheint ein weiteres Live-Album der Zusammenarbeit zwischen der ungarischen Band Djabe und Steve Hackett. Live in Györ ist die Dokumentation der The Journey Continues-Tour.
Wie fast jedes Jahr war Steve im vergangenen Sommer wieder mit Djabe unterwegs und Teil von einigen Live-Konzerten dieser Band. Die Tour 2022 – The Journey Continues – hatte den gleichen Titel wie schon 2019, was sich natürlich auf das Album Life Is A Journey bezieht, das die Herren vor einigen Jahren in Sardinien eingespielt haben. Der Auftritt fand im August 2022 in Györ statt, einer Stadt im Norden von Ungarn, und es war die letzte Station dieser Tour. Sie wurde ebenfalls auf Video aufgenommen wurde. Das Album kommt mit 2 Audio-CDs und einer Video Blu-ray Disk. Mir standen zunächst nur die Audio-Tracks zur Verfügung, die nachfolgend besprochen werden. Mittlerweile haben wir die Rezension um den Konzertfilm als Addendum ergänzt.
Djabe ist eine ungarische Jazzband, die ihre Musik mit Elementen der ungarischen und World-Musik mischt. Seit 20 Jahren ist Steve regelmässig mit diesen Musikern unterwegs und er bezeichnet sie auch als die beste Band, mit der er je zusammen gespielt hat, was ja so einiges zu bedeuten hat.
Wer Djabe nicht kennt und mehr über die Band erfahren möchte, wirft am besten kurz einen Blick in die Rezensionen der Alben Live is a Journey – The Sardinia Tapes und Back to Sardinia.
Zum grossen Teil umfasst die Setlist Musik eben dieser Alben, die eine Zusammenarbeit von Steve und der ungarischen Jazzband darstellen, ergänzt mit eigenen Tracks von Djabe, sowie diversen Stücken aus Steves Solo-Kariere aber auch ein kleine Auswahl seiner Zeit mit Genesis.
Es gab zwei Neubesetzungen im Vergleich zu den besprochenen Alben. An den Keyboards ist nun ein neues Mitglied: Ábel Márton Nagy und hinter dem Schlagzeug sitzt Gábor Oláh. Beide fügen sich nahtlos in die Band ein. Obwohl Gábor Oláh sehr gut spielt, haben mich seine Vorgänger eine Spur mehr beeindruckt, aber das ist wirklich meckern auf hohem Niveau.
Djabe live zu hören ist ein Genuss. Hier spielen routinierte und virtuose Musiker zusammen und die Spielfreude ist hörbar. So hoffe ich, dass sich die Herren – mit oder ohne Steve – einmal weiter nach Westen wagen, wo ich sie mir anhören kann.
Was erwartet uns auf diesem Album? Djabe ist eine Band, die produktiv ist und laufend Live-Aufnahmen auf Alben hervorbringt. Wer auf die Webseite der Band geht, findet eine grosse Auswahl an Veröffentlichungen auf CD, Vinyl und sogar Tonband.
CD 1
Searching For The Stag eröffnet das Konzert als kurzes musikalisches Appetit-Häppchen, das die richtige Atmosphäre aufbaut und fliessend in das folgende Power Of Wings übergeht. Dies ist ein Paradestück des Albums The Magic Stag, sehr stimmungsvoll und getragen von einer orientalisch anmutenden Grundmelodie. Hier kann sich Steve mit einem langen Solo hervortun. Der folgende Hackett Live-Klassiker The Steppes fängt ungewöhnlich an. Die Klänge von Áron Koós-Hutás Trompete erinnern mich unmittelbar an Peters Soundtrack zu Passion. Der Track selber klingt dunkler als das Original und baut langsamer auf. Die Trompete ähnelt Rob Townsends Saxophon bei Steves Live-Auftritten, passt in meinen Augen aber besser.
Mit Buzzy Island, meinem Favorit des Life Is A Journey Studioalbums, kommt nun ein von der Rhythmus-Sektion getragenes Stück, in dem Bass und Schlagzeuger einen wunderbaren Teppich weben, über den Trompete und später Steves Gitarre ihre Soli legen. Auch das Bass-Solo von Barabás darf nicht fehlen und er erhält in seiner Heimatstadt spontan Szenen-Applaus.
Lake By The Sea ist dagegen ruhiger und einer meiner Lieblinge vom zweiten Sardinien Album. Der akustisch tönende Beginn würde auf jedes Solo Album von Steve passen.
Hacketts Ace Of Wands, beinhaltet einige interessante Variationen des Originals. Aber wie schon bei Steve Solo Auftritten kann ich mich mit dem Einsatz der Blas-Instrumente hier nicht so anfreunden. Ob Saxophon oder Trompete – mir ist das Keyboard lieber. Gegen Ende hin wird es mehr und mehr jazziger, was mir durchaus zu gefallen weiss. Mit Castelsardo At Night wird es wieder sanfter: chilliger Ambient Jazz vom ersten Sardinien Album, aber verspielter und freier vorgetragen als auf dem Original. Ich stelle mir vor, wie gut dies an einem lauen Sommerabend live ins Theater von Taormina passen würde. In That Quiet Earth schliesst die erste CD ab. Nach einem improvisiert klingenden Intro von Steve, kehrt der Song zu den bekannten Melodien des Originals zurück. Auch hier ist der Track wieder mit einer deutlichen Prise Jazz arrangiert und erhält den typischen Djabe-Touch mit Trompete und den Bassläufen von Barnabás.
CD 2
Witchi Tai To, eine Komposition des indianischen Saxophonisten Jim Pepper, das Djabe schon in ihrer Anfangszeit spielten, eröffnet die zweite CD. Es ist eins der wenigen gesungenen Stücke und wirkt verhaltener und simpler, wie der restliche Teil des Konzertabends. Last Train To Istanbul von Steve wirkt für mich wie ein Fremdkörper im Set und ist für mich ein Skip-Kandidat, auch wenn die Instrumental-Passagen deutlich besser sind als auf dem Original. Auch das folgende Percussion-Intermezzo (Györ) funktioniert hier auf der Audio CD nicht – im Gegenteil zu einem Live Auftritt baut sich der spezielle Zauber nur schwer auf.
Mit Golden Sands kehren wir wieder nach Sardinien zurück, die bekannte entspannende Atmosphäre des Albums baut sich unmittelbar auf und auch der Wechsel zu einer hörenswerten Version von Hairless Heart passt, gefolgt von einer auf Steves Solo gekürzten Variante von Firth Of Fifth, der hier von einem prägnant aufspielenden Barabás begleitet wird.
Für die Freunde des Bass folgt nun das funkige Around The Circle, das natürlich aus der Feder des Bassisten von Djabe stammt, und der hier ein nettes kleines Feuerwerk abbrennt, welches er gleich zu Anfang des folgenden Distant Dance fortsetzt, bevor die Band einsteigt und diesen von Jazz und Blues geprägten Track vorträgt, der etwas improvisiert und zerfahren wirkt.
Los Endos und der Györ Blues bilden den Schluss des eigentlichen Konzertes. Der Genesis Klassiker erinnert mich im Stil an Steves erste Genesis Revisited Phase, also grober und druckvoller im Vergleich zum Original, anfangs sehr zerfahren gespielt, aber die zweite Hälfte versöhnt wieder. Der folgende kurze Blues bildet den Abschluss des Konzerts.
Die folgenden drei Stücke sind die Bonus Zugabe und stammen von unterschiedlichen Orten. Clouds Dance ist ein typisches Djabe Stück im Ambient Jazz Stil mit sich abwechselnden Instrumentalpassagen und ist für mich der Höhepunkt der zweiten CD mit einem sehr ausgewogenen Zusammenspiel der gesamten Band. Danach folgt eine zweite Fassung von Castelsardo At Night, die in Debrecen aufgenommen wurde und das Blues Stück vom Auftritt im tschechischen Olomouc beendet die CD.
Fazit:
Während sich die erste CD gut durchhören lässt, ist der zweite Teil eine wilde Mischung. Da sind zum einen die sanften Ambient-Jazz Klänge, wie man sie von den Sardinia-Tapes her kennt, zum anderen Blues- und Jazz-Tracks, die sperriger sind und wie Jam-Sessions klingen. Dazwischen gestreut werden die Klassiker von Hacketts Solo- und Genesis-Zeit und eine Percussion-Etappe. Dieser Spagat ist in meinen Augen einfach nicht zu schaffen. Als einzelne Stücke können sie glänzen, aber für mich fehlt hier der Zusammenhang von einem zum nächsten Stück.
Wer bereits das letzte Live-Album von Steve und Djabe hat, wird sich überlegen müssen, ob er sich auch dieses holen soll. Denn es enthält sieben Tracks, die bereits Teil der Aufnahme der 2019er Tour waren, die eine ähnliche Setlist hatte. Dazu kommen die Paradestücke von Steve, wie Firth Of Fifth, Hairless Hearts, Los Endos, u.a. die sich in vielfältigen Varianten auf so manchen Live- und Studio-Alben von Steve befinden.
Aber da sind ebenso Tracks die zum ersten Mal live mit Steve und Djabe aufgenommen und veröffentlicht wurden, wie unter anderem Lake By The Seaund die einzigartigen Blues-Kompositionen. Ace Of Wands gab es bereits auf dem Album Summer Storms And Rocking Rivers. Hier muss sich jeder selber entscheiden, ob er diese CDs zu seiner Sammlung hinzufügen möchte.
Das Album, das am 28. April auf den Markt kommt, enthält 2 Audio-CDs und einer Video Blu-ray Disk. Die Blu-ray enthält eine Vielzahl von Extras. Dokumentarfilme, die bei den Stationen der Tournee gedreht wurden, die Filmaufnahmen und die Lieder von den Auftritten in Budapest, Wien, Olomouc und Debrecen. Wie üblich hat Tamás Barabás einen satten Surround-Mix erstellt. Die Blu-ray bietet zur Auswahl 24bit/96kHz Dolby TrueHD und 24/96 wav 5.1. Natürlich kann auch eine high-resolution 24/96 Stereo-Tonspur gewählt werden.
Addendum:
In der Zwischenzeit hatte ich zum Glück die Gelegenheit, mir die Video-Aufnahmen des Györ Konzerts anschauen zu können, die Teil der DVD sind und ich muss sagen, dass diese Bilder die reinen Audio-Aufnahmen enorm aufwerten. Das Video selber ist von überzeugender Qualität, gut geschnitten und bringt die Live-Performance der Band sehr stimmig rüber.
Nun sieht man einiges klarer und ich weiss zum Beispiel endlich, welche Gitarrenparts von Steve sind und welche Soli Attila beisteuert ? ich muss eingestehen, mich in der Rezi einmal prompt vertan zu haben. So mancher Tracks gewinnt deutlich durch den visuellen Aspekt und gewisse Details lassen einen Schmunzeln. Als Beispiel sei hier der Keyboarder genannt, der plötzlich ein breites, strahlendes Lächeln auf dem Gesicht hat, als er Tonys Tastenpart bei In That Quiet Earth spielt.
Es gibt einige interessante Überraschungen, die einem erst die DVD enthüllt. Ich werde diese Details aber nicht schon hier verraten. Lasst euch also überraschen. Wem noch ein Argument gefehlt hat, sich das Live-Album zuzulegen ? die DVD wertet das Paket ungemein auf.
Autor: Zoltán Kelemen
Live In Györ erscheint am 28. April 2023 bei CherryRed als 2CD/Blu-ray Set und ist in Deutschland bei Amazon und JPC bestellbar.
CD1
Searching For The Stag
Power Of Wings
The Steppes
Buzzy Island
Lake By The Sea
Ace Of Wands
Castelsardo At Night
In That Quiet Earth
CD2
Witchi Tai To
Last Train To Istanbul
Györ
Golden Sand
Hairless Heart
Firth Of Fifth
Around The Circle
Distant Dance
Los Endos
Györ Blues
Bonus tracks
Clouds Dance – live in Vienna, 17 August
Castelsardo At Night – live in Debrecen, 19 August
Olomouc Blues – live in Olomouc, 20 August
Musicians:
Steve Hackett – guitar, vocal, harmonica
Tamás Barabás – bass guitar, vocal
Attila Égerházi – guitar, percussion, vocal
Ábel Márton Nagy – keyboards
Áron Koós-Hutás – trumpet, flugelhorn
Gábor Oláh – drums