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David Rhodes – Interview 2002

Das folgende Interview mit Gabriels „Haus und Hof“-Gitarristen führten wir im Mai 2002 in seinem Haus in England.

it: Beginnen wollen wir mit Fragen zu Random Hold. Quasi das gesamte Random Hold-Material wurde vor kurzem zum ersten Mal auf CD veröffentlicht. Warst du in dieses Projekt eingebunden?

David: Nein, überhaupt nicht…

it: Warum?

David: Ich war immer der Meinung, dass sich das nicht lohnen würde. Aber als ich dann die Musik hörte, war ich doch sehr angenehm überrascht. Ich war dankbar, dass Bill [MacCormick] dies alles organinsiert hatte und so viele Bemühungen für dieses Projekt unternahm. Ich mag besonders die Energie, die bei dem Livemitschnitt der Doppel-CD [The View From Here] rüberkommt. Wisst ihr übrigens, dass Bill die offizielle Genesis-Website leitet?

it: Ja, das wussten wir. Du bist also zufrieden mit den CDs?

David: Nun, es ist, was es ist; halt ein Album aus jener Zeit. Es ist lustig für mich, diese Songs anzuhören. Ich sprach mit Peter Hammill darüber, und es ist recht interessant, die verschiedenen Betrachtungsweisen der Leute über diese Musik zu erfahren. Es gibt da sehr viele unterschiedliche Meinungen.

it: Hast du mitbekommen, ob sich die Alben gut verkaufen?

David: Nun, man hat mir gesagt, dass ich einen Scheck zu erwarten hätte (lacht). Ich weiß nicht wie groß die Summe auf dem Scheck sein wird – vermutlich nicht besonders groß! Die ganze Geschichte ist etwas für die Fans.

it: Hast du nach der Trennung mit Random Hold noch mal mit den ehemaligen Bandmitgliedern zusammen gearbeitet?

David: Für einen sehr kleinen Zeitraum habe ich mit der zweiten „Version“ von Random Hold gearbeitet. Ich habe da aber weder gesungen noch Songmaterial geschrieben. Ich half ihnen lediglich beim Spielen etwas aus.

it: Die Album-Credits sind etwas schwammig, was die Lead-vocals der einzelnen Tracks angeht. Hast du bei Random Hold immer den Gesang übernommen?

David: Ich sang nicht bei allen Songs der Studio-Alben. Bei den Konzerten tat ich dies allerdings grundsätzlich.

it: Im Peter Gabiel-Magazin „Gabbleratchet“, Ausgabe Nr. 12 aus dem Frühjahr 1984 stand geschrieben: „David Rhodes hat erneut mit David Ferguson, seinem alten Partner von Random Hold, zusammengearbeitet. Sie haben gemeinsam vier neue Songs geschrieben, die bisher sehr positive Reaktionen hervorgerufen haben“. Kannst du uns etwas dazu sagen?

David: Mit diesem Material ist nichts weiter passiert. Ich denke, dass David das Kapitel mit mir abgeschlossen hat.

SOLO-PROJEKTE

it: Wieder ein Auszug aus dem „Gabbleratchet“, Ausgabe Nr. 4 aus dem Herbst/Winter 1981: „Der bekannte Produzent Martin Rushent zeigt Interesse an David Rhodes‘ Solo-Tonbändern von The Big Time.“ Aus dem Frühjahr 1982 (Gabbleratchet Nr. 5) stammt folgende Meldung: „David Rhodes wird demnächst die erste Single unter seinem Namen veröffentlichen. Sie wurde produziert von Martin Rushent und trägt den Titel Cowboys And Indians„. Was geschah mit diesem Material?

David: Der Song [Cowboys And Indians] wurde aufgenommen. Martin hatte mit The Human League sehr große Erfolge feiern können. Wir arbeiteten tatsächlich zusammen, und eines Tages wartete ich im Studio auf ihn, um den Song abzuschließen. Er kam aber nicht. Ich wartete vergebens auf ihn, und irgendwann bin ich halt gegangen, und das ist die ganze Geschichte. Ich habe ihn zwei oder drei Jahre später in London getroffen. Ich begrüßte ihn, aber als er merkte, wer ich war, wendete er sich ganz schnell von mir ab. Das ist alles ziemlich hässlich gewesen.

it: Um was handelt es sich bei The Big Time?

David: Ich habe keine Ahnung, was damit gemeint sein könnte.

it: Es gab also aus der Zusammenarbeit mit Martin nur diese Single, aus der dann aber nichts wurde?

David: Ja, es gab nur diesen einen Song.

it: Im Gabbleratchet Nr. 6 aus dem Sommer 1982 steht geschrieben: „David Rhodes hat daran geabeitet, weitere Songs aufzunehmen und bekam sogar einen Plattenvertrag angeboten“. Was kannst du uns dazu sagen?

David: Ich kann mich nicht daran erinnern.Ich vermute, dass diese Informationen mit Martin zusammenhängen müssen, aber das alles ist einfach zu lange her.

it: Existiert dieses Material noch?

David: Nein, ich habe alles weggeschmissen. Ich trenne mich schnell von solchen Sachen. Peter [Gabriel] ist da genau das Gegenteil.

it: Warum archivierst du deine Musik nicht?

David: Nun, ich ärgere mich schnell über Dinge. Ich denke, dass diese Eigenschaft aus meiner Zeit an der Kunstschule stammt, als ich häufig sehr lange an Arbeiten gesessen habe, und wenn ich sie dann am Ende nicht mochte, wollte ich diese Werke einfach nicht mehr sehen. Mit meiner Musik mache ich es genau so.

it: Was geschah mit den Demobändern, die du uns bei unserem letzten Interview 1995 vorgespielt hast? Das hörte sich doch nach einem kompletten Album an.

David: Ich weiß es nicht (lacht). Nun, ich besitze diese Songs noch und habe auch neues Material geschrieben. In diesem Sommer war ich kurz davor, weiter daran zu arbeiten. Dann allerdings kam wieder ein anderes Projekt dazwischen, und außerdem arbeite ich ja noch mit Peter. Ich habe irgendwie die Befürchtung, dass meine Sachen nicht stark genug sind. Aber als ich diese Random Hold-Alben vor einiger Zeit hörte, war ich bestimmt einen Monat lang total aufgeregt und der Meinung, dass ich so etwas auch hinbekommen könnte (lacht).

it: Wir können uns vorstellen, dass es viele Fans gibt, die dein Album kaufen würden. Vielleicht gäbe es ja die Möglichkeit, es über Real World Records zu veröffentlichen.

David: Nun, ich sollte es wirklich fertigstellen. Ich habe bereits mit einem Schlagzeuger und einem Bassisten darüber gesprochen.

it: Hast du mal wieder mit Akira Inoue zusammen gearbeitet?

David: Vor achtzehn Monaten flog ich nach Tokyo, und wir haben gemeinsam einige Shows absolviert. Wir inszenierten Snowflake. Die Geschichte wurde auf Japanisch vorgelesen, und wir spielten die Songs live. Das ganze Projekt war die Idee von Akiras Tante, einer entzückenden kleinen Lady, die schon um die achtzig Jahre alt sein muss. Sie hatte die Geschichte gelesen und war sehr angetan davon. Wir stellten also eine Band zusammen und spielten noch ein weiteres Konzert mit zusätzlichem Material in einem Club in Tokyo. Akiras Frau ist Sängerin, und sie plant für diesen Sommer ein Album, bei dem ich eventuell mitwirken werde.

it: Eines deiner größeren Soloprojekte der letzten Jahre war der Soundtrack zum Film La Gabbianella e il Gatto.

David: Ja, der kam sogar in Deutschland auf den Markt. Soweit ich weiß, war er dort aber nicht sehr erfolgreich. Ich glaube, dass dieses Projekt nicht besonders gut ankam und unterstützt wurde. In Italien hingegen war der Film ein riesiger Erfolg. Wenn ich mich nicht täusche, sahen dort über eineinhalb Millionen Leute den Streifen im Kino, was für einen solch kleinen Film ganz erstaunlich ist. Die Geschichte ist sehr bekannt, und das Buch, welches die Grundlage für den Zeichentrickfilm bildete, ist fast immer in den Top 10 der Bestseller-Listen.

it: Wie kam es dazu, dass du die Musik für diesen Film geschrieben hast?

David: Der Regisseur des Projektes hatte sich für Real World interessiert. Er war also eines Tages im Studio, aber ich wusste das nicht. Wir kamen ins Gespräch, und am Ende fragte er mich, ob ich die Musik schreiben würde. Ich stimmte zu. Ich fing dann mit der Arbeit an den Songs an, und wir diskutierten sehr viel darüber. Ich kannte die bewegten Bilder vorher nicht! Ich hatte nur ein Drehbuch. Das Team zeichnete die Bilder nach den Songs, nur so kann das bei einem Zeichentrickfilm funktionieren. Ich hatte ein Video zur Verfügung gestellt bekommen, auf dem eine schwarzweiße Version des Storyboards in der richtigen Länge des Films zu sehen war. Es waren also aneinander gereihte Videostills. Der Gesang war zuvor aufgenommen worden. Das war alles, was ich zur Verfügung hatte. Ich musste mir also vorstellen, wie die Geschichte zwischen den mir bekannten Songs weitergehen würde und dazu dann ebenfalls die Musik schreiben. Es ist eine ganz ungewöhnliche Erfahrung. Wenn man aber am Ende den fertigen Film in Farbe sieht, ist man völlig von den Socken. Man hat vorher nur in dieser kleinen grauen Welt gearbeitet und letztendlich offenbart sich etwas ganz Tolles.

it: Einige Elemente in La Gabbianella… hören sich für Peter Gabriel-Fans vertraut an. Da gibt es zum Beispiel den „Kratz“-Sound von Intruder oder einen anderen Effekt, der an Digging In The Dirt erinnert. Aber auch andere Elemente erinnern an ein Peter Gabriel-Album. Liegt das nur daran, dass die Fans den Stil und den Klang deiner Gitarre sofort erkennen und dann an Peters Musik erinnert werden, oder wolltest du etwas erschaffen, das Peters Stil ähnelt?

David: Ich arbeite schon sehr lange mit Peter zusammen. Sobald ich Musik schreibe, machen sich natürlich die Einflüsse von Peter bemerkbar. Aber es gibt da auch in die andere Richtung einen ähnlichen Effekt (lacht). Man beeinflusst sich gegenseitig und bekommt ein Gefühl dafür, sobald ein Song „funktioniert“.

it: Warst du in die Produktion der anderssprachigen Versionen des Soundtracks mit eingebunden?

David: Ich habe das anfänglich versucht. Alle Songs wurden auf Englisch aufgenommen. Man hat mit kanadischen Schauspielern zusammen gearbeitet. Ich habe dann bei der Auswahl der italienischen Sänger mitgeholfen. Auch bei der deutschen Version gefallen mir die Sängerinnen gut. Wie gesagt, anfänglich war ich da mit eingebunden, aber irgendwann hatte die Vertriebsfirma da ihre Hände mit im Spiel. Darüber dann noch die Kontrolle zu behalten, ist sehr schwierig. Ich habe auch die holländischen Versionen der Lieder gehört, und die hörten sich sehr ungewöhnlich an, da sie einfach Schauspieler anstatt Sänger die Songs singen ließen.

it: Gibt es Pläne für eine englische Version des Soundtracks?

David: Nun, die englische Version des Films wurde vor zwei Jahren beim London Filmfestival präsentiert. Man konnte allerdings keinen Vertrieb finden. Übrigens singt Peter Hammill darauf. Er ist eine sehr gute Ratte (lacht). Auch Midge Ure sang mit. Er war aber nur eine durchschnittlich gute Katze, er war nicht „rattig“ genug. Es wurde dann nach Amerika verkauft, aber diese Firma – es war soweit ich weiß TriMark – wurde verkauft, und der Film verschwand dann von der Bildfläche. Viele gute Filme werden zwar gedreht, finden aber keinen Vertriebsweg. Ich will nicht sagen, dass Gabbianella ein großartiger Film ist. Er ist nur ein Beispiel für das Problem in der Industrie, die nur Streifen aufnimmt, die auch das entsprechende Erfolgspotential in sich bergen.

it: Gibt es weitere Pläne, den Soundtrack noch in anderen Sprachen zu veröffentlichen?

David: Nun, der Regisseur hat leider seine Firma verlassen, und wir haben nur noch sehr wenig Kontakt zu den Italienern. Es sollte noch eine spanische Version geben. Ich weiß aber nicht, ob es dazu letztendlich kommen wird.

OVO

it: Was kannst du uns über dein Mitwirken beim OVO-Projekt sagen?

David: Mit der Show hatte ich gar nichts zu tun. Natürlich habe ich auf dem Album ein wenig gepielt, aber der Anteil war wirklich nicht sehr umfassend. Ich habe die Show nicht einmal gesehen!

it: Peter hatte mal erwähnt, dass er OVO eventuell noch einmal aufnehmen und bei dieser Version alle Songs selbst singen wolle. Kannst du dazu etwas sagen?

David: Ja, man arbeitet tatsächlich daran. Stephen Hague, der schon mit den Pet Shop Boys und New Order zusammen gearbeitet hat, beschäftigt sich derzeit mit diesem Projekt. Man hat sehr viele Songs neu arrangiert und einige Elemente sogar grundlegend verändert. Peter hat die Songs noch mal gesungen. Ich weiß allerdings nicht, wann dieses Album veröffentlicht wird. Es ist aber nicht nur eine Idee, sondern es wird tatsächlich daran gearbeitet.

RABBIT PROOF FENCE

it: Du warst bei diesem Projekt ja offensichtlich sehr stark mit eingebunden; vermutlich mehr als bei jedem anderen Peter Gabriel-Album zuvor. Wir kennen diesen Film und die Musik noch nicht, da weder der Streifen noch der Soundtrack bisher in Europa erschienen sind. Erzähle uns doch bitte, um was es in Rabbit Proof Fence geht.

David: Der Film spielt in den dreißiger Jahren in Australien. Er beschreibt eine wahre Begebenheit. Die Geschichte erzählt von drei Mädchen, die allesamt Mischlinge sind. Sie haben weiße Väter und ihre Mütter waren Aborigines. Die weißen Männer waren mit dem Errichten eines Zaunes quer durch Westaustralien beschäftigt, der „Rabbit Proof Fence“ genannt wurde, da er dafür gedacht war, die Kaninchen und die durch diese Tiere bedrohte Ernte voneinander zu trennen. Die drei Mädchen wurden von ihren Müttern fortgerissen und zu einem Camp transportiert, das 1500 Meilen weit in der Nähe von Perth lag. Es hat alles mit der englischen Regierung jener Zeit zu tun. Der Beamte für die Angelegenheiten der Aborigines wird von Kenneth Branagh gespielt. Er verkörpert einen gemeinen britischen Typen. Man wollte damals die Gemeinschaft der Aborigines vollkommen schwarz halten und versuchte deshalb alle Mischlingskinder von der rein schwarzen Rasse zu trennen. Die weiße Gesellschaft sollte rein bleiben, und Mischlinge waren dort unerwünscht. Man wollte nur Schwarze und Weiße. Man erzog die Mischlingskinder zu einem „weißen“ Leben, um sie später voll und ganz in der weißen Gesellschaft einzubinden. Nach zwei oder drei Generationen, so dachte man, würde die ursprüngliche Herkunft nicht mehr auffallen. Die „Pure Bloods“, wie man sie nannte, wollte man im „outback“ leben lassen. Bis in die Siebziger Jahre ging das so weiter. Gerade vor ein paar Jahren gab es einen Minister, der behauptete, dass all dies nie geschehen wäre. Dieses Thema ist in Australien immer noch sehr angesagt. Ich habe viele Leute dazu animiert, sich diesen Film anzuschauen, der ganz wundervoll inszeniert wurde. Die kleinen Mädchen schauspielern ganz toll. Aber zurück zur Geschichte: Diese Mädchen befinden sich also in diesem Camp. Sie wollen den Weg nach Hause suchen. Das Einzige, was sie wissen, ist, dass sich ihr Zuhause in der Nähe des Kaninchenzauns befindet. Sie entdecken den Zaun und folgen ihm quer durch das Hinterland und durch eine furchtbare Wüste bis nach Hause. Die Kinder lebten von nun an im Busch. Eines der Mädchen hatte einige Jahre später selbst Kinder. Sie wurde ein zweites Mal fortgebracht und unternahm die lange Reise ein zweites Mal. Es ist eine schlimme, aber auch sehr bewegende Geschichte. Eine Veröffentlichung des Films in Europa ist für den nächsten Monat vorgesehen.

it: Was kannst du uns zur Musik des Films erzählen?

David: Die Musik ist sehr trübsinning (lacht). Sie ist sehr langsam und hat viele Rhythmen. Wir gebrauchten keine Gitarren. Zu hören sind zum Beispiel Didgeridoos und große Trommeln. Wir nahmen außerdem den Gesang australischer Vögel auf und spielten ihn langsamer oder rückwärts ab. Einige Sachen sind wirklich sehr schön geworden.

it: Ist die Musik von dir und Peter geschrieben worden?

David: Nein, ich arbeitete mit Richard Evans an diesem Projekt. Wir arrangierten die Musik. Wir schrieben nicht die Musik, sondern wir arbeiteten auf der Grundlage von Peters Melodien an denen wir dann „herumschraubten“. Wir verwendeten Monate dafür, seine Musik zu bearbeiten.

it: Es wurde aber alles in den Real World-Studios aufgenommen?

David: Ja, Richard begann im April letzten Jahres mit den Arbeiten, und wir haben im September/Oktober das Projekt abgeschlossen.

it: Dies war also das zweite Soundtrack-Projekt dieser Art in den letzten Jahren. Hast du noch andere Musik für Filme wie La Gabbianella… geschrieben?

David: Nein, aber ich habe für ein Computerspiel mit dem Titel Atlantis III die Musik geschrieben. Es waren nur kleine Instrumentalstücke. Hört’s euch an… (lacht). Ich habe daran von Februar bis Mai 2001 gearbeitet und stieg dann in das Rabbit…-Projekt ein.

it: Wurde der Kurzfilm Cabbage, für den du die Musik gemacht hast, jemals veröffentlicht, und gab es weitere Projekte dieser Art?

David: Nun, ich spreche ab und zu mit dem Regisseur, David Stewart. Er macht jetzt vorrangig Werbefilme. Ich denke nicht, dass er noch mal einen vergleichbaren Streifen gedreht hat. Dieser Film war nie käuflich zu erwerben.

it: Gibt es andere Projekte, in die du eingebunden bist?

David: Vor einiger Zeit ist Martin Scorsese an Peter herangetreten, um Musik für den Kinofilm Gangs Of New York zu schreiben. Man hat zwanzig Minuten davon beim Filmfest in Cannes präsentiert. Momentan ist der Streifen drei Stunden lang, und er muss noch editiert werden. Der Soundtrack dafür ist nicht perfekt, und man hat sich gefragt, ob Peter da nicht ein wenig aushelfen könne. Wir prüfen jetzt die Möglichkeit, ob wir da etwas arrangieren und Musik beisteuern können.

UP

it: Ist Peters neues Album fertig aufgenommen?

David: Es ist ganz nah an der Fertigstellung. Noch in dieser Woche werden Kopien des Albums an die Plattenfirmen gehen. Am kommenden Freitag gibt es einen Vorspieltermin. Es gibt derzeit sehr viel hektische Aktivität. Gleich drei Teams arbeiten daran. Wir befinden uns in der letzen Drangphase, um dieses Werk fertigzustellen. Wir haben also sehr aufregende Zeiten vor uns!

it: Kannst du uns Songtitel vom Album nennen?

David: Es gibt zwei ganz große Nummern auf dem Album. Die Titel können sich vielleicht noch ändern. Ein Track, den ich sehr mochte, hieß immer Darkness. Mich beschleicht aber ein komisches Gefühl, dass er nun einen anderen Titel bekommen hat. Es ist ein recht spukiger Song. Dann gibt es da noch Signal To Noise, welches wir schon mehrfach gespielt haben. Ein Orchester ist da zu hören, was Peter seit sehr vielen Jahren nicht mehr probiert hat. Beim ersten Album hat er letztmalig so etwas gemacht …

it: … wobei viele Leute sagen, dass das Ganze damals völlig überproduziert worden wäre!

David: Nun, vielleicht wird so mancher denken, dass es dieses Mal auch überproduziert sei (lacht beherzt). Tja, es gibt da noch einen weiteren Song namens The Barry Williams Show, der auf satirische Art amerikanische TV-Shows wie die Jerry Springer-Show behandelt. Von diesen Nummern weiß ich, dass sie auf dem Album sein werden. Es gibt sehr viel Auswahl, und von daher kann man selektieren und gegebenenfalls gewisse Songs für ein zweites Album aufheben, was dann eher als erst in zehn Jahren erscheinen wird.

it: Man könnte doch ein Doppelalbum veröffentlichen?

David: Ich glaube nicht, dass die Leute gerne Doppelalben kaufen. Ihr würdet es natürlich tun, ich weiß … Die Plattenfirmen mögen solche Scheiben nicht. Die Plattenfirmen bezahlen, so weit ich weiß, nur für zehn Tracks eines Albums und übernehmen auch nur dafür die Publizierung.

it: Was kannst du uns noch erzählen?

David: Nun, einige Sachen sind schnell und „up“ (lacht). Andere Sachen sind härter und recht laut. Es ist ein aufregendes Werk.

it: Was ist mit Sky Blue?

David: Eine andere Version davon ist auf Rabbit Proof Fence. Es wurde als Abschlussnummer benutzt. Ich denke, dass auch diese neue Version davon auf dem Album sein wird. Ich habe neulich dieses Stück in der anderen Variante gehört, und es klang sehr gut.

it: Auf Peters Website kann man sich derzeit kleine Videos anschauen, in denen einige Songs vorgestellt werden. Da gab es noch Wet One oder Growing Up

David: Ja, an Growing Up werden wir am Donnerstag und am Freitag noch mal arbeiten. Ich glaube, dass sie da heute noch Schlagzeugelemente aufnehmen wollten. Ich habe fast den Eindruck, dass ihr mehr wisst, als ich … Am besten holt ihr euch alle Infos aus dem Internet (lacht).

it: Kannst du genau sagen, wie viele Songs es insgesamt gab, von denen man auswählen konnte?

David: Nein, das kann ich euch nicht sagen. Es war unglaublich viel Material.

it: Es schwebt da eine Zahl von über siebzig Tracks im Raum.

David: Nun, das waren größtenteils nur Ideen. Noch vor einigen Jahren gab es bis zu neunzig „Schnipsel“, von denen einige zusammengefügt wurden. Es reduzierte sich dann immer mehr. Am Ende waren es wohl zwanzig oder fünfundzwanzig Stücke, an denen in den letzten zwölf oder achtzehn Monaten gearbeitet wurde. Ihr solltet Peter diese Fragen stellen.

it: Es gab bereits vor einiger Zeit Informationen, dass Peter einen Großteil des Schreibens der Songs auf der Gitarre absolvierte. Hat er das Instrument wirklich gespielt, oder hat er den Sound nur gesampelt?

David: Er hat tatsächlich ein wenig gespielt … (kleine Pause – anschließendes Gelächter).

it: … irgendwelche Kommentare?

David: Nun, er (druckst ein wenig rum) erschuf einige kleine Gitarrensounds und probierte da einiges aus. Aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass er am Keyboard besser ist. Sobald du mit einem Instrument spielst, welches nicht dein „erstes“ Instrument ist, handhabst du es automatisch in einer naiveren Art. Man kann irgendwie kreativer sein. Du weißt halt nicht genau, was du da genau tust, und es gibt viele kleine glückliche „Unfälle“. Es gibt einige Künstler, die so arbeiten. Ich kann mich da an John Cale erinnern, der mir erzählte, dass er meistens an der Gitarre komponiere, obwohl das sein „zweites“ Instrument sei. Sobald er das Schreiben der Stücke am Klavier beginnen würde, entwickele sich alles in eine kompliziertere Richtung.

it: Du bestätigst ja, dass sehr viel Material über all‘ die Jahre geschrieben worden sei. Was ist deiner Meinung nach der Grund dafür, dass das Album nicht schon früher veröffentlicht wurde?

David: Es war nichts davon wirklich fertig, und Peter hat halt sehr viele andere Dinge zu tun. Dazu kam bei ihm auch das Gefühl, dass noch nicht der richtige Zeitpunkt für die Fertigstellung erreicht sei. Er genießt den Prozess, etwas entstehen zu lassen. Aber das endgültige Abschließen eines Songs ist nicht immer eine so glückliche Erfahrung. Er hat die Dinge am liebsten immer in der Entwicklung.

it: Gibt es da Parallelen zu deiner Arbeitsweise?

David: Nein (lacht), ich mag es, die Dinge zum Abschluss zu bringen.

it: Es muss recht schwer gewesen sein, aus dem ganzen Material einige wenige Sachen herauszupicken. Wie hat sich Peter dieser Aufgabe gestellt?

David: Man hört sich in der Regel die Songs genau an und teilt die einzelnen Tracks dann einer A-, einer B- oder einer C-Kategorie zu. Auf diese Art reduziert man das Ganze immer mehr. Dazu kommt auch die Frage, ob es bereits Texte gibt.

it: Das Schreiben der Texte ist aber immer der letzte Schritt, oder?

David: Ja.

it: Kannst du den Gesamteindruck des Albums beschreiben?

David: Einfach brillant!

it: Wenn du es mit vorangegangenen Alben von Peter vergleichst, wo siehst du dann die Unterschiede, und wo gibt es Parallelen?

David: Es hört sich sehr zeitgemäß an. Wie schon bei früheren Alben sind die Grooves sehr gut. Es gibt sehr starke Melodien. Die akustischen Elemente sind interessanter als auf US. Ich denke auch, dass die Arrangements komplexer sind. Die Soundarrangierung ist großartig. Ich habe allerdings das Album bisher noch nicht als Ganzes hören können und kann deshalb auch keine umfassende Meinung widergeben. Es ist aber bestimmt ein gutes Album. Es gibt keine zu schnellen Nummern darauf. Es ist nahezu alles in den Tempi aufgebaut, die Peter so gerne mag. Es geht darum, die Rhythmen zu fühlen und nicht von ihnen hektisch „überrannt“ zu werden. Ich denke auch, dass auf diesem Album viel mehr Harmonien als auf der letzten Platte zu hören sind.

it: Habt ihr schon konkret über eine Tournee gesprochen?

David: Ja! Wir werden im November/Dezember nach Amerika fliegen. Mit den Proben dafür werden wir bereits im August beginnen. Was im September geschehen wird, weiß ich noch nicht. Im Oktober gibt es dann Proben zusammen mit der Bühnenshow, die wohl in den U.S.A. stattfinden werden. Irgendjemand sprach von vierundzwanzig oder fünfundzwanzig Shows.

it: Wird die Band wieder die gleiche wie beim letzten Mal sein?

David: Nein, wir haben einen neuen Schlagzeuger namens Ged Lynch. Er war schon bei vielen Sessions [und in Peters Band beim letztjährigen Konzert in Seattle] aktiv. Die Gruppe wird, so denke ich, modern und sehr solide klingen.

it: Wird Tony Levin dabei sein?

David: Ja, Tony ist dabei. Die Besetzung der Keyboards ist noch immer unklar. Es gibt da sehr viele Gerüchte. Vermutlich wird Melanie, Peters Tochter, bei der Tournee singen. Wir haben im letzten Jahr ein Konzert in Seattle gegeben, und auch dort hat sie bereits gesungen und ihre Aufgabe ganz toll erfüllt.


Interview: Bernd Zindler und Helmut Janisch

Transkription und Übersetzung: Bernd Zindler

Fotos: Peter Schütz