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Brand X – But Wait … There’s More! Live 2017 – Album Rezension

Brand X reformierten sich 2016 mit alten und neuen Mitgliedern und gingen wieder auf Tour. Die Konzerte Anfang 2017 wurden für ein Live-Doppelalbum dokumentiert, das nun erhältlich ist. Steffen Gerlach schildert seine Eindrücke.

Brand X sind wieder da! Die einstige JazzRock-Zweitband von Phil Collins hat sich zum 40sten Jubiläum des Debüt-Albums Unorthodox Behaviour 2016 wieder zusammengetan und war auf kleiner US-Tour. Neben den beiden Gründungsmitgliedern John Goodsall an der Gitarre und Percy Jones am Fretless Bass spielt auch erstmals wieder einstiger Collins-Ersatzmann Kenwood Dennard die Drums, der auch auf dem 77er Live-Album Livestock zu hören ist. Als Keyboarder holte man sich Chris Clark hinzu und auch die in den 70ern nicht unwichtige Percussionisten-Position wird seit den frühen Jahren erstmals wieder besetzt und von Scott Weinberger umgesetzt.

coverDer Grund für die klassische Besetzung dürfte das gespielte Material sein. Für diese Jubiläums-Reunion-Tour beschränkte sich die Band nämlich fast ausschließlich auf Tracks des bereits genannten Debüts, dem Nachfolger-Album Morrocan Roll und dem anschließenden Live-Album Livestock. Wer nun allerdings glaubt, dass das nun erschienene Live-Doppelalbum, welches im Januar 2017 bei einem weiteren Tour-Nachschlag aufgezeichnet wurde, ein billiger Abklatsch von Livestock ist, irrt sich. Die Band hat hörbar Bock, die Spieltechnik hat keinesfalls nachgelassen, und man hat sich große Mühe für Aufnahme und Mix gegeben. Nach etlichen Pult-Mitschnitten, die über die Jahre von diversen Tourneen der Band teilweise als „Official Bootleg“ veröffentlicht wurden, dürfte But Wait…There’s More!als das zweite „echte“ Live-Album der Band gelten.

Die Setlist des komplett aufgezeichneten Konzerts am 6. Januar im Sellersville Theater 1894 in Pennsylvania umfasst folgende Tracks: von Unorthodox Behaviour stammen Nuclear Burn, Euthanasia Waltz und Born Ugly, von Morrocan Roll kommen die Collins-Tracks Why Should I Lend You Mine…und …Maybe I’ll Lend You Mine After All (hier von Clark solo interpretiert) sowie Goodsalls Hate Zone und Jones‘ Malaga Virgen, und Livestock ist mit Nightmare Patrolund Isis Mourning vertreten. Ausreißer sind die erst 1979 auf Product veröffentlichte Collins-Nummer …And So To F…, Percys neuer Solo-Spot Magic Mistund ein kleines Intro.


Brand X 2017
Über die Tracks an sich muss man nicht mehr viele Worte verlieren. Man hält sich weitestgehend an die Originale, wobei jeder Nummer wie bereits zu früheren Zeiten immer genügend Spielraum lässt, um die speziellen Facetten der jeweiligen Mitstreiter nach vorne bringt. Keyboarder Chris Clark wählt seine Sounds sehr geschmackvoll aus und bringt bei Improvisationen eine noch etwas jazzigere Note ein, Scott Weinbergers Percussions sind weitestgehend dezent eingesetzt und dürfen in Zukunft gerne noch etwas mutiger eingesetzt werden, Kenwood Dennard spielt ein eher spartanisches Drumset (inkl. Trillerpfeife!), was aber seiner schier brennenden Spielfreude keinen Abbruch tut, Percy Jones ist am Bass immer noch eine absolute Koryphäe und vor allem Unikat, und John Goodsall zeigt, dass er von groovendem Funk über krachendem Rock und filligranem Jazz immer noch alle Spielarten drauf hat. Ein weiterer Weggefährte aus alten Tagen hat sich dem Mix der Aufnahme angenommen: Stephen W. Tayler, der bereits für die Aufnahmen des Morrocan Roll-Albums zuständig war, hat die zwölf Tracks in seinem Studio in Peter Gabriels Real World-Komplexes abgemischt und trotz druckvollem und klarem Sound stets auf die so wichtige Dynamik der Musik geachtet.


Artwork
Nach den etwas gewöhnungsbedürftigen Alben und Besetzungen der letzten Reunion-Phase in den 90er Jahren hat man hier nun das Gefühl, den ursprünglichen Spirit der Band wieder eingefangen zu haben. Es bleibt zu hoffen, dass diese Besetzung noch eine Weile bestand haben wird und vielleicht sogar neues Material in Angriff nimmt. Dankenswerterweise hat man für dieses Comeback einen in allen Aspekten professionellen Start hingelegt: neben der tollen Besetzung funktioniert auch das Marketing dieses mal bestens und die wachsende Aufmerksamkeit durch die erfolgreichen Konzerte in Amerika seit Oktober letzten Jahres lässt hoffen, dass die Band nach 20 Jahren auch endlich wieder in Europa auf Tour gehen wird.

Autor: Steffen Gerlach

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