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Bozzio Levin Stevens – Black Light Syndrome

1997 gründete Terry Bozzios zusammen mit Steve Stevens und Tony Levin eine Art Supergroup. Das Album Black Light Syndrome ist das Resultat dieser Kombination. Harald Köhncke berichtet.

Auslöser für dieses Projekt, das Anfang 1997 erstmals zusammen kam, war die chronische Geldnot Terry Bozzios in Wintermonaten, in denen er offenbar nicht genügend Schlagzeugkurse veranstalten konnte. Bozzios Manager schlug ihm daraufhin vor, eine „Supergroup“ zu gründen und erstes weiteres Mitglied war Gitarrist Steve Stevens. Die beiden trafen sich mehrmals und nahmen dabei auch schon erste Ideen für Songs mit improvisierten Parts auf.

Es fehlte noch ein Bassist und oben auf der Wunschliste stand Tony Levin, wenngleich Bozzio nicht viel Hoffnung hatte, dass dieser auch Zeit und Lust haben würde. Doch Levin hatte Lust und konnte genau vier Tage erübrigen.

Band

In dieser Zeit wurden auf Basis der Ideen, die Bozzio und Stevens zuvor erarbeitet hatten, alle sieben Tracks des Albums aufgenommen. Dabei sollte der Charakter von freien Jams erhalten bleiben und es wurden maximal zwei Takes von jedem Stück aufgenommen.

Später fügten dann Stevens und Levin Overdubs mit weiteren Gitarren, Upright Bass und Stick hinzu.

Die sieben Tracks auf diesem instrumentalen Album sind:

1. The Sun Road (14:37)
2. Dark Corners (8:31)
3. Duende (7:25)
4. Black Light Syndrome (8:45)
5. Falling In Circles (9:07)
6. Book Of Hours (9:38)
7. Chaos/Control (8:49)

Zunächst noch ein paar Worte zu Tony Levins Mitmusikern:

CoverTerry Bozzio ist in Europa vor allem für seine Mitgliedschaft in Frank Zappas Band und die letzten beiden U.K.-Alben (Prog-„Supergroup“ mit John Wetton und Eddie Jobson) bekannt. Er spielte auch mit Jeff Beck und war in den USA Anfang der 80er mittelmäßig erfolgreich mit seiner Pop/New Wave Band ‚Missing Persons‘.

Steve Stevens ist der langjährige Gitarrist von Billy Idol, der immer ein bisschen im Schatten des Bandleaders stand. Aber Billy Idol in den 80er wäre nicht das gewesen, was er war, ohne Stevens‘ Beiträge zu den Songs und seinen Bühnenhabitus. Zusätzlich hatte Stevens mit Harold Faltermeyer zusammen einen Hit mit dem Song „Top gun anthem“ (aus dem Film Top Gun). Neuerdings ist er mit der Hardrockgruppe ‚Deadland Ritual‘ aktiv.

Nach eigener Aussage war Stevens sehr froh über die Möglichkeit ohne kommerziellen Druck eine andere Seite von sich zu zeigen.

Die CD startet mit The Sun Road und jenes beginnt mit Geräuschen, die aus einer Fußgängerzone oder von einem Marktplatz stammen könnten. Als die Musik einsetzt, erkennt man sofort Levins sehr groovigen Bass und Bozzios Schlagzeugspiel. Bozzio benutzt nämlich ein sehr großes Schlagzeugkit mit vielen unterschiedlich gestimmten Toms und das hört man. Allerdings steht Stevens‘ Gitarre im Vordergrund: in einem herkömmlichen Song würde man von einem langen Solo sprechen. Nach einem kurzen Zwischenteil rückt der nächste Abschnitt eher den Bass in den Mittelpunkt und luftige Gitarrenakkorde sowie nach Keyboard klingende Gitarren agieren im Hintergrund. Danach schwingt sich die Gitarre mit einem verrückten Solo zu dem jetzt verzerrten Bass als gleichberechtigt auf, während die Drums drücken und ziehen. Auch die Gitarre wechselt in einen stark verzerrten Sound. Und schließlich ist auch dieser Part vorbei, ein neues, sanftes Gitarrenthema entsteht und dabei hören wir Levin mit einschmeichelndem, coolem Bass, während das Schlagzeug sich nach und nach zu einem Feuerwerk steigert. Wow! Anschließend setzt eine Flamenco-Gitarre ein, Drums und eine zweite Gitarre steigern die Spannung, während der Bass jetzt eher songdienlich im Hintergrund agiert. Das Stück klingt aus mit ein paar Bassläufen und gar keiner Gitarre.

Schon beim ersten (und längsten Stück) der Platte gibt es also viel Abwechslung und die Umsetzung der Musik macht tatsächlich einen teilweise improvisierten Eindruck.

Man könnte die weiteren Stücke unter dem Motto: „noch mehr vom selben“ zusammenfassen. Ich sage noch ein paar Worte zu jedem:

Dark Corners rockt ziemlich und Bozzio ist deutlich mehr im Vordergrund als beim ersten Song. Hier hören wir unfassbare Schlagzeugarbeit und dabei Bass und Stick-Vollbedienung.

Bei Duende steht die akustischen Gitarre, die Stevens‘ Interesse an Flamenco zu jener Zeit ausdrückt, im Mittelpunkt und wird von ausschweifenden, perkussiven Drums und einem groovenden Bass begleitet.

Der titelgebende Song klingt anfangs sehr nach Tony Levins Soloalbum Waters Of Eden: zum im Vordergrund stehenden Bass gesellen sich ein cooles Schlagzeug und dann eine solierende Gitarre. Im Verlauf wird dann der Upright Bass in einer funkigen Ausprägung präsentiert.

Falling In Circles: bei diesem etwas unscheinbareren Stück fallen die halbakustische Gitarre am Anfang und die hardrockige „Machogitarre“ im zweiten Teil auf.

Das vorletzte Stück Book Of Hours beginnt mit einem akustischen Teil ohne Schlagzeug. Auch später schiebt sich die akustische Gitarre immer wieder in den Vordergrund, nach und nach begleitet von einem soften, aber immer wilder werdenden Schlagzeug.

Mit verzerrter Gitarre und pluckerndem Bass werden wir bei Chaos/Controlbegrüßt. Nach etwa zwei Minuten geht dieses in einen jazzigen Teil über. Von perfektem Drumming begleitet hört man im Folgenden die Gitarre ausgiebig solieren, gegen Ende statt im jazzigen auch mehr im hendrix’schen Modus. Damit ist der Abschlusssong der CD im Vergleich zu den anderen altmodischer und weniger experimentell.

Oft ist ja das Ganze nicht mehr als die Summe der Teile. Hier jedoch war Magie im Spiel, als diese Spitzenmusiker Black Light Syndromeaufnahmen! Ein Feuerwerk aus Ideen und genialem Zusammenspiel ist ihnen gelungen.

Das sollte nicht nur allen Freunden der Stick Men gefallen. Prog ist vorhanden, wenn auch nicht so sehr im klassischen Sinne, ein klein bisschen Fusion ist natürlich mit dabei. Aber eigentlich ist die Musik etwas, was man so noch nicht gehört hat und wahrscheinlich auch nur genau jene drei Musiker zusammen erzeugen konnten. Sehr spannend, gerade auf Kopfhörern!

Black Light Syndrome landete in Japan in den Top 100 und eine Tour dort war angedacht, fand aber nicht statt. Die Zusammenarbeit hat den drei Musikern trotzdem so gut gefallen, dass sie im Jahr 2000 erneut zusammen kamen und mit Situation Dangerous ein weiteres, etwas stärker ausgearbeitetes und produziertes, Album veröffentlichten.

Die CD ist 1997 bei magna carta erschienen, 2014 auch als limitierte 2-LP.

Quellen:
http://www.ram.org/music/articles/stevensinterview.html
Linernotes zur CD von Terry Bozzio
Wikipedia

Autor: Harald Köhncke (Oktober 2019)