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Armando Gallo Interview am 21.10.2006 in Welkers
Das positive Feedback zur Fragestunde mit Richard Macphail beim Early Years Event 2005 war natürlich auch ein Grund, dasselbe mit Armando Gallo durchzuführen. Er hat die Band auf eine andere Weise, aber vor allem noch länger als Richard begleitet und wusste viel zu erzählen..
Fragestunde / Interview mit Armando Gallo
Das positive Feedback zur Fragestunde mit Richard Macphail beim Early Years Event 2005 war natürlich auch ein Grund, dasselbe mit Armando Gallo durchzuführen. Er hat die Band auf eine andere Weise, aber vor allem noch länger als Richard begleitet und wusste viel zu erzählen…
Armando zeigte den Besuchern zunächst etliche Bilder in einer Diashow, viele dieser Aufnahmen wurden noch nie veröffentlicht. Er kommentierte fast jedes Bild und wies auf Besonderheiten hin. Im Anschluss daran stellte er sich den Besuchern des Events…
Einleitung:… und jetzt kommt die italienische Variante von Halligalli, nämlich „Hallo, Gallo!”
Frage: Wie hast du Genesis kennengelernt?
Armando: Ich war in London als Auslandskorrespondent eines italienischen Magazins. Im Oktober 1970 bekam ich einen Anruf vom Chefredakteur des Magazins Chart 2001. Er machte mir das Angebot, auf das ich gewartet hatte: „Können Sie mir eine wöchentliche Kolumne schreiben und zwei Artikel pro Woche dazu? Können Sie mir das garantieren?“ Ich war total begeistert, weil ich jetzt endlich meine bisherige Arbeit als Architekt aufgeben und Vollzeitjournalist werden konnte. Er sagte mir dann: „Ich will nicht noch mehr über die Beatles und die Rolling Stones hören. Schreib über neue Gruppen. Du hast Carte Blanche dafür. Ich mochte damals Van Der Graaf Generator und habe sie mit ein paar Freunden im Lyceum live gesehen, am 19. Januar 1971, meinem Geburtstag. Da habe ich Genesis gesehen, weil sie die Vorgruppe waren.
Trespasshatte mir nicht so gefallen. Ich war eher für schwierigeren Stoff, King Crimson und so. Aber als ich sie sah, vor allem als Peter Gabriel durchdrehte und bei
The Knife beinahe ins Publikum gesprungen wäre – da hab ich mich in die Band verliebt, sozusagen – da gab es was, worüber man sich unterhalten konnte. Das war eine von den Bands, über die ich für das Magazin schreiben musste. Treffen wollte ich sie aber nicht! Auf der Bühne war da so viel los – wenn es da etwas gibt, was mir so gut gefällt, habe ich ein wenig Angst, dass ich enttäuscht werde, wenn ich sie dann interviewe. Die erste Begegnung war ein Jahr später. Sie gingen auf Tour in Italien und ich wollte ein Interview mit ihnen machen, das dann eine Woche vor der Tournee erscheinen sollte. Damals hab ich die Bilder gemacht, im März 1972. Lange Rede.
Frage: Eins der ersten Bilder, die du uns gezeigt hast, wurde in einer Sporthalle in Italien aufgenommen. Ich habe dieses Bild schon früher mal gesehen, und zwar auf einem Bootleg namens Live in Pavia. Wurde das Bild dort aufgenommen?
Armando: Die Bilder, die ihr jetzt gesehen habt, sind aus Reggio Emilia. Pavia war eine andere Stadt. Die Bilder wurden 2001 veröffentlicht, also hat sie jemand wohl aus dem Magazin gepflückt …
Zwischenruf: Gestohlen.
Armando: Ja. So ist das mit Bootlegs [lacht].
Frage: Ich habe den Eindruck, dass du mit einzelnen (Ex-)Mitgliedern von Genesis recht vertraut bist. Arbeitest du immer so, dass du einen persönlichen Kontakt aufbaust zu den Leuten, die du fotografierst?
Armando: Nein… das sind ja so viele, die kann man wirklich nicht alle persönlich kennenlernen. Und manchmal hört man auf zu arbeiten, wenn man die Leute privat kennt. Ich bin mit einigen italienischen Rockstars wie Zucchero und Vasco Rossi befreundet und ich schreibe keine Artikel mehr über sie. Wenn sie erst mal anfangen, dir persönliche Sachen zu erzählen, wo soll man dann die Grenze ziehen? Heute morgen habe ich zum Beispiel Carol Willis wegen der Reunion angerufen, und sie sagte: Ja, es wird eine Pressekonferenz geben, aber ich kann dir nicht mehr dazu sagen, weil dir sonst schwer wird, na ja, euch [zeigt aufs Publikum] nichts zu sagen.
Frage: Bei der Bilderpräsentation hast du erwähnt, dass du um 1984 das Interesse an Genesis verloren hast. Damit hast du sie dann also Mitte der 80er nicht erlebt, bist aber zur
We Can’t Dance-Tour zurückgekehrt. Warum haben sie dich Mitte der 80er nicht mehr interessiert?
Armando: Naja … das kennt ihr doch auch: Wenn man viel Schokolade ist, mag man sie irgendwann nicht mehr sehen. Ich habe für das Buch recherchiert, es geschrieben, beworben und war dann auf Tour mit der Band. Irgendwann hab ich gedacht, jetzt reicht’s. Ich habe ja auch andere Sachen gemacht. Als ich das Buch über Genesis geschrieben habe, hatte ich schon gar nicht mehr so viel mit Rock’n’Roll zu tun. Ich war inzwischen als Hollywoodkorrespondent für ein großes italienisches Magazin in Los Angeles. Das Buch habe ich geschrieben – darüber könnten wir ewig reden, aus vielerlei Gründen – ich konnte damit über die 60er und die 70er Jahre in London schreiben, ohne über mich zu reden. Ich erzählte eben von dieser Band, die in den 60ern anfing und die 70er Jahre ging. Diese fünf Jahre von 1970 bis ’75 sind eine Phase, von der nicht viele Leute wissen. Peter Gabriel verließ die Band und konnte keinen neuen Plattenvertrag bekommen, weil alle dachten, er könne keine Stücke schreiben. Ich fand, ich müsse dieses Buch schreiben, weil die Leute sonst nie davon hören würden. Als Journalist war ich ihnen sehr nahe. Ich wollte ein Buch für Italien schreiben und habe es dann auf Englisch geschrieben. Nebenbei machte ich auch noch andere Sachen, interessierte mich für Film und Fernsehen, und darum bin ich da ausgestiegen.
Frage: Wie hat die Band dich wahrgenommen? Hat sie dich als Fan betrachtet, als ihren Biograph, als Journalist?
Armando: Am Anfang als Journalist, dann als Italiener, der sie daran erinnerte, wie erfolgreich sie in Italien waren. Dann als Journalist, als Fotograf. Ich war einer von diesen sehr treuen Journalisten… das Problem mit Genesis war, dass sie wohl sehr unsichere junge Menschen waren und man ihnen helfen wollte, weil sie etwas ganz Besonderes hatten. Ich weiß noch, dass ich sie mir angesehen habe und darüber in meiner wöchentlichen Kolumne geschrieben habe. Charisma dachte, ich wäre Glen Colson. Der war der Pressesprecher von Charisma Records. Er hat mich aufgezogen damit, dass ich so verrückt nach Genesis war, weil er das nicht verstand, weil doch Lindisfarne die Nummer Eins waren. Ich fand die Band einfach klasse. Wenn man sich allein mal
The Musical Box anhört – das ist ein einziges Stück, in dem es klassische Musik, Oper und alles gab. Italiener können sich mit so einem Stück identifizieren. Das war das Element, das Genesis mit Italien verband. Ich habe sie ihrem ersten Tourpromoter in Italien vorgeschlagen. Er suchte neue Bands und ich hab sie ihm vorgeschlagen. Er hat ihnen 100 Pfund pro Auftritt bezahlt. In England bekamen sie gerade mal 40 oder 50 Pfund pro Gig. Aber in Italien konnten sie neun Auftritte in fünf Tagen absolvieren. Da gab es beiderseitige Sympathie. Ich war der Typ, der sich in den Flieger setzte, um sie in Kalifornien zu sehen. Dafür waren sie dankbar. Das tun nicht viele Leute, schon gar nicht für eine Band, die noch nicht so viele Platten verkauft hat. So hat sich eine Freundschaft entwickelt. Aber ich war immer auch der Reporter, der Journalist, der Fotograf. Eine berufliche Freundschaft. Wir sind nie gemeinsam in den Urlaub gefahren.
Frage: Wenn man heute zurückblickt, dann scheinen deine Bilder die Hauptchronik dessen zu sein, was Genesis visuell auf der Bühne gemacht haben. Warst du dir dessen damals bewusst, dass deine Arbeit diese Sachen für die Nachwelt bewahren würde oder hat sich das erst Jahre später so herausgestellt?
Armando: Letzteres. Ich schrieb damals zehn bis fünfzehn Artikel im Monat, eine ganze Welt voller Geschichten. Ich habe ja über eine ganze Menge Bands berichtet. Mein Tag war so voll, dass ich während der Konzerte und auch während der Interviews fotografiert habe. Dann habe ich mir die Filmrolle angeschaut, die besten Bilder ausgeschnitten, mit dem Artikel in einen Umschlag gesteckt und dem Magazin geschickt. Ich habe nie gefragt, ob ich die Bilder zurückhaben könnte, weil ich 1970 niemals geglaubt hätte, dass ich 2006 in Deutschland sein würde, um über Genesis zu sprechen. Das war etwas, was ich abends gemacht habe, nachdem ich tagsüber Parkplätze entworfen habe. Die besten Bilder habe ich dann losgeschickt. Als ich das Buch zusammengestellt habe, dachte ich, dass das italienische Magazin die Bilder behalten hätte. Hatten sie nicht. Jemand hat sie gestohlen. Sie sind verschwunden. Der Fuchs – das war das einzige Bild, das ich zurückbekommen konnte. Die besten Bilder – nicht nur von Genesis, sondern auch Led Zeppelin, Deep Purple, Emerson, Lake & Palmer … Wisst ihr, ich würde gerne ein Buch schreiben „Behalte die Originale“. Damals hatte ich aber weder die Zeit noch das Geld, Duplikate von den besten Bildern zumachen. Ich war glücklich, dass meine Sachen veröffentlicht wurden, ich habe damit Geld verdient. Die Fotos von Genesis, die ihr eben gesehen habt, sind übrig geblieben. Ich hatte nie gedacht, dass sie mal legendär würden. Ich war eben der Typ, der der Band gefolgt ist und einmal im Monat ein Konzert sich anschaute und ihre Fortschritte beobachtete. Sie wuchsen. Jedesmal wenn ich sie sah, waren sie wieder besser geworden. Sie waren immer ganz zufrieden, also … halt ich jetzt mal die Klappe [Gelächter]. Das war natürlich noch vor den Digitalkameras. Mit den heutigen Digitalkameras kann man ja alles behalten.
Frage: Die Band war sehr überrascht, dass sie in den 70ern in Italien solchen Erfolg hatten. Kannst du ein paar Gründe dafür skizzieren?
Armando: Sie wussten es nicht. Sie sollten im Februar durch Italien touren. Es gab da diesen Typen, der die Alben rezensierte, und dann noch mich. Wir mochten Genesis sehr. 2001, das Magazin, für das ich arbeitete, war das einzige Sprachrohr für junge Leute. Es gab da noch kein Radio, also, Rockmusik wurde damals nicht im Radio gespielt. Also holten sich die Leute jede Woche die 2001; das war die Rock’n’Roll-Bibel damals. Wenn in 2001 ein Artikel über eine Gruppe stand, dann gingen die Leute hin und sahen sie sich an. Wahrscheinlich haben sie damals geglaubt, was ich geschrieben habe; sie vertrauten mir, weil ich damals die Wahrheit erzählt habe – mache ich natürlich heute auch noch. Ich habe nie etwas Schlechtes über eine Band geschrieben. Wenn sie mir nicht gefiel, habe ich sie ignoriert. Als Korrespondent will man über das schreiben, was einem gefällt. Dafür wurde ich dann auch kritisiert, dass ich immer nur Gutes über die Leute geschrieben habe. Jedenfalls war dieses Interview so gut aufgemacht, dass das Album anfing, sich zu verkaufen. Als Genesis im April ’72 nach Italien kamen, waren sie … weiß es jemand? Steht im Buch!… auf Platz 2, glaube ich.
Nursery Cryme war auf Platz 4. Sie waren in den Charts. Als sie nach Italien kamen, wurden sie überall angenommen. Natürlich waren sie überrascht. Das Beste daran war: Weil die Italiener so musikalisch sind, haben sie an den richtigen Stellen geklatscht. Das hat sie ermutigt. Geh mal nach Amerika, da schreien die Leute plötzlich „YEAAH!“ an den Stellen, wo man still sein sollte… Sie haben auch
Watcher Of The Skies und
Supper’s Ready auf ihrer ersten Tour durch Italien gespielt. Sie merkten, dass sie etwas richtig machen. Das gab ihnen Auftrieb. In meinem Buch habe ich Mike zitiert: „Armando hat uns gewissermaßen gerettet“. Steht im Buch, solltet ihr lesen. Das hat er gesagt, ich hab’s auf Band und mir gedacht: Klasse, das kommt ins Buch. „Italien hat uns gerettet.“ Oder Armando? Italien hat uns gerettet.
Frage: Du hast die Band kennengelernt, als sie noch mehr oder weniger unbekannt waren. Du warst auch da, als sie erfolgreiche Superstars geworden waren. Haben sie sich dadurch verändert?
Armando: Nicht sehr. Sie wuchsen als Menschen auf. Wenn man berühmt wird und Sachen bewegt, lernt man eine andere Schicht von Leuten kennen. Sie wurden beispielsweise mit Prince Charles bekannt. Für manche Leute ist es sehr schwierig, sich nicht zu verändern, aber sie haben sich kaum geändert. Phil Collins wurde ein Superstar. Früher habe ich mich mit ihm in einer Kneipe getroffen, jetzt treffe ich ihn in einem vornehmen teuren Hotel in Hollywood. Aber er ist immer noch derselbe, mag immer noch gut essen und von den guten alten Zeiten reden. Sind sie Armleuchter geworden? Nein. Sie sind immer noch dieselben.
Frage: War es später schwieriger, an die Band heranzukommen, als in den Zeiten von
Trespass?
Armando: Nein… später haben sie mich angerufen. Für die
We Can’t Dance-Tour haben sie mich angerufen. Früher war das so, dass ich hinmarschiert und ihnen auf die Pelle gerückt bin. Da hieß es dann „Oh, Armando ist wieder hier, na bravo“…
Frage: Wenn man eine Band so lange auf ihrem Weg begleitet, wird es dann nicht schwierig für einen Journalisten, neutral und professionell zu bleiben?
Armando: Die
We Can’t Dance-Tour habe ich nicht als Journalist begleitet. Die Band hat mich als Fotografen engagiert. Ich [überlegt] habe in den 80ern nichts über Genesis geschrieben. Ich schrieb einen Artikel über sie, als sie ohne Phil und mit Ray zurückkamen. Da habe ich sie in Malta interviewt, Fotos von den Dreharbeiten zum
Congo-Video gemacht und eine Geschichte für das wichtigste italienische Wochenblatt geschrieben. In Los Angeles, müsst ihr wissen, arbeite ich sehr viel mit Filmen. Ich berichte über jeden Film, der aus Hollywood kommt. Diese Woche war es +Doctor House+, letzte Woche Leonardo di Caprio, nächste Woche Brad Pitt. Das ist ein ganz anderes Gebiet als die Musik.
Frage: Diese Frage möchte ich seit fünfundzwanzig Jahren stellen: Warum hat das erste Buch ein Foto von Männerfüßen auf dem Titelbild?
Armando: [bekreuzigt sich] Das ist der Anfang einer sehr langen Geschichte… Als ich 1975 nach Kalifornien ging, da waren Genesis eine Legende in Italien, in Kalifornien waren sie ein Mythos. Wir waren auf der anderen Seite der Welt, und da gab es Leute, die diese sehr britische Band mochten. Sie trafen jemanden, der die Band kennt, und bedrängten mich ständig: „Warum schreibst du nicht ein Buch?“ Zur selben Zeit kam Peter Gabriel auf der Suche nach einem Plattenvertrag nach Los Angeles. Er erzählte mich, dass niemand ihm irgendetwas zutraute, weil die Band in der Zwischenzeit
A Trick Of The Tail veröffentlicht hatte und sehr viele Exemplare verkaufte. Vielleicht dachten die Plattenbosse, dass Gabriel bei Genesis nicht so wichtig gewesen sei. Da wusste ich: Ich muss dieses Buch schreiben, damit das alles richtig dargestelt wird. Bis Weihnachten ’76 verbrachte ich eineinhalb Jahre in Kalifornien. Ich wollte so lange wie möglich dort bleiben, damit ich einen richtigen Kulturschock bekomme, wenn ich nach Europa zurückkehre. Ich wollte nicht nur ein Italiener sein, sondern ein Amerikaner, der sich Gedanken macht über Genesis und darüber schreibt. Also ging ich zur Band und fragte, ob sie Lust hätten, sich mit mir hinzusetzen und einen Strauß Interviews für ein Buch zu machen. Ich fing direkt an mit Tony Banks. Drei Stunden auf Tonband. Dann kam Weihnachten und Silvester. Dann spielten sie im Rainbow und gingen auf Tour durch England. Wenn man mit einer Band auf Tour ist, kann man nachts nie schlafen; da kann man dann prima Interviews machen. Außerdem wussten wir ja, dass es bei den Interviews um ein Buch ging, also erzählten sie mir auch mehr. Ein paar Monate später sprach ein Verleger in England Genesis mit Plänen für ein Buch an. Sie sagten: „Hey, wir haben da diesen Journalisten, der schreibt schon ein Buch.“ So kam ich an den Vertrag mit dem englischen Verleger. Das Buch war fertig, ich bekomme die ersten Exemplare – und finde diese zwei Füße auf dem Cover. Ich war völlig außer mir. Das war das einzige Bild, das nicht von mir war. Aber gleichzeitig dachte ich mir: Wie viele Bands habe ich interviewt, deren Album ich klasse fand, und sie sagten „Wir hatten mit dem Cover nichts zu tun, an dem Mix konnten wir nichts machen, das war unser erstes Album.“ Allen Leuten gefiel das Buch, aber ich wollte es für Amerika anders machen. Also habe ich dann später
I Know What I Like gemacht; das war dann so, wie ich mir das Buch ursprünglich vorgestellt hatte. Mit der Band in voller Pracht auf dem Titelbild und ohne diese Scheißfüße.
Frage: Hast du eine Erklärung bekommen, warum die Füße da waren?
Armando: Angeblich war es ein Foto von einem Freund des Verlegers, und sie dachten, das sei so biblisch. Diese Füße verfolgen mich! Da hinten sind sie auch [zeigt auf das Clubtreffen-Poster]! Wenn man zum ersten Mal ein Buch oder ein Album macht, weiß man vieles noch nicht… Wenn du alles unter Kontrolle behalten willst, mach es klein, mach es selbst.
Frage: Als du uns die Fotos gezeigt hast, meintest du, die Band hätte bei der ’92er Tour ein wenig müde gewirkt, weniger enthusiastisch als auf vorangegangenen Touren.
Armando: Ich fand, dass es da eine Menge Energie gab… die Beleuchtung, die Gerüste, Limousinen und so, aber das eigentliche Gefühl auf der Bühne… sie waren sehr professionell, aber da war eben nicht dieses Gefühl, wenn man jung ist und sich beweisen will. Wenn man zwar weiß, dass man noch kein großer Musiker ist, aber schnell lernt. Diesen Unterschied habe ich gefühlt. Wahrscheinlich haben sie mich gebeten, bei den Konzerten zu fotografieren, weil sie in denselben Hallen gespielt haben, in der Free Trade Hall in Newcastle und dem Apollo in Edinburgh (gibt es da ein Apollo?) – in Hallen für ungefähr 1000 Leute, in denen sie schon 1972 und 1973 gespielt hatten. Wahrscheinlich wollten sie auch bildlich festhalten, dass sich ein Kreis geschlossen hatte. Aber das Gefühl, das Genesis in jenen magischen fünf Jahren auf der Bühne entwickelte – das war unglaublich, junge Leute zwischen 20 und 25, die auf der Bühne wirklich alles gaben. 1992 waren es Profis. Mit Fußballspielern ist das genauso.
Frage: Was erhoffst du dir von der Tour, die die Band für nächstes Jahr ankündigen wird?
Armando: Ein paar Freikarten … Hui, ich muss aufpassen. Das sind ja ganz schön freche Fragen [lacht].
Frage: Glaubst du, das Gefühl wird anders sein als 1992?
Armando: Weiß ich nicht. Es wäre schon, sie wieder auf der Bühne zu sehen. Ich würde gerne Peter Gabriel sehen, wie er Rael spielt. Aber ich habe keine Erwartungen, also werde ich genießen, was auch immer da kommt.
Frage: Was hältst du von der Reunion mit Peter Gabriel, die Steve Hackett vorgeschlagen hat? Du kennst sie ja alle besser als wir.
Armando: Ich glaube nicht, dass das passieren wird. Wenn es passieren würde, dann jetzt. Ich habe eben scherzhaft gesagt: Ich würde gerne Peter Gabriel Rael spielen sehen – aber kann er das? Er konnte es. Vor dreißig Jahren. Kann Pete Townsend noch singen „I want to die before I get old“?
Frage:Wann hattest du nochmal Genesis für das Buch befragt?
Armando: Die Interviews für das Buch habe ich zwischen Dezember 1976 und Juli 1977 durchgeführt.
Frage: Wie hat die Band ihre frühe Zeit zwischen From Genesis To Revelation und Trespass beschrieben? War sie ihnen peinlich oder wollten sie nicht darüber sprechen…?
Armando: Oh, sie wollten gerne darüber reden. Da waren sie ganz offen. Sie waren so offen, dass ich wirklich rausfinden wollte, warum sie diesen Knaben hier [lacht, deutet auf John Mayhew] herausgeworfen haben. Es wäre toll gewesen, John damals fragen zu können, aber wir konnten ihn nicht finden.
Zwischenkommentar: Nun, jetzt ist er hier.
Armando: Ich weiß. Heute habe ich ihn zum ersten Mal getroffen. Ist das zu glauben? – Sie waren sehr offen. In gewisser Weise sogar herausfordernd. Vor allem Tony Banks. Er hat mich besonders herausgefordert, ein Buch zu schreiben. Er hat mich immer mit den Worten vorgestellt: „Das ist Armando. Er glaubt, er schreibt ein Buch über uns.“ Aber in den Interviews war er super. Er ging bei den frühen Tagen viel tiefer ins Detail als die anderen.
Frage: Hast du jemals darüber nachgedacht, eine Ergänzung für dein Buch zu schreiben?
Armando: Eigentlich nicht. Mein Interesse hat sich auf andere Bands gerichtet. In den 80ern habe ich viel mit U2 und INXS gearbeitet. Das waren die Bands, die mir damals gefielen. U2 bin ich aber nicht so sehr gefolgt. Ich habe sie im Dodgers’ Stadium um ’89 oder ’90 gesehen. Genesis habe ich 1984 gesehen. Aber das Livealbum mit der weißen Hülle [Three Sides Live] hat mir nicht so gefallen. Wenn man schon so viel zu tun hat, kann man sich nicht um alles kümmern. – Ich war beschäftigt damit, mit Peter Gabriel zu touren. Das ist meine Antwort. Ich habe mich mehr dafür interessiert, was Peter machte, während er an seiner Karriere feilte. Mich interessieren Bands, bevor sie groß werden. Das ist ihre beste Zeit: Wenn sich die Band oder der Künstler beweisen wollten. Wenn man unter Freunden ist und eine neue Band kennengelernt hat, ist das ein gut gehütetes Geheimnis. Wenn alle anderen sie auch mögen, interessiert sie mich nicht mehr, gerade weil alles anderen sie mögen. Ich finde es als Journalist und Fotograf spannend, neue Bands zu entdecken. U2 interessierte mich nach
ZooTVnicht mehr, aber in den 80ern, in der
Joshua Tree-Zeit, waren sie großartig. Ich langweile mich, wenn alle dasselbe mögen wie ich.
Frage: Könnte es dann eine Neufassung für das Buch über Peter Gabriel geben? Außerdem hast du ja ein Buch über Genesis und eines über Peter Gabriel geschrieben. Was ist mit den anderen Bandmitgliedern?
Armando: Ich möchte ein Buch über mich schreiben. Das Peter Gabriel-Buch möchte ich aktualisieren. Ich habe ja ein Buch mit ihm gemacht. Es ist keine Biographie, das steht auch gleich auf der ersten Seite. Eher war es eine vertraute Begegnung mit Peter. Tatsächlich habe ich ihn über drei Jahre hinweg immer wieder getroffen, wenn es Gelegenheit gab, dass wir uns für Interviews hinsetzen konnten. Es ging vor allem darum auszudrücken, was Peter Gabriel als Künstler damals fühlte. In den 90ern wurde ich engagiert, um Fotos für die US-Tour zu machen, und schlug RealWorld ein Update für das Buch vor. Ich warte immer noch auf eine Entscheidung. Es wäre schön, da noch mal hundert Seiten oder so dranzuhängen. Aber wenn man ein Buch macht, ist man immer auf die Mitarbeit des Künstlers hingewiesen. Wenn man die nicht hat, ist es unmöglich. Zeitverschwendung.
[Bei der adhoc-Übersetzung scherzt Christian über die Langsamkeit, mit der bei RealWorld Entscheidungen fallen. Armando verdreht die Augen:] „Schildkrötenbewegung“. Das war Peter Gabriels Definition.
Frage: Warst du beim
UP-Projekt künstlerisch beteiligt oder nur als Fotograf?
Armando: Oh. Als ich vorhin die
US-Tour erwähnt habe, meinte ich
UP. Die Tour mit dem großen Ball, nicht wahr?
Frage: Genau. Warst du dort künstlerisch beteiligt oder für die Tour?
Armando: Nein. Wie hätte ich da beteiligt sein können? Ich hatte mal mit Tony Levin gesprochen, dass er vor vier Jahren immer noch darauf wartete, dass das Album erscheinen würde. Ich war sehr gespannt, als er endlich auf Tour ging. Die Tour sollte im November beginnen, und ich war ganz aufgeregt, als ich herausfand, dass er vorher ein paar Auftritte in Mexico City absolvieren würde. Ich bin also nach Mexico City geflogen, um ihn zu überraschen: „Hey, hier bin ich!“ Ich wollte wirklich sehen, was er macht. Auf so einen Künstler freue ich mich. Also habe ich die Show in dem Theater gesehen – ohne Kamera, und habe mich deshalb furchtbar geärgert. Am nächsten Tag habe ich die Show fotografiert und an RealWorld geschickt. Sie baten mich, Madison Square Garden zu fotografieren. Diese Liveshows waren großartig, mit die besten Liveshows, die ich gesehen habe. Ich konnte kaum laufen. Keine Ahnung, wie Peter das machte; ich machte ja nur Fotos. Der Mann ist unglaublich. Wahrscheinlich gibt es ihm noch mehr Energie, wenn er kopfüber da hängt. Die Tour hat mich völlig umgehauen. Die Auswahl der Stücke auf dem Album war ja sehr schwierig. In gewissem Sinne ist es ja ein sehr trauriges Album, das man nicht einfach konsumieren kann. Man muss schon in guter seelischer Verfassung sein, um es wirklich genießen zu können. Aber es gibt ja so viel bei der
Growing Up-Tour. Mit
Growing Up [das Stück] ist es so ähnlich, wie ich es vorhin über
The Musical Box gesagt habe: In dem Stück passiert so viel, dass andere Künstler
Growing Up in drei oder vier Stücke teilen würden. Aber so was passiert, wenn man so lange an einem Stück bastelt. Ich wünschte mir, er würde die Stück fertig machen, ein Album zusammenstellen und es veröffentlichen. Aber … Schildkrötentempo.
Frage: [erschlossen – nicht in der Aufzeichnung] Was machst du jetzt so, und hältst du noch Kontakt zu Genesis?
Armando: Ich bin ein Mitglied der Hollywood Foreign Press, das ist die Vereinigung, die über die Golden Globes abstimmt. Als Phil Collins die Musik für
Tarzanund
Brother Bear gemacht hat, kam er zu uns für eine Pressekonferenz. Er hat auch einen Golden Globe bekommen. Peter war während der
Up-Tour auch da, weil er ja den Soundtrack für
Rabbit-Proof Fence gemacht hat.
Frage: Ist es einfacher, Shows zu fotografieren, die mit wenigen Bühneneffekten auskommen (die
Foxtrot-Shows beispielsweise), oder Shows mit vielen Bühneneffekten oder der totalen visuellen Überforderung wie bei der
Lamb-Tour?
Armando: Die Antwort ist ganz einfach: Wenn wenig Licht da ist, kann man schlecht fotografieren. Oder man benutzt den Blitz, das stört aber die Atmosphäre. Ich war wahrscheinlich der einzige, der dort fotografierte; jedenfalls sind die einzigen Bilder meine. Ich habe die Kamera immer so gehalten, dass die Ellbogen fest am Körper anlagen; das stützt die Kamera. Meistens habe ich mit einer Belichtungszeit von 1/8 oder 1/15 Sekunde gearbeitet. Ich habe meistens mit 160er Tungsten-Film gearbeitet und zweimal belichtet, so dass das Bild leicht ausgebleicht wirkt. Die Fotos von dem Old Man und den Batwings … und die Lamia habe ich alle 1/15 Sekunde belichtet. Da muss man sehr still stehen. Aber ich liebe diese Herausforderung – ich war immerhin der einzige, der Bilder zustande gebracht hat. Ich liebe die Atmosphäre, wenn nur etwas Licht da ist. Wenn es zu hell ist – wie gesagt, bei
der We Can’t Dance Tour war es so hell, dass man nur den Auslöser drücken musste. Das macht keinen Spaß. Vielleicht hat sie mir deshalb nicht so gut gefallen; die alten Zeiten waren schöner.
Frage: Mit den Jahren hast du eine Menge Shows gesehen. Hast du eine Lieblingsshow oder –tour von Genesis?
Armando: Hmmmm… Ich mag das Album und die Liveshow zu
Selling England By The Pound. Sie war besser als die vorigen, aber noch nicht überzogen. Sehr poetisch, fand ich. Die weißen Sachen, die sparsamen Projektionen. Das Album war auch das erste, das sauber produziert war. Das war wohl meine Lieblingsperiode.
Frage: Hattest du mit den Dias etwas zu tun, die für die
Lamb-Tour verwendet wurden?
Armando: Nein, damit hatte ich nichts zu tun.
Frage: Stimmt es, dass du alle deine Bilder an Hit’n’Run verkauft hast? Was ist der rechtliche Status dieser Bilder?
Armando: Ich habe sie vor allem verkauft, weil es Pläne gab für eine DVD zu einem Boxset… keine Ahnung, wann das herauskommen sollte, aber es war ein Boxset mit drei CDs [
Archiv 1976-1992]. Also schickte ich ihnen die Bilder, damit sie sie für die DVD verwenden konnten. Ich habe ihnen einen Packen Kopien geschickt, damit sie mir sagen konnten, welche sie wollten. Das waren die Bilder, die ich euch heute gezeigt habe. Hit’n’Run hat die Abzüge dann digitalisiert. – Diese allgemeine Vorstellung, dass ich tausende Bilder von Genesis hätte: Stimmt nicht. Das waren alle. Ich habe von U2 mehr Bilder, von Vasco Rossi, sogar von INXS. Bei Genesis war es so, dass ich Bilder gemacht habe, die zu den Artikeln passen sollten. Wie gesagt, die besten kamen dann in die Artikel, der Rest blieb bei mir. Ich habe nie große Photosessions gemacht. Sie haben nie im Studio für mich posiert oder so. Wahrscheinlich war ich einfach zur rechten Zeit am rechten Ort bei den richtigen Leuten. Wenn das passierte, hatte ich einfach Glück.
Frage: Was wir also gerade gesehen haben, ist eine Auswahl des Rests?
Armando: Das wäre ja noch ein Buch, oder? Warum sollte ich die Fotos in meinem Archiv bewahren?
From One Fan To Another war eine tolle Idee von diesem englischen Verleger. Er sah die Bilder im Lichtkasten, die Bilder, die nicht ins Buch gekommen waren und er sagte: Du hast doch bestimmt noch mehr. Es waren noch 300 oder 400 übrig; die haben wir für
From One Fan To Another verwendet. Einen zweiten Band wird es also nicht geben.
Frage: Hast du die
Ovo-Show im Millennium Dome [in London] gesehen?
Armando: Nein. Ich war an dem Silvesterabend in Neapel.
Frage: Aber die Show lief doch ein ganzes Jahr…
Armando: Das wusste ich nicht. Das wurde dann wohl ganz schön schlecht beworben, vor allem in Amerika.
Frage: … und wurde nie professionell gefilmt.
Armando: Na, schaut euch doch
The Lamb Lies Down On Broadway an. Hundertmal haben sie das gespielt, und das Management hat es nie filmen lassen. Dabei wussten sie es doch! Sie wussten doch, dass Peter die Band verlässt. Da hätten sie es doch wenigstens filmen können.
Frage: Es gab in Kanada ein Boxset mit
The Lamb, glaube ich, und deinem Buch. Wie kam denn das?
Armando: Schöne Frage! Das war ein Vorschlag, den ich Charisma gemacht habe. Charisma feierte zehn Jahre oder zehn Alben von Genesis. Ihr habt sicher bemerkt, dass das Buch dieselbe Höhe hat wie eine CD, also habe ich vorgeschlagen: Warum macht ihr nicht ein Boxset mit allen Genesis-CDs, dazu meinem Buch und zwei Kassetten oder Singles … Als Antwort kam: „Du willst Genesis ja nur benutzen, um dein Buch zu verkaufen.“ Ich habe Greg Nolte den Vorschlag gemacht, der damals bei +Records On Wheels+ war. Er war Plattenverkäufer und er hatte kapiert, dass man dieses Buch in einem Plattenladen verkaufen muss, wo die Genesisfans hinkommen. Also machten wir zusammen das Boxset, das Charisma nicht machen wollte. Dieser Kanadier hat den Vertrieb gemacht und 3000 Stück abgesetzt – das sind auch 3000mal zehn Genesis Alben. Das Leben ist schon seltsam: Die Plattenfirma macht es nicht, aber der Vertrieb macht es. Greg Nolte ist jetzt Präsident oder Vizepresident des Marketing bei EMI. Charisma gibt’s nicht mehr.
Frage: Charisma wurde von Virgin gekauft und die dann von EMI.
Armando: Genau!
Frage: Hast du ein Lieblingsbild von Genesis?
Armando: Wahrscheinlich die Bilder von
Seconds Out. Tony Smith rief mich an und sagte: „Wir spielen fünf Tage in Paris und zeichnen ein Livealbum auf. Warum kommst du nicht rüber? Wir brauchen Bilder für das Album.“ In der Woche sah ich eine der ersten Vorstellungen vom
Krieg Der Sterne. Ich war völlig überwältigt davon, Teil dieses Geheimnisses zu sein: so ein toller Film, den noch niemand gesehen hat. Ich lief herum und sagte den Leuten: „Hey, möge die Macht mit dir sein!“ [lacht]. Peter Gabriel fragte mich, ob das eine neue Band sei. Und dann sah ich die Show mit diesen Landelichtern – für mich war das ein Raumschiff. Ich war noch so gebannt von den Star Wars-Effekten, von der Seite sah es aus wie ein Raumschiff. Ich habe die Show dann in Paris fotografiert, das war sehr schwierig. Diese vielen starken Scheinwerfer und der Nebel. Manchmal funktioniert das mit dem Nebel sehr gut, manchmal nicht. Ich habe Tungsten-Film benutzt. Später habe ich denselben Moment in der Show in Holland fotografiert, auf einem 400er Kodak-Tageslichtfilm. Das wurde das Titelbild von
I Know What I Like. Viel wärmere Farben. Gefiel mir. Als die Band das sah, wollte sie es gleich als Titelbild für das Album haben. Und Melody Maker hat es zum besten Albumcover des Jahres gewählt. Den Preis habe ich nie erhalten; Genesis haben ihn eingesackt. [Armando verschenkt an dieser Stelle ein Exemplar seines Buches an denjenigen Besucher mit der weitesten Anreise.] Ich sag euch was. Ich werde netter sein, wenn ich Interviews mache. Das ist ganz schön hart, hier zu sitzen und die Fragen zu beantworten!
Frage: Warum bist du erst nach England und später dann in die USA gezogen?
Armando: Die Beatles. Ich hatte meinen Wehrdienst hinter mir und bin mit einem einfachen Ticket nach London geflogen. London war damals großartig… die Miniröcke und so … Ich arbeitete als Architekturdesigner, interessierte mich für Musik und schrieb darüber. Die Herausgeber des US-Magazins Drop sahen das und baten mich, für sie zu arbeiten. Ich schrieb dann einen Artikel über eine italienische Popsängerin, die in England in den Charts war. Sie war auf Platz 19 und trat dann auch in Top Of The Pops auf. Ich nahm Kontakt zu ihrer Plattenfirma auf, dann habe ich sie interviewt und das wurde dann als Zwei-Seiten-Stück veröffentlicht. Und ich bekam einen Brief, in dem stand: „Wohin sollen wir das Geld schicken? An die Adresse in Rom oder in London?“ Das war großartig, ein tolles Gefühl. Mit dem Artikel bin ich dann schnurstracks zum Manchester Square gefahren, zu EMI, wo mich Roger Watson dann zu jedem Konzert für das EMI-Magazin einlud. Offenbar war ich der einzige italienische Journalist, den er kannte. Das was 1967 und die Beatles veröffentlichten ein neues Album:
Sgt. Pepper. Einer der Leute rief mich an und fragte, ob ich darüber berichten könnte. Ich sagte zu und kam so auf die Party, auf der
Sgt. Pepper erstmals vorgestellt wurde. Das war dann mein dritter Artikel. Der Rest ist Geschichte.
Frage: Wie bist du dann in die Vereinigten Staaten gekommen?
Armando: Ich bin zum ersten Mal im April ’73 in die Staaten gekommen, um über Alice Cooper und Genesis in New York und Detroit zu berichten. Da war ich nicht so beeindruckt. Dann gab es da noch eine italienische Band namens [abgekürzt] PFM, die waren sehr, sehr gut. Sie hatten auch viel Erfolg in Amerika und ich machte für sie in London die PR-Arbeit. Sie baten mich, als Pressesprecher ihre Tour zu begleiten. Das war noch vor MTV, also lief die ganze Werbung über Konzerte und Radiostationen. Wo immer wir also hinkamen, gab es Radiostationen zu besuchen und Presseinterviews zu geben. Wir waren dort im November und Dezember 1974. Chicago haben wir Mitte Dezember im Schneesturm verlassen und landeten bei schönstem Wetter und blauem Himmel in Los Angeles. Allein schon in Los Angeles zu landen fühlte sich großartig an. Also beschloß ich spontan, mir dort eine schöne Wohnung zu suchen. Ich fing an, ein paar Artikel über Filmstars zu schreiben. Ich besuchte das Set für den James-Bond-Film, als Roger Moore James Bond wurde; der Artikel erschien in einem großen italienischen Magazin. Die hatten niemanden in Los Angeles. Bis April 1975 hatte ich meine Koffer gepackt – eigentlich meine Teekisten, um Zerbrechliches zu verpacken – und zog dann im April nach Los Angeles. Das war großartig – Pink Floyd spielten dort!
Abschlussbemerkung: Armando, herzlichen Dank, dass du dir die Zeit für uns genommen hast. Vielen Dank!
Moderation der Fragestunde und Bühnendolmetscher: Christian Gerhardts
Transkription und Übersetzung: Martin Klinkhardt
Fotos: Sabine Zindler