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Anthony Phillips – Missing Links Volume 2: The Sky Road – Rezension

Unsere Rezension zum zweiten Teil der Missing Links Reihe von Anthony Phillips, The Sky Road.

1989 erschien mit Missing Links Volume 1: Finger Painting eine interessante Auswahl von Anthonys Fernseh- und „Library“-Musik von 1979-89 (Red.: ,,Library“-Musik wird im Gegensatz zu Fernseh- oder Filmmusik nicht für ein vorher festgelegtes Produkt geschrieben. Die Musik wird an eine Art musikalische Bibliothek verkauft, und von dort können es interessierte Film- und TV-Firmen erwerben).
Etwas anders sieht nun die Zusammenstellung des zweiten Teils der Reihe aus. So sind auf The Sky Road neben Stücken aus Ants TV- und „Library“-Programm auch Songs enthalten, die ursprünglich für Private Parts & Pieces VIII – New England vorgesehen waren, sowie auf Wunsch vieler Fans zwei sehr alte, bisher unveröffentlichte Stücke aus den Archiven. Es folgen einige Informationen zu den einzelnen Songs.

Exile stammt aus der Zeit, als das Album Slow Dance entstand, und sollte auf New England veröffentlicht werden. Allerdings war der Gesamteindruck dieses Albums eher auf Akustik ausgelegt, und so wurde dieser recht elektronische Song zunächst beiseite gestellt.

Lifeboat Suite wurde für eine Fernsehproduktion namens Lifeboat geschrieben, die im Mai/Juni 1993 ausgestrahlt wurde. Allerdings verwendete das Fernsehen nur das Opening Theme und das Closing Theme.

The Bitter Suite ist ein zweiteiliges Stück für sechssaitige Gitarre, das ebenfalls ursprünglich für New England aufgenommen wurde, zusammen mit einem dritten Teil, der sich jedoch als technisch und kompositorisch zu schwierig erwies. Letztendlich fand der Song aufgrund seiner Länge keinen Platz mehr auf New England.

Across The River Styx ist ein leider viel zu kurzes Stück bislang unveröffentlichter ,,Library“ -Musik mit einer düsteren, sphärischen Stimmung. Es entstand, wie die drei nächsten Songs auch, im Jahr 1990.

A Flock Of Souls ist ebenfalls ein düsteres „Library“-Stück, ursprünglich Sombre (engl. = düster, trübe) betitelt.

Along The Towpath, ebenfalls aus den ,,Library“-Archiven, hat etwas mehr Tempo. Leicht beeinflusst wurde der Song durch den Film Picnic At Hanging Rock.

The Sky Road, der Titelsong der CD, schließt diesen Ausflug in die „Library“ – Musik ab. Der Name stammt von einer Straße in Galway/ lrland, die hoch über dem Meer verläuft und (laut Anthony) „dich fühlen lässt, du wärst dem Himmel näher als der Erde“.

Tears On A Rainy Day entstand 1987 in Zusammenarbeit mit Martin Robertson und ist einer von mehreren Songs komponiert für Gitarre und Saxophon. Die meisten davon sind unveröffentlicht, einige fanden auf New England Platz.

Tiwai: Island Of The Apes stammt von einem Fernseh-Special von 1991. Keiner der beiden Teile des Songs war aber dort so enthalten wie nun auf dieser CD.

Wild Voices, Quiet Water Suite ist ebenfalls ein Werk für ein TV-Programm aus dem Jahr 1991.

Serenita enstand in der Anfangsphase der Aufnahmen zu New England. Das Stück wurde während eines Problems mit einem anderen Song Jaunty Roads) kurzfristig komponiert und aufgenommen.

Timepiece ist eine Synthesizer-Improvisation von 1991 .

Field Of Eternity besteht in dieser Version aus zwei Teilen der etwa 15 Minuten langen Originalaufnahme des Werks von 1972. Der eine Teil davon wurde bereits auf Private Parts & Pieces I veröffentlicht.

The Beggar And The Thief wurde 1969 in einer Periode geschrieben, als Anthony zusammen mit Mike Rutherford viele gleichartige Stücke komponierte. Diese Version wurde 1973 unter der Mithilfe zweier Freunde von Ant, David Thomas und Ronnie Gunn, aufgenommen. Es ist das einzige nichtinstrumentale Stück dieser CD. Anthony gibt ihm mit seinem emotionalen, romantischen Gesang eine unverwechselbare Stimmung.

Alle Stücke wurden von Anthony komponiert außer Tears On A Rainy Day (zusammen mit Martin Robertson) und auch von ihm selbst eingespielt (Gitarren und Keyboards). Unterstützt wurde er dabei von Martin Robertson (Saxophon) bei Tears On A Rainy Day, von Joji Hirota (Cymbals) bei Lifeboat Suite und von David Thomas (Gitarre) sowie Ronnie Gunn (Harmonium) bei The Beggar And The Thief.

Fazit

Diese CD ist mehr als nur ein interessanter Sampler. Es ist ein Album ganz in der Tradition der frühen Private Parts & Pieces Werke mit einer mehr als hörenswerten Auswahl von Songs, die aus unterschiedlichen Gründen nie zuvor auf einer von Ants LPs Platz fanden. Dabei ist das musikalische Spektrum wie gewohnt sehr breit gefächert und reicht von der einfachen Gitarrenballade (Serenita) bis hin zum komplexen Arrangement (Exile). Dadurch passt die CD auch nicht in eine der üblichen Schubladen. Sie ist schlichtweg ein weiteres typisches Anthony Phillips-Meisterwerk. Wer mit dieser Art anspruchsvoller Musik nichts anfangen kann, den wird vielleicht auch The Sky Road wenig interessieren. Die wahren A.P.-Fans werden jedoch ihre helle Freude an dem Werk haben.

Autor: Helmut Janisch
zuerst erschienen im it-Magazin #11, Juni 1994