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Anthony Phillips Event 2014 – Making of-Special
Über die Vorgeschichte, Planungen und Vorbereitungen des Events berichtet Helmut Janisch in diesem Making of-Special.
Wir hatten 2009 mit dem Steve Hackett Event die Messlatte für zukünftige Fanclub-Veranstaltungen in schwindelnde Höhen gelegt. Nochmals einen der „Big Five“ von Genesis für eine Fanclubveranstaltung zu gewinnen war utopisch. Banks und Rutherford hatten das in Interviews mit uns bereits so gut wie ausgeschlossen und Collins und Gabriel … naja, weiter als über lapidar abschlägig vom Management beantwortete Anfragen kamen wir nicht. Wer kam also noch in Frage? Ray Wilson und John Mayhew waren schon zu Gast bei unseren Events. Chris Stewart und John Silver hätten nur etwas über die frühesten Anfänge von Genesis erzählen können. Und so stand ein Name ganz oben auf unserer Liste potentieller Special Guests: Anthony Phillips.
Die Idee, Anthony Phillips einzuladen, war allerdings alles andere als neu. Bereits im Mai 1991 – noch bevor unser Fanclub überhaupt existierte – hatte Helmut Janisch im damaligen Fanclub-Heft „Der Genesis-Fan“ aufgerufen: „Holt Anthony Phillips zum Club-Gig nach Deutschland!“. Helmut war gerade erst „frisch“ Fan der Band geworden und für ihn war nichts Ungewöhnliches an der Aktion. Aber natürlich war jedem klar, dass Anthony kein Konzert geben würde. Aber es meldete sich immerhin ein Fan bei Helmut, der die Aktion unterstützen wollte: Bernd Zindler. Und so kreuzten sich die Wege der beiden bereits Monate bevor sie zusammen mit Peter Schütz den Deutschen Genesis Fanclub „it“ gründeten. Über Jahre hinweg lag das Projekt dann auf Eis. Selbst als Bernd und Helmut in den 1990ern Anthony des öfteren für Interviews trafen, kam keine Bewegung in die Sache. 2013 war der Zeitpunkt gekommen, noch einmal mit Nachdruck bei Anthony deswegen anzufragen.
Das geschah am 16. September 2013 per E-Mail und überraschenderweise sagte uns Anthony sofort zu. Es sollte aber ein Zeitpunkt gefunden werden, der sich nicht mit einem seinen Library-Aufträge überschnitt. Nachdem Anthony geklärt hatte, dass in dieser Zeit keine größeren Jobs für ihn anstehen würden, legten wir den Termin auf den 22. März 2014 und kündigten das Event am 9. Oktober 2013 auf der Website und per Sonder-Newsletter an. Innerhalb von vier Stunden waren alle Tickets verkauft und nach kurzer Rückfrage bei Anthony, willigte er ein, einen weiteren Tag in Welkers zu sein. So kündigten wir am 11. Oktober an, dass es ein 2-Tages-Event werde würde. Und auch der zusätzliche 23. März war schnell „sold out“.
Anthony sagte zu, bei dem Event für On-Stage-Interviews, Autogrammsessions und Gespräche mit Fans zur Verfügung zu stehen. Wie erwartet, schloss er aus, etwas live zu spielen. Da wir aber dennoch gerne auch Livemusik beim Event haben wollten, fragten wir in der Fan-Community an, wer gerne an dem Tag ein kurzes Phillips-Set spielen könne und dazu bereit wäre. Eine Zusage hatten wir da bereits, denn das mittlerweile ikonische Duo Bernd Vormwald und Steffen Gerlach hatte sofort nach unserer Anfrage angeboten aufzutreten. Aber bei den beiden sollte es nicht bleiben. In den folgenden Wochen boten immer weitere Musiker aus unseren Reihen an, etwas beim Phillips-Event live zu spielen. Und so hatten wir irgendwann das Komfort-Problem, dass fast schon mehr Liveacts zur Verfügung standen als während des angesetzten Programms auftreten konnten. Zum Glück mussten wir aber fast niemand absagen. Etwas kompliziert wurde es aber, die Liveacts so auf die beiden Tage zu verteilen, dass relativ gleich viel Livemusik im Programm war und es auch nicht innerhalb eines Tages zu Wiederholungen bei den gespielten Titeln kam. Am Ende stand das Programm, sollte aber noch einiges an technischem und organisatorischem Aufwand mit sich bringen, denn eines der Projekte war eine komplette (eigens für das Event aufgestellte) Band, die einen Teil von Slow Dance spielen wollte. Aber die Erfahrungen der Vorjahre und unser guter Kontakt zum größten lokalen Veranstaltungstechnik-Anbieter sorgten am Ende dafür, dass beim Event bei den Liveauftritten alles reibungslos von statten ging.
Wir hätten das Event übrigens gerne an Pfingsten 2014 gemacht. Das war aber nicht möglich, denn es war seit langem geplant, dass das Bürgerhaus Welkers grundsaniert und umgebaut werden sollte. Tatsächlich stellte sich heraus, dass der Beginn der Arbeiten bereits für März/April 2014 geplant war. Und so wurde unser Event zur allerletzten Veranstaltung im „alten“ Bürgerhaus, denn schon im April rollten dort die Bagger an. Nach vierzehn Fanclub-Meetings/-Events an diesem Ort war uns schon etwas wehmütig zumute, weil damit eine Ära zu Ende gehen würde. Das neue Bürgerhaus sollte deutlich größer, moderner und schöner werden. Aber wir kannten inzwischen jede Ecke und nutzen alles Vorhandene für unsere Zwecke bestmöglich aus. Von der Sektbar, die unser Backstage wurde, bis hin zu einer Bilderleiste (an die der Welkerser Karnevalsverein Bilderrahmen mit den Fotos der Prinzengarden der letzten 20 Jahre aufgehängt hatte), die für unsere eigenen Rahmen mit Postern von Genesis + Co. genutzt wurde, hatten wir unser gesamtes Clubtag-Equipment auf diese Örtlichkeit maßgeschneidert. Aber ein letztes, fünfzehntes Mal konnten wir daraus noch unseren Nutzen ziehen.
Nicht nur für die Liveacts des Events wurde die Zeit bis zum März für ausgiebige Proben und das eventuelle Einstudieren neuer Stücke knapp. Auch uns blieben nur etwas weniger als sechs Monate für alle Vorarbeiten zum Event. Ein Logo/Poster musste erstellt werden, es sollte ein interessantes Programmheft geben und natürlich musste die Ausstellung geplant werden. Und das alles sollte nicht weniger gut aussehen und weniger umfangreich sein als zuvor beim Hackett- oder Lamb-Event.
Viele Vorbereitungen liefen parallel, aber als Erstes stand das Motiv des Event-Posters an. Helmut hatte zuvor schon Collagen von Anthony Phillips-Coverartworks gemacht, die für offizielle Veröffentlichungen (Lyric Book/Living Room Concert und Anthology) verwendet wurden. Und da er großer Fan von Peter Cross und dessen Arbeiten (nicht nur für Anthony) ist, lag es auf der Hand, dass auch das Event-Poster eine ähnliche Collage werden würde. Da das Ganze statt als CD-Cover als farbiges DIN A1-großes Plakat gedruckt werden sollte, mussten die verschiedenen Motive hochauflösend von LP-Hüllen eingescannt und aufbereitet werden. Als Hauptmotiv diente das Cover von The Gese & The Ghost, eingerahmt von Teilen des Covers von Private Parts & Pieces II – Back To The Pavilion. Aber tatsächlich wurden größere oder kleinere Elemente von vielen anderen Phillips-Alben bis 2014 verwendet, sogar (etwas versteckt) solche, die kein Peter Cross-Cover hatten. Markante Elemente stammten dabei von Wise After The Event, Sides und Private Parts & Pieces VIII – New England. Weniger offensichtlich und subtiler andere, wie der Turm von Private Parts & Pieces VI – Ivory Moon, die Wachteln von Private Parts & Pieces V – Twelve oder der Soldat von Private Parts & Pieces I. Helmut versuchte dabei, sich ein wenig der Herangehensweise von Peter Cross zu nähern und bei dieser Collage auch eine gewisse Spitzfindigkeit einzubauen und auf Details zu achten. Später bescheinigte ihm Peter Cross, dass das gut gelungen sei. Als das Poster-Motiv weitgehend fertiggestellt war, fehlte noch eine Art Überschrift mit dem Titel des Events. Helmut fragte daher bei Peter Cross an, ob dieser etwas für das Plakat zeichnen würde – ein Wappen oder ein Band mit „The Anthony Phillips Event“ darauf. Und tatsächlich – dank des guten Verhältnis zwischen den beiden lieferte Peter Cross die gewünschte perfekte Ergänzung des Motivs. Somit war das Poster fertig, konnte für die Promotion auf der Website benutzt werden und in Druck gehen.
Das Programmheft zum Event sollte eine kurze Phillips-Biografie und eine übersichtliche Diskografie enthalten – wie wir es auch schon für Steve Hackett bei unserem Event 2009 gemacht hatten. Und so arbeitete Helmut an einem abermals 8seitigen A5-großen Programm in Altarfalz. Die Front zeigte das Event-Motiv, hinten waren der Ablauf und die Credits enthalten und beim ersten Aufklappen erschien die Diskografie mit Coverabbildungen aller Alben und Singles und weiterer Veröffentlichungen in Listenform. Vollständig aufgeklappt wurde die Biografie sichtbar, die Andreas Lauer speziell hierfür schrieb. Wir druckten sie in Deutsch und Englisch ab, da sich auch Besucher aus dem Ausland angekündigt hatten. Zwischen den beiden Texten war eine Bildergalerie mit 26 kleinen Portraits von Anthony, die ihn von seiner Kindheit bis 2014 zeigten. Bilder aus allen Epochen zu bekommen, war gar nicht so einfach. Letztlich half Anthony Helmut mit ein oder zwei Fotos aus. Erst nachdem alle Details des Events final feststanden (genauer Zeitplan, beteiligte Musiker, Crewmitglieder) konnte das Programm Anfang März in Druck gehen und kam noch rechtzeitig aus der Druckerei. Jeder Besucher bekam sein Exemplar gratis beim Einlass.
Apropos Einlass … die Tickets für das Event hatte Helmut ebenfalls mit Motiven von Peter Cross entworfen – mit kleinen Unterschieden zwischen dem ersten und zweiten Eventtag. Kleines Gimmick war dabei das Motiv des Reißverschlusses, der von einer „Fliege“ aufgezogen wird (auf der Rückseite des Wise After The Event-Albums). Dieses hatte Helmut auf den Tickets so zwischen dem Hauptteil und dem Kontrollabriss plaziert und händisch bei jeder einzelnen Eintrittskarte eine Perforation hinzugefügt, dass man quasi bei Einlass die eine Hälfte des Reißverschuss abriss. Jeder Abriss wurde übrigens in eine leere Überraschungsei-Hülle gesteckt, in eine Lostrommel gesteckt und später am Tag wurden die Tombola-Gewinner darüber ausgelost (wie übrigens auch schon bei früheren Events). Ebenfalls beim Einlass bekam jeder Besucher ein bedrucktes Einlassbändchen ums Handgelenk geklebt, dass an den zwei Tagen unterschiedliche Motive mit Anthony Phillips-/Peter Cross-Bezug zeigte.
Ein weiteres Gimmick des Events und Geschenk an die Besucher war ein Button, den wir am Ende jedes Tages verteilten. Und das kam so: Für die Arbeiten am Artwork des Lyric Book hatte Helmut 1995 zusammen mit vielem anderem privatem Material von Anthony auch ein von Peter Cross angefertigtes Unikat eines Buttons leihweise erhalten. Es war ein einfacher gelber Blechdeckel mit einer daran befestigten Sicherheitsnadel und aufgeklebten Original-Gemälde eines pfeiferauchenden Eichhörnchens, den Anthony von Peter anlässlich des Wise After The Event-Abums bekommen hatte. Was lag daher für uns näher, als diese Steilvorlage zu nutzen und den Besuchern eine Replik dieses Buttons nach dem Eventtag zu geben … wo sie dann doch „wise after the event“ sein würden. Wir ließen 250 Stück davon herstellen.
Helmut und Peter waren inzwischen fleißig dabei, alles nur Erdenkliche aus den eigenen Sammlungen der it-Redaktion für eine große Ausstellung rund um Anthony zusammenzustellen. Wichtige Veröffentlichungen, die wir nicht selbst hatten, versuchten wir noch zu beschaffen. Und so wurde es für andere Sammler in diesen Monaten schwer, irgendetwas Rares von Anthony bei eBay zu ersteigern, wenn wir Interesse daran für unsere Ausstellung hatten. Exponate, die speziell für das Event beschafft wurden, waren unter anderem ein großes Promo-Shopdisplay zu Wise After The Event und diverse alternative Pressungen von LPs und CDs. Fast die komplette Wand des Saals gegenüber der Bühne füllten wir mit LP-großen Displays, in die wir die verschiedenen LP-Pressungen jeweils mit Vorder- und Rückseite und deren Inhalt (wegen dem jeweiligen Label darauf) zeigten. Original-Poster sowie Vergrößerungen von einigen schönen Anzeigen zu Phillips-Album-Veröffentlichungen ergänzten die Ausstellung. Wie bei den beiden Events zuvor, hatten wir auch wieder Pressematerial und Artikel aus Zeitschriften und Zeitungen in einem Ordner angelegt, in dem die Besucher zwischen den Programmpunkten blättern konnten. Es sollte die umfassendste Ausstellung über das komplette Werk von Anthony Phillips von seiner Zeit mit Genesis bis 2014 werden … und dem wurden wir zweifelsohne gerecht.
Wir waren angefixt, das Event auch visuell zu einem absoluten Knaller zu machen. Und da waren uns irgendwie die Wände gefüllt mit Postern und Albencovern noch nicht genug. Erst Anfang März kam uns die Idee, dass man auch den Bühnenbereich etwas aufhübschen könnte. Und so machten wir uns schlau, wieviel ein großes Stoffbanner kosten würde, das wir am hinteren Bühnenrand aufhängen könnten. Wir wussten von den Vorjahren, dass es dort in der Decke Haken gab, die wir dafür nutzen konnten. Nachdem geklärt war, dass so etwas zwar nicht billig war aber innerhalb unseres Budgets lag, einigten wir uns auf das gewünschte Format und Helmut stellte aus den Elementen des Event-Posters ein spezielles Motiv für das Banner zusammen. Die Bestellung ging raus und erst gut eine Woche vor dem Event kam das 5 Meter breite und 2,50 Meter hohe Teil als riesige Rolle verpackt bei Helmut an. Um bösen Überraschungen am Aufbautag vorzubeugen, wurde das Banner ausgepackt und in der Wohnung zur Probe aufgehängt … angsichts der unhandlichen Abmessungen und des relativ steifen Dekostoff-Materials kein leichtes Unterfangen. Damit das Banner auf der Bühne keine Falten werfen würde, bastelten wir noch eine Stangen-Konstruktion für oben und unten. Und am Ende hing diese einmalige Deko dann in voller Schönheit als Bühnenhintergrund bei allen Programmpunkten.
Kaum einer unserer Clubtage und Events fand je statt, ohne dass wir uns den Spaß erlaubten, spezielle Pässe für die Crew, Special Guests und andere Bereiche anzufertigen. Als Persiflage auf große Tourneen gab es immer einen Access All Areas-Pass, aber auch zum Beispiel Pässe für VIPs für Live Acts, fürs Catering oder den Sammlermarkt. Und es gab auch eine dazugehörige Passordnung, die wir in der Halle aushängten und darüber informierten, wer mit welchem Pass zu welchen Bereichen zu welchen Zeiten Zugang hatte. Das alles natürlich mit einem Augenzwinkern, denn notwendig wären solche Pässe fast nie gewesen … aber sie waren ein Gimmick und nettes Andenken für alle Beteiligten, zumindest die mit einer besonderen Funktion bei einem Event. Immerhin bekamen bei vielen Clubtreffen auch alle Besucher einen (etwas kleineren) laminierten Eintrittspass zur Erinnerung. Diesmal aber nicht. Dafür gab es Tickets, die Einlassbändchen, den Wise After The Event-Button, jede Menge Livemusik, eine Top-Ausstellung und mit Anthony Phillips ein sehr kommunikatives und zugängliches Genesis-Bandmitglied oben drauf.
Am Morgen des Abbautages fühlte es sich irgendwie merkwürdig an, die ganze schöne Deko wieder abzuhängen, die Ausstellung abzuräumen und das Bürgerhaus wieder in ein biederes Dorfgemeinschaftshaus zurückzuverwandeln. Dass die Räumlichkeiten nie wieder so sein würden, kam noch hinzu. Und so verließen wir das gute alte Bürgerhaus und mussten nicht einmal die Bilder der Prinzengarden wieder an ihren gewohnten Platz hängen, weil ohnehin kurz darauf das ganze Haus leergeräumt und zu einer große Baustelle wurde. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine kurze, sehr intensive Vorbereitungszeit und ein unglaublich gelungenes Event.
Ach ja, und wir haben vermutlich noch irgendwo kleine Restbestände des Posters, des Programms und des Buttons von diesem Event. Gegen eine kleine Spende für den Club und Portokostenerstattung würden wir uns schweren Herzens von einigem davon trennen.
Autor: Helmut Janisch (2025)
Fotos: Helmut Janisch, Anneke Brüning