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Andrew Roachford – The Beautiful Moment – Rezension
Andrew Roachford ist nicht nur mit den Mechanics, sondern auch solo recht umtriebig. 2013 erschien erneut ein Soloalbum von ihm, das wir uns genauer angehört haben.
Es war sicher eine von Mike Rutherfords besseren Ideen, Andrew Roachford für seine Wiederbelebung von Mike + The Mechanics zu gewinnen. Roachford verfügt nicht nur über großartiges Entertainment-Potenzial auf der Bühne, er hat vor allem eine grandiose Stimme. Roachfords Karriere war vor seinem Engagement bei den Mechanics etwas ins Stocken geraten. Seine jüngeren Alben, zum Beispiel Word Of Mouth, hatten nicht mehr den kommerziellen Erfolg wie frühere Werke – vor allem aber fehlte es ihnen an großen oder zumindest guten Ideen, mit denen er breite Hörerschichten erreichen könnte.
Doch bereits auf The Road hatte Andrew Roachford sein Songwriter-Fähigkeiten wieder unter Beweis gestellt. Try To Save Me etwa besticht durch eine flüssige Songstruktur, I Don’t Do Love hat eine dieser grandiosen Roachford-Melodien, die vielleicht auch nur mit seiner Stimme möglich sind und mit Walking On Water war er auch an einem etwas komplexeren Song beteiligt.
Doch Roachford hatte bereits ein Mini-Soloalbum in Arbeit. Mit Where I Stand kam er gewissermaßen wieder zurück ins Licht, insbesondere die Single Wishing You Knew ließ aufhorchen. Wenig später folgte im gleichen Jahr (2011) ein neues Soloalbum namens Addictive, das einen gelösten, frischen Roachford präsentierte. Und Roachford nutzte die Mechanics-Pause für etliche Solo-Shows, darunter auch viele in Deutschland.
Den Elan nahm Andrew Roachford mit und spielte im Laufe des Jahres sein nun vorliegendes Album The Beautiful Moment ein. Natürlich steht auch dieses Album unter der Betrachtung einer gewissen Mechanics-Brille, aber das bringt es nun mal mit sich, wenn man auf einer Genesis-Website rezensiert.
Die Songs seines neuen Albums stammen alle aus der Feder von Roachford und seinem Bruder Stephen Roachford. Ausnahmen sind All Roads Lead Back und Ebony, die Roachford zusammen mit Helena C Carter schrieb, was – so Roachford – ein völlig neues Element seiner Musik hinzufügt.
Der Opener ist ein typischer Roachford Song – Real Again gibt ein wenig die Richtung des Albums vor – zurückhaltend, aber doch offensiv gesungen, etwas melancholisch, aber immer wieder ausbrechend. Mit Something Beautiful betritt Roachford leicht neues Terrain. Streicher runden einen schönen Song ab, der auch die Basis für einen Mechanics-Songs hätte sein können. Overcome sucht lange den entscheidenden Hook, der Song bleibt eher unspektakulär, aber fügt sich prima in die Stimmung des Gesamt-Albums ein. Erst zum Ende hin beginnt das Stück wirklich interessant zu werden. Viele der Stücke ähneln sich, was die Instrumentierung und das Gesamtgefüge angehen, dazu kann man auch Love Wins zählen.
Because You könnte vielen gefallen, denen songs im Stile von Elton John & co ebenfalls gefallen. Kern des Songs ist ein eher gesprochener, eindringlicher Gesang und ein Klavierrahmen. Während der erste Strophe wird der Song absolut minimalistisch vorgetragen, erst später fügen sich akustische Gitarren, Percussion, Bass und Schlagzeug ein. Und der Song endet so, wie er angefangen hat. Minimalistisch.
Without You hat etwas lautere Momente, in den Strophen kommt aber eine „geslidete“ Gitarre zum Einsatz, die Roachford auf dem Album mal mehr, mal weniger dominant einsetzt. Wouldn’t Change A Thing kommt dagegen dem Begriff des „Up Tempo Songs“ auf dem Album wohl am nächsten. Ebony beginnt etwas anders als die anderen Songs – mit einer Gitarre. Der Song wurde zusammen mit Helena C Carter geschrieben, sie singt auf diesem Song aber nicht. Ebony endet etwas unglücklich mit einem merkwürdigen Fade-Out.
Plattengeknister prägen Slow Water, das nach Roachfords eigener Aussage auch „alt“ klingen sollte. Bei seiner klaren Stimme ist das etwas schwierig. Schließlich entwickelt sich das Stück zu einem zackig-rhythmischen Gute-Laune-Song. All Roads Lead Back hat wieder ein gewisses Mechanics-Flair. Insgesamt bleibt der Song aber zu sehr in Deckung und klingt vermutlich auch einfach zu sehr nach vielen anderen Songs des Albums.
Mit As She Walks schließt Roachford sein Album dagegen gekonnt ab – hervorstechend ist ein Mal mehr sein Gesang, der hier auch nochmal viel deutlicher die Führung übernimmt als auf den allermeisten anderen Songs des Albums.
Das Album ist relativ einheitlich produziert mit sehr natürlichen Sounds, viele akustische Gitarrenelemente, Percusssion und die bereits erwähne Slide-artige Gitarre. Interessant ist der Einsatz von Violinen und Cello, auf die Roachford hier und da zurückgreift. Die Songs sind vom Gefühl her zu einheitlich produziert, um große Abwechslung zu versprühen, nichtsdestotrotz kann man das Album gut hören und es gibt keinen einzigen schlechten Song auf dem Album. Produziert wurde das Album von Tom E Morrison und The Beautiful Moment klingt deutlich weniger technisch als sein Vorgänger Addictive. Es ist ein luftiges und zuweilen atmosphärisches Werk. Die ein oder andere knallige Up-Tempo-Nummer fehlt vielleicht. Aber es ist ein Spontanwerk. Nicht immer nachdenklich und nicht immer melancholisch, aber immer natürlich. Ein schöner Moment im Leben eines Teilzeit-Mechanikers.
Autor: Christian Gerhardts